2010/12/20

Zeitenwende

In Teilen Europas werden zur Zeit Gesetze verschärft, die im Wesentlichen darauf hinauslaufen, den Tatbestand dessen, was man üblicherweise als Volksverhetzung bezeichnet, zu erweitern. Für kritische Geister mag dies Anlass zur Sorge sein, denn letztlich bedeutet die Änderung der Gesetzeslage eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Und in der Tat fasst man sich an den Kopf, wenn man sieht, was einen jetzt zum Kriminellen stempeln kann. Für jemanden, der in dem Geist aufgewachsen ist, dass es selbstverständlich sein sollte, eine eigene Meinung zu haben und diese auch ungehindert zu äußern; für jemanden, der es als das Salz der Demokratie erachtet, Kritik zu üben an Ideologien und Ideen, kann das nur ein Schlag ins Gesicht sein. Und was für einer! Es kommt einer Knebelung alles dessen gleich, was uns (bislang) von Diktaturen unterschied.

Trotzdem sollten wir uns hüten, ein vorschnelles Urteil zu fällen. Denn bestimmt wurden die neuen Bestimmungen nur mit den besten Absichten eingeführt:  um das Zusammenleben unterschiedlicher Gruppen harmonischer, also konfliktfreier zu gestalten. Nun ja, man wird sehen, wie gut das funktioniert. Gut gemeint ist bekanntlich immer noch das Gegenteil von gut.

Was aber, wenn die neuen Gesetze zu einer Schieflage führen, also jenen nützen, die ohnehin schon gegen die bestehenden Freiheiten sind und sie dann weidlich gegen jene einsetzen, denen diese Freiheiten am Herzen liegen? Pech gehabt!, kann man da nur sagen. Denn wer von den schlauen Volksvertretern hätte das auch ahnen können?

Was also tun, wenn man mit dieser Art der Bevormundung nicht einverstanden ist? Entweder man wählt sich neue Volksvertreter, die das Gesetzeswerk wieder in Richtung mehr Freiheit (also auch Gedanken- und Meinungsfreiheit) verändern. Dieses Vorhaben scheint aber auf absehbare Zeit aussichtslos.

So bleibt nur noch die zweite Alternative: das Gesetz anwenden! Und zwar so oft und ausgiebig wie möglich! Wenn das Gesetz jede Kleinigkeit abdecken will, dann sollte man ihm auch jede Kleinigkeit zu fressen geben. Die Rechtsanwälte wird´s freuen. Und es wäre doch jammerschade, wenn sich nur die Rechtsanwälte der einen Seite über die neue Gesetzeslage freuen würden. Schon aus Paritätsgründen ist zu wünschen, dass auch die andere Seite, also jene, der offensichtlich der Mund verboten werden soll, ausgiebig von ihr Gebrauch macht. Irgend etwas lässt sich bekanntlich immer finden!

Irgendwie erinnert einen das an eine Episode aus Asterix, wo der kleine Gallier die römische Bürokratie elegant ad absurdum führt. Und genau darum geht es: Man sollte dieses neue Gesetz ad absurdum führen!
Lasst die Gerichte arbeiten, bis sie sich um nichts anderes mehr kümmern können!

Es ist meine tiefste Überzeugung, dass es gegen Unsinn nur ein Mittel gibt: Man muss den Unsinn so weit treiben, bis er an sich selbst zugrunde geht. Noch nie war die Gelegenheit so günstig!

2010/12/16

Schweden als Vorbild für andere Länder

"Even (Osama) bin Laden said in early 2003, 2004, that if every country was like Sweden, there would be no terrorism," Ranstorp said.


So muss es wohl sein! Auf ins Volksheim! Gefunden auf CNN

2010/12/14

Zitat der Woche

Er war bestimmt überzeugt davon, dass er kurz nach dem Knall eine größere Anzahl Jungfrauen besteigen würde. 

Der schwedische Künstler Lars Vilks auf seinem Blog über den Selbstmordattentäter von Stockholm. Vilks war nach Aussagen des Fanatikers einer der "Gründe" für seine spektakuläre Tat.

Mythen II

Wahrheiten können sehr langweilig sein - insbesondere dann, wenn sie kunstvoll gestaltete Mythen zum Einstürzen bringen. Auf SpiegelOnline wird unter dem Titel Versunken und erlogen all den Fantasiegeschichten rund um das geheimnisumwitterte Bermuda-Dreieck ein würdiges Begräbnis bereitet.

Mein persönlicher Zugang zur Bermuda-Dreiecksgeschiche begann in den 1970er Jahren, kurz nachdem Charles Berlitz´ Bestseller erschienen war. Natürlich habe ich das Buch auch gelesen. Für einen Halbwüchsigen ist das eine spannende Lektüre und, wer weiß, vielleicht steckt ja wirklich was dahinter..... Doch auch wenn Berlitzens Beschreibungen von Fantasie überquollen, eine überzeugende Erklärung für das Unerklärliche konnte er nicht bieten.

Und noch etwas war erstaunlich: Alle diese merkwürdigen Phänomene lagen in der Vergangenheit. Wenn es nun wirklich einen Schuss Wahrheit im Bermuda-Dreieck-Mythos gab, dann sollte man derartige Ereignise auch in der Gegenwart und Zukunft erwarten können. Ich habe in den letzten 35 Jahren die Nachrichten aus aller Welt mit einiger Aufmerksamkeit verfolgt. Und niemals habe ich gehört, dass im Bermuda-Dreieck oder sonstwo ein Flugzeug, Schiff oder Ähnliches spurlos verschwunden sei.

Es lässt sich also empirisch gesehen keine Besonderheit in dieser Weltgegend feststellen. Abgesehen davon, dass sich die angeblich unerklärlichen Phänomene recht plausibel mit konventionellen Methoden erklären lassen, findet sich auch in der jüngsten Vergangenheit keinerlei Anhaltspunkt für irgendwelche geheimnisvollen Vorgänge. Es ist also höchste Zeit, sich von diesem Mythos zu verabschieden.

Mythen

Wenn jemand etwas Ungewöhnliches tut, ist man immer leichtfertig mit der Begründung zur Hand: Er tickt eben nicht ganz richtig. Damit hat man eine einfache Erklärung, die einem weitere Nachforschungen, Begründungen, Argumente erspart. So gesehen bleibt man immer an der Oberfläche eines Phänomens hängen, das in Wahrheit tiefer liegende Ursachen haben kann.

Und tatsächlich. Wer sprengt sich schon freiwillig in die Luft? Das kann doch nur ein Irrer sein. Einer, der eben von der Norm abweicht und eben deshalb abnormal ist. Im Fall des jüngsten Selbstmordattentats in Schweden lieferten unter anderem muslimische Vertreter diese Art von Erklärung, die dann auch zum Teil von den Medien aufgenommen wurde. Ein Imam äußerte ausdrücklich den Verdacht, dass der Attentäter ein mentales Problem gehabt habe. Und das, noch bevor irgend etwas über die Identität des Selbstmordbombers bekannt war. Damit ist der Islam offensichtlich aus dem Schneider.

Wie sich allerdings inzwischen zeigte, ist die Sache nicht so einfach. Die Radikalisierung des jungen Mannes lässt sich sonnenklar nachvollziehen. Man weiß auch sehr genau Bescheid über seine Lebensumstände, die - man höre und staune - auf eine fast perfekte Integration in die schwedische Gesellschaft schließen lassen. Es wäre nicht der erste derartige Fall, dass ein junger Muslim, der vollkommen integriert scheint, plötzlich eine 180-Grad-Wendung vollzieht. Es ist an der Zeit, sich von dem Mythos zu verabschieden, es sei nur die mangelnde Integration schuld daran, dass Muslime eine Anfälligkeit für den radiaklen Islam zeigen.

Im übrigen deutet nichts darauf hin, dass der junge Mann in psychiatrischer oder psychologischer Behandlung gewesen sei. Jeder Hinweis auf ein etwaiges mentales Problem ist somit völlig aus der Luft gegriffen. Stattdessen ist es nunmehr offensichtlich, dass er unter den Einfluss radikaler Muslime geriet. Die Aussage des bereits erwähnten Imams, wonach der Attentäter den Islam für seine Zwecke in Geiselhaft genommen habe, verkehrt sich vor diesem Hintergrund in ihr glattes Gegenteil. Es sieht vielmehr so aus, als wäre der lebenslustige, freundliche Junge von nebenan unter dem Einfluss des Islams geradezu umgepolt worden. Damit wäre ein weiterer Mythos ad Absurdum geführt.

Mythen sind nichts anderes als mehr oder weniger schöne oder plausible Geschichten, die uns allerdings dann, wenn wir nach der Wahrheit suchen, die Sicht versprerren. Es ist dringend geboten, uns von jenen allzu simplen und schlichtweg falschen Mythen zu verabschieden, die uns bei der Auseinandersetzung mit einem Phänomen im Wege stehe, das im Begriff ist, unsere demokratische Ordnung zu erschüttern.

2010/12/09

Lichter aus

Wenn in einer Fabrik die Lichter ausgehen, bedeutet das üblicher Weise nichts Gutes. Es ist gleichbedeutend mit dem Verlöschen der Aktivität. Der Rest ist Abstieg, Verfall und Tod.

Das Licht ist ein Zeichen der Hoffnung, des Lebens. Vor wenigen Jahren noch wurden in Deutschland Lichterketten organisiert, um ein klares Signal gegen den Rassismus (vornehmlich von Skinheads und braunen Irrläufern) zu setzen.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Und wenn heute ein neuer, anderer Rassismus sein hässliches Haupt erhebt, dann sind die Antirassisten von damals plötzlich schmähstad, wie man in Österreich zu sagen pflegt.

Dabei sind die Auswirkungen dieses neuen Rassismus um nichts weniger abstoßend, ja in mancher Hinsicht sogar noch weitaus umfassender. Wenn in Holland, einem Land, das über Jahrzehnte eine Speerspitze des Liberalismus und der Toleranz (vor allem gegenüber Menschen aus anderen Kulturkreisen) war, Juden nicht mehr ihres Lebens sicher sein können, dann sollte das zu denken geben. Wenn gleichzeitig von namhafter politischer Seite den Juden die Ausreise in ein sicheres Drittland empfohlen wird, ohne dass dies einen Aufschrei quer durch das Land, ja durch Europa, nach sich zöge, dann fühlt man sich in eine Zeit zurück versetzt, die man nur aus Geschichtsbüchern zu kennen meinte.

Man gebe sich keiner Illusion hin. Diese Entwicklung ist nicht auf die Niederlande beschränkt. Auch Deutschland und mancher andere europäische Staat sind nicht mehr weit von solchen Verhältnissen entfernt.
Doch Lichterketten sucht man hier und heute vergebens. Es ist, als würde man sich kampflos in sein Schicksal ergeben und dem neuen Rassismus das Feld überlassen. So gehen also die Lichter aus, überall.

Zitat der Woche

Eine Politik, die nicht in der Lage ist, die Krankenkassenbeiträge zu stabilisieren, gibt vor, die Welttemperatur um zwei Grad regulieren zu können. 
Dirk Maxeiner im Deutschlandradio. Besser kann man die Anmaßung der gegenwärtigen Politik nicht auf den Punkt bringen. Und man könnte noch hinzufügen: Eine Wissenschaft, die nicht in der Lage ist, ein System mit, sagen wir, 10 Teilchen exakt zu beschreiben, gibt vor, das Weltklima genau vorhersagen zu können.

2010/12/06

Klimasünder

Laut SpiegelOnline "sündigen" die Klimasünder "immer schlimmer". Damit ist in seltener Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, worum es bei der Klimadebatte in erster Linie geht: um pseudoreligiöse Befindlichkeiten.
Und natürlich lassen sich die Übeltäter in eine Rangfolge ihres sündhaften Verhaltens auflisten. Es braucht nur einen Capo, der diese Liste ständig aktualisiert. Diese Rolle spielt Germanwatch, an deren Klimaschutzindex die schwarzen Seelen der Schäfchen gemessen werden.

Eigentlich wäre das Ganze nicht einmal eine Randnotiz wert. Aber diese Leute haben einen gewaltigen Einfluss auf die veröffentlichte Meinung. Und das sollte man nicht unterschätzen. Ziel ist es, bestimmte Länder unter Druck zu setzen, damit diese ihr "klimaschädliches" Verhalten aufgeben. In letzter Konsequenz dient das Ganze natürlich nur dazu, das Weltklima zu retten. Ein hehres Ziel also.

Wer würde schon widersprechen, wenn es darum geht, die Welt ein Stückchen besser zu machen. Aber hier tut sich bereits eine zentrale logische Problematik auf: Jeder Versuch einer Besserung muss mit einer gründlichen Analyse des Ist-Zustandes und seiner Ursachen beginnen. Doch damit hält man sich im Fall der Klimadebatte gar nicht erst auf. Man zäumt das Pferd von hinten auf und widmet sich stattdessen ausführlich den potentiellen Folgen einer ebenso potentiellen Klimaerwärmung. Wenn man sich nur lange genug mit diesen Potentialitäten beschäftigt, dann wird der erste, grundlegendere Teil der Argumentationskette völlig nebensächlich.

Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum die Ursachenanalyse so dürftig ausfällt. Sie ist nämlich deutlich schwieriger und aufwendiger als das Herumgeeiere um irgendwelche Eventualitäten in 100 Jahren, die - wenn überhaupt - nur die wenigsten der heute Lebenden jemals erfahren werden. Wurden jemals vor einem breiteren Publikum die Prämissen der Klimamodelle, die angewandten Rechenverfahren, die zugrunde gelegten Paramter (wie Luftfeuchtigkeit, Wolkendecke etc.), die Fehlergrenzen der Modellrechnungen einer eigehenden Prüfung unterzogen? Natürlich nicht. Wer hält sich schon mit solchen Dingen auf! Da ist es schon spannender, von versinkenden Inseln, Schneestürmen im Sommer und künftigen Unwetterschäden zu sprechen.

Irgendwie erinnert mich das alles an eine Begebenheit, die mehr als 20 Jahre zurück liegt. Damals wurde ich von Bekannten an einen Platz im südlichen Burgendland gebracht, an dem es angeblich eine Heiligenerscheinung gegeben hat. Ein Häufchen eifriger Betbrüder und -schwestern hatte sich dort versammelt und beschwor das Nahe Ende der Welt, wenn nicht, ja wenn nicht alle sich sofort zum rechten Glauben bekennen. Es wurden auch konkrete Handlungsanweisungen gegeben, wie man sich z.B. in der Kirche zu verhalten habe. Wenn ich mich recht erinnere, dann stand der Weltuntergang aus damaliger Sicht in etwa 5 Jahren bevor. Nun, als heute Lebende wissen wir, dass es dazu offenbar nicht kam. Aus der Sicht der Betgemeinde stellt sich die Sache allerdings so dar: sie haben durch ihr eifriges Beten die Welt vor dem Untergang bewahrt. Seien wir ihnen also dankbar! Ansonsten säßen wir heute nicht hier und könnten von den damaligen Ereignissen berichten.

Zugegeben, die nimmermüden Klimaschützer sind nicht so dumm, den D-Day auf ein Datum zu legen, das leicht zu erreichen ist und damit den ultimativen Test ihres heutigen Geredes erlauben würde. Sie sind smart genug, den Horizont so weit hinaus zu verlegen, dass unserer Generation eine Verifikation oder Falsifikation praktisch unmöglich gemacht wird. Auch wenn das Ganze wissenschaftlich kaschiert wird, eine solide wissenschaftliche Theorie liegt diesem Brimborium nicht zugrunde. Insofern handelt es sich in erster Linie um eine Glaubensfrage.

2010/12/02

Zitat der Woche

Ich bin in der Tat für eine komplette Trennung von Politik und Wissenschaft.
...sprach der klimapolitische Berater der deutschen Bundesregierung, Hans Joachim Schellnhuber. Wahrscheinlich hat er sich ja selbst noch nicht entschieden, wohin sein Wirken letztlich tendiert: zur Politik oder zur Wissenschaft.

Mehr dazu hier.

Alltag in Malmö

In meinem letzten Posting ging es unter anderem um Malmö. Hier folgt nun ein kurzer Ausschnitt aus einem Artikel im Sydsvenskan, der sich mit der Situation der Juden in der südschwedischen Stadt befasst:

Es ist ein normaler Arbeitstag für Shneur Kesselman. Er soll ein im Sterben liegendes Mitglied seiner jüdischen Gemeinde im Hospiz beim Folketspark besuchen. Auf seinem Weg kommt er an der Johanneskirche vorbei.
Bei der Kirche sitzen drei Jugendliche. Als der Rabbi an ihnen vorbei geht, hört er einen Ruf:
„Es lebe Palästina!“
Shneur Kesselman erstarrt – meinend das Schlagwort gelte ihm – aber setzt seine Promenade fort.
Als er ein paar Meter weiter ist, ergreifen die Jungs erneut das Wort:
„Verdammter Jude!“
Jetzt vergrößert der Rabbi seine Schrittlänge. Er läuft beinahe, als einer der Jungs die Rethorik noch weiter steigert:
„Support Hitler!“
Das Herz pocht, als Shneur Kesselman die Södra Förstadsgatan passiert. Ein schneller Blick zurück. Nein, sie scheinen ihm nicht zu folgen. Er setzt seinen Weg zum Hospiz fort.
An der Södra Skolgatan verringert ein schwarzer BMW sein Tempo. Der Puls des Rabbiners steigt erneut, als er merkt, wie der Fahrer und die Passagiere ihn betrachten.
Einer von ihnen öffnet das Seitenfenster und schreit:
„Fucking JUDE!“ 

Da sind sie also wieder: Jene ominösen Jugendlichen, von denen man einfach nicht weiß, woher sie kommen. Aber immerhin können wir beruhigt sein. Wären es "Rechte" gewesen, dann hätte das mit Sicherheit die AFA (Antifaschistische Aktion) und die politische Klasse auf den Plan gerufen. Lichterketten, Sondersitzungen und sonstiges Brimborium inklusive. Aber so zählen Ereignisse wie dieses inzwischen zum Alltag in Malmö.

2010/11/30

Moralisten am Werk

Zu den Großtaten der Altachtundsechziger gehört zweifellos die Politisierung des Privaten. Mit anderen Worten: Selbst das, was man üblicher Weise der Privatsphäre zurechnet, bekommt eine politische Dimension und kann im Zweifelsfalle genutzt werden, um jemand öffentlich in Misskredit zu bringen.

Dem Ganzen haftet der Geruch des Totalitären an. Auch Diktaturen schnüffeln mit Vorliebe im Privatleben ihrer vermeintlichen oder tatsächlichen Feinde herum, um irgend etwas "Handfestes" zu ergattern. Auch wenn dabei am Ende nichts unbedingt Sensationelles herauskommt, irgend ein pikantes Detail lässt sich immer aufspüren. Bei jemand, dessen Familie aus Deutschland (oder Österreich) kommt, hat man immerhin gute Chancen, die eine oder andere Verbindung zum NS-Regime "aufzudecken". So gibt es dieser Tage wieder sensationell Neues über die schwedische Königin Silvia und ihren Nazi-Vater zu berichten.

Da berichtet die SZ mit dem unvermeidlichen Unterton der Empörung, dass Silvias Vater, Walther Sommerlath, der seit 20 Jahren tot ist, "eben doch ein Nationalsozialist" war. Doch damit nicht genug. Er war überdies direkt in die Arisierung eines vormals jüdischen Betriebes involviert. Mit anderen Worten: Er hat einen persönlichen Vorteil aus der Tatsache gezogen, dass das Eigentum von Juden, die ihre deutsche Heimat verließen, von Staats wegen konfisziert und an arische Nachfolger übergeben wurde. Und noch immer nicht genug: Die Fabrik des Vaters produzierte nicht nur zivile Güter, was bisher jedes Kleinkind in Schweden und darüber hinaus wusste, sondern auch - man höre und staune - "Teile für Panzer und Luftabwehrkanonen". Zwar wird nirgends gesagt, um welche Teile es sich im Einzelnen gehandelt hat (vielleicht waren es ja bloß Dichtungsringe oder ähnliches), aber allein die Tatsache, dass irgend jemand in Deutschland während der NS-Zeit Teile für solches Teufelszeug gefertigt hat, lässt unser moralisches Empfinden aufwallen.

Und noch ein weiteres pikantes Detail wird uns nachgeliefert: Offenbar hat Sommerlath in früheren Jahren eiskalt gelogen, wenn er auf seine NS-Vergangenheit angesprochen wurde. Er sei niemals Mitglied der NSDAP gewesen, soll er gesagt haben. Doch jetzt wissen wir es besser: Er war dabei! Eine glatte Lüge!

Und was tut die Königin angesichts des heraufziehenden Schlamassels? Sie bemüht sich nach Kräften, den schwelenden Gerüchten neue Nahrung zu geben, indem sie in absolut stümperhafter Weise reagiert. Was Medienpolitik betrifft, könnte sie eine ganze Menge von anderen schwedischen Politikern lernen, etwa von Malmös sozialistischem Bürgermeister Ilmar Reepalu, dessen erklärtermaßen antiisraelische Politik unmittelbare Folgen für die jüdischen Bewohner der südschwedischen Stadt zeitigt. Sie packen langsam aber sicher ihre Koffer, weil sie es satt haben, einem anschwellenden muslimischen Antisemitismus ausgesetzt zu sein. Obwohl die Juden Malmös weder durch Gewaltexzesse noch durch ausufernde Kriminalitätsraten von sich reden machen, sondern nahezu ausschließlich Opfer antisemitischer Übergriffe sind, werden sie von Reepalu nicht in Schutz genommen. Stattdessen sympathisiert er offen mit seinen muslimischen Anhängern und macht die Juden selbst für ihr Schicksal verantwortlich: Schließlich hätten sie sich nicht ausdrücklich genug von der Politik Israels distanziert.

Das nennt man Chuzpe und bedarf tatsächlich keines weiteren Kommentars. Und was eigentlich zu einem politischen Erdbeben und möglicherweise sogar zum Rücktritt des Bürgermeisters führen müsste, wird von den selben Medien, die wieder einmal mit Verve im längst vergangenen Antisemitismus herum wühlen, mit feinem Schweigen übergangen. Auch das ist eine Art von Moral.

2010/11/29

Mehr Schein als Sein

Es ist immer amüsant, Menschen zu sehen, die sich selbst viel zu wichtig nehmen. Julian Assange ist einer von ihnen.

Grundsätzlich ist nichts dagegen zu sagen, wenn sich Aufklärer für mehr Wahrhaftigkeit, Transparenz und Ehrlichkeit einsetzen. Allerdings sollte die Partie dann fair ablaufen. Wenn ein derartiges Unternehmen jedoch eine ausgeprägte Schlagseite besitzt, dann haftet dem Ganzen ein mehr als schaler Beigeschmack an.

Die bisher von wikileaks unter großem Medienrummel veröffentlichten Dokumente belasten ausnahmslos direkt oder indirekt jene Staaten, die dem westlichen Modell der liberal-aufgeklärten Demokratie verbunden sind. Und es besteht wirklich Veranlassung zu fragen, warum andere Staaten wie etwa Russland, China, der Iran etc. praktisch ungeschoren davon kommen. Wahrscheinlich würden die Verantwortlichen von wikileaks sagen, es sei eben deutlich schwieriger und gefährlicher, von dort jene Dokumente zu ergattern, die ihnen von westlicher Seite geradezu frei Haus zuflattern. Zumindest scheint letzteres so. Und in der Tat mögen die wikileaks-Leute mit ihrer Antwort recht haben, denn - um nur ein Beispiel zu nennen - sich mit den iranischen Mullahs anzulegen, kann fatale Konsequenzen haben.

Aber gerade angesichts dieser asymmetrischen Informationslage wäre es wichtig darauf hinzuweisen, wo die eigenen Grenzen liegen, mit anderen Worten: wen man als legitimes Ziel betrachtet und wen nicht. Und genau das tut wikileaks eben nicht. Stattdessen wird unter dem Anschein der Objektivität eine dezidiert antiwestliche Stimmung geschürt, die wohl so manchen ausgedienten Propagandaexperten der ehemaligen Sowjetunion vor Neid erblassen lassen würde.

Der Verdacht einer gezielten Agitation gegen alles, was im Westen verwurzelt ist, wird noch dadurch erhärtet, dass die von wikileaks transportierten Fakten alles andere als überraschend sind. Da wird einmal das Kriegsgeschehen im Irak thematisiert, natürlich nicht ohne gewisse Greuel (von welcher Seite wohl?) groß herauszustreichen. So what? Krieg ist Krieg, könnte man sagen, und der ist nun mal kein Wunschkonzert. Denn wenn wir auf dem Boden der Tatsachen bleiben und das Kriegsgeschehen im Irak mit jenen Ereignissen vergleichen, die sich auf europäischen Boden während des vergangenen Jahrhunderts abgespielt haben, dann verlieren die jüngeren Geschehnisse doch deutlich an Schrecken und Unmenschlichkeit. Natürlich ist es nicht hinnehmbar, dass es Übergriffe von Soldaten gegen die Zivilbevölkerung gibt. Aber dafür gibt es auch den Verhaltenskodex der Truppen und eine entsprechende Gerichtsbarkeit, die dafür zu sorgen hat, dass solche Ausreißer im Rahmen von Einzelfällen bleiben. Das ist keine Entschuldigung für grundlose Brutalitäten. Aber es ist eben auch nicht hinnehmbar, dass durch das Herausstreichen einzelner Gewalttaten der Eindruck eines systematischen Vorgehens erzeugt wird. Und es ist wohl unbestreitbar, dass ein beträchtlicher Anteil der im Irak zu Tode Gekommenen auf das Konto religiöser Fanatiker geht, offenbar große Befriedigung darin finden, sich gegenseitig in die Luft zu sprengen.

Nicht viel anders verhält es sich bei der jüngsten Welle von Veröffentlichungen aus dem Hause wikileaks. Da wird mit großem Tamtam aus internen Papieren zitiert, die angeblich zeigen sollen, was die amerikanische Diplomatie wirklich denkt. Nun ja, wer auch nur einigermaßen das Weltgeschehen verfolgt, wird keine weltumstürzenden Erkenntnisse darin finden. Allzu häufig deckt sich das, was da angeblich in geheimen US-Dokumenten steckt, mit dem, was man in den handelsüblichen Medien (Spiegel etc.) schon seit Jahren zu lesen bekommt. Ja, man könnte mit einer gewissen ironischen Berechtigung sogar behaupten, dass die geheimen Diplomatenpapiere über weite Strecken nichts anderes als Kopien der lokalen Meinungsindustrie sind.

Und was ist so schlimm daran, wenn man die deutsche Bundeskanzlerin als Teflon-Merkel bezeichnet? Wenn das die ZEIT macht, dann ist das ok. Aber wehe es steht in einem Dokument des US State Department. Hallelujah!! In diesem Zusammenhang wäre es nun wirklich interessant, schon aus Vergleichsgründen, die entsprechenden Dokumente des iranischen Ausßenministeriums einzusehen. Bestimmt wären da einige spannende Äußerungen über europäische Politiker und Diplomaten zu finden! Aber diese Papiere sind ja - siehe oben - besonders schwer erhältlich! So müssen wir uns, leider, mit den Niederungen der US-Politik zufrieden geben.

Vorläufiges Fazit: wikileaks reitet also auf einer Welle der hochgepuschten Aufmerksamkeit, die aus nicht viel mehr als heißer Luft besteht. Was damit erreicht wird, hat weniger mit Transparenz zu tun, als mit vorsätzlicher Rufschädigung. Und vor allem: mit einem ausgeprägten Egotrip des wikileaks-Gründers. Das sich daraus ein erfolgreiches Geschäftsfeld von weltumspannender Größe machen lässt, muss man neidlos anerkennen.

2010/11/28

Es geht auch ohne Panik...

...und wie, das zeigt der folgende Artikel auf SpiegelOnline. Während die Mehrzahl der anderen Medien die vermeintliche Schocknachricht um das Atommülllager Asse weidlich auszunutzen versuchten, hielt sich der Spiegel (erstaunlicher Weise, möchte man fast sagen) weitgehend mit Panikmache zurück und ließ auch die besonnenen und kritischen Stimmen zu Wort kommen.

Das Muster ist immer dasselbe: Man findet in der Umgebung eines bestimmten Atomkraftwerks oder - in diesem Fall - einer Lagerstätte für radioaktiven Abfall eine signifikante Häufung von bestimmten Erkrankungen (vorzüglich Leukämie) und schließt daraus mit messerscharfer, aber leider falscher Logik, auf die Gesundheitsgefährdung, die von jenen Anlagen ausgeht.

Dabei soll die Häufung entsprechender Krankheitsfälle gar nicht bestritten werden. Die gibt es durchaus, nur eben nicht nur beim Kernkraftwerk A, sondern auch in der Umgebung der Tankstelle X, der Grundschule Y und des linken Jugendtreffs Z. Also müsste man folgerichtig auf die gesundheitsgefährdende Wirkung von Tankstelle, Grundschulen und linken Jugendtreffs hinweisen. Nur leider hört man nie etwas davon. Das liegt wiederum daran, dass diese Örtlichkeiten nicht zu den üblichen Verdächtigen gehören, wenn es um das Thema Gesundheitsgefahren geht. Aber gleichwohl ließe sich eine entsprechende Häufung feststellen, das ist statistisch gesehen ziemlich sicher.

Aber stellen wir uns vor, jemand würde mit der Nachricht konfrontiert, in der Umgebung des linken Jugendtreffs würde eine signifikant höhere Sterblichkeit an, sagen wir, Lungenkrebs festgestellt. Wie würde dieser Jemand wohl reagieren? Wahrscheinlich würde er diese Häufung für rein zufällig halten und unsere These, es gebe einen Zusammenhang zwischen linken Jungendtreffs und dem Auftreten von Lungenkrebs für absurd halten. Und in der Tat müssten wir ihm recht geben, solange wir nicht auch alle anderen einschlägigen Jugendtreffs unter die Lupe genommen haben. Erst wenn wir zweifelsfrei belegen könnten, dass in der Umgebung ALLER linken Jugendtreffs eine signifikante Zunahme der Lungenkrebsfälle zu verzeichnen ist, könnte man von einer bemerkenswerten Korrelation sprechen. Und dann könnte man sich daran machen, die Ursachen hierfür ausfindig zu machen. Aber eben nur in diesem Fall.

Haargenau gleich stellt sich nun die Situation mit dem Atomlager Asse und den erhöhten Krebsraten dar. Hier wird von einem Einzelfall auf die Gesamtheit geschlossen. Das ist eine klassisch induktive Schlussweise, die allerdings höchst problematisch ist. Genau genommen müssten wir auch hier alle Atomlager unter die Lupe nehmen und die Krebshäufigkeiten in deren Umgebung studieren. Erst dann könnte man, wie oben, an die Ursachenforschung gehen. Aber davon sind wir noch weit entfernt.

Und so können die Panikmacher in Ruhe ihre Schlagzeilen zu Tode reiten, und den Medienkonsumenten läuft weiter der Schauer der tödlichen Gefahr über den Rücken.

2010/11/23

Neue Berufe braucht das Land

Da soll noch mal jemand sagen, Migranten würden nichts Wesentliches zum Wirtschaftsleben beitragen. Und ob sie das tun! Sie schaffen sogar neue, in Europa bislang unbekannte Berufe! Ja mehr als das: Sie sorgen auch dafür, dass diejenigen, die diese Berufe einmal ausüben werden, eine solide Ausbildung erhalten, von Kindesbeinen an. Und nicht nur Handwerkliches wird gelernt, sondern auch das zugehörige berufliche Ethos. Es wird also nichts dem Zufall überlassen!

Und was tun wir alten Europäer? Wir warten inzwischen, bis uns die ersten Handabhacker Kostproben ihres ausggefeilten Könnens liefern!

Und wer weiß: Vielleicht stehen diesem neuen Handwerk im Europa der Zukunft ja goldene Zeiten bevor. Auch ein Beitrag zur Senkung der Arbeitlosenzahlen.

2010/11/22

Ein strahlender Vergleich

Übrigens: Kohlekraftwerke emittieren deutlich mehr Radioaktivität als Kernkraftwerke.
Nach der US NRC (Nuclear Regulatory Commission) beträgt die jährliche Strahlendosis im Umkreis von weniger als 80 km

für Kernkraftwerke:  0,0009 mrem (entspricht 0,000009 mSv)

für Kohlekraftwerke: 0,03 mrem (0,0003 mSv)

Die durchschnittliche Strahlendosis, die ein amerikanischer Bürger pro Jahr aufnimmt, liegt bei etwa 620 mrem. Davon stammen etwa die Hälte aus natürlichen und der Rest aus künstlichen Strahlenquellen wie z. B. Röntgenuntersuchungen, Strahlentherapie, Nuklearmedizin etc.

Die Strahlenbelastung aufgrund der kosmischen Strahlung beträgt auf Meereshöhe etwa 26 mrem und steigt mit zunehmender Höhe an. Dies bedeutet, dass die aus den Tiefen des Weltraums kommende Strahlung etwa 1000 mal stärker auf uns einwirkt als die radioaktiven Emissionen eines kohlebefeuerten Kraftwerks. Der entsprechende Vergleichsfaktor für Kernkraftanlagen liegt über 10000.

Warum aber, so fragt sich der Laie, kommt aus einem Kohlekraftwerk mehr Radioaktivität heraus als aus einem Kernreaktor? Die Antwort liegt in der Zusammensetzung der Kohle, in der geringere Konzentrationen von Radon, Uran und Thorium enthalten sind. Bei der Verbrennung werden diese radioaktiven Substanzen frei und können zum Teil über den Rauchfang in die Umwelt gelangen.

2010/11/19

Die ich rief, die Geister....

Ach, da kommt der Meister!
Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister, 
Werd´ ich nun nicht los. 

Führwahr, man könnte Goethes Zauberlehrling (neudeutsch: Zauberazubi; klingt aber leider nicht so gut) beneiden! Denn nachdem er sich selbstverschuldet in ein unkontrollierbares Schlamassel begeben hatte, das ihn zu verschlingen drohte, tauchte zu guter Letzt der wahre Meister auf, der die Dinge wieder ins Lot brachte.

Wahrscheinlich würden sich in unseren Tagen etliche Politiker auch einen derartigen Meister ersehnen, der in höchster Not auftaucht, um dräuendes Ungemach abzuwenden. Die Umweltpolitik, und hier besonders die sogenannte Klimaproblematik, liefert so manch anschauliches Beispiel dafür.

Es ist aber auch wirklich wie verhext. Da wird dem Volk jahrelang mit unverminderter Energie die Sache mit dem CO2 eingehämmert, das bekanntlich das größte Teufelszeug ist, seit die Erde zu rotieren begann, und das nichts weniger als ein ausgemachter Klimakiller (so etliche Schlagzeilen, nicht nur in der Boulevardpresse) ist, und schon beginnt sich eben dieses Volk so zu ängstigen, dass man ihm nicht einmal eine geniale Klimarettungsidee unterjubeln kann, ohne auf geharnischte Proteste zu stoßen, wie SpiegelOnline berichtet.

Was bisher geschah: Nachdem also besagtes Kohlendioxid (CO2 für die weniger bildungsfernen) als die Wurzel allen Klimaübels entlarvt war, machten sich schlaue Leute daran, sich zu überlegen, was man wohl mit dem CO2 machen könnte, das bei der Verstromung von Kohle anfällt. Eine Lösung war schnell gefunden: Man scheidet das entstandene Kohlendioxid ab und verstaut es irgendwo an einem sicheren Ort, am besten unterirdisch. Man könnte das Treibhausgas auch für praktische Zwecke nutzen, etwa zur effizienteren Ausbeutung von versiegenden Ölfeldern. Aber da es in Mitteleuropa, und insbesondere in Deutschland so wenige Ölfelder gibt, müsste man das gewonnene CO2 erst auf eine lange Reise schicken, und das ist kostspielig. Also lieber kraftwerksnah verbuddeln. Die entsprechende Technik ist unter dem Kürzel CCS (carbon capture and storage) bekannt.

Doch bevor man an ein richtiges Endlager denken kann, müssen einige Versuchsanlagen getestet werden. Und bereits hier beginnt der mündige Bürger aufzumucken. Er will es einfach nicht hinnehmen, dass in seiner unmittelbaren Umgebung etwas vergraben werden soll, dass dem Vernehmen nach zum schlimmsten gehört, was unser Planet zu bieten hat (ok, Atommüll ist noch schlimmer). Da hilft es auch nicht, wenn man von höchster Stelle mit dem guten Zweck argumentiert. Schließlich geht es um nichts weniger als die Rettung des Klimas! Ja man fasst es kaum: Da gibt es tatsächlich Mitbürger, die sich der umfassenden Klimarettung widersetzen! Dabei ist das unsere einzige Chance! Ansonsten ist das Klima rettungslos verloren!

Selbst Politiker der zweiten und dritten Kategorie springen mitlterweile auf den noch gar nicht rollenden Protestzug auf und drohen damit, ihr Veto einzulegen, falls in ihrem Hoheitsgebiet Versuche zur CCS stattfinden sollten. Schließlich geht es um Wählerstimmen. Wer hätte auch ahnen können, dass sich die CCS-Geschichte als ein derartiger Rohrkrepierer heraus stellt.

Doch nun zu den Fakten: Umweltschutzverbände, die die aufkeimende Ablehnung selbstredend unterstützen, haben nicht mehr zu bieten als das Schüren von Ängsten. Natürlich lässt sich kein konkretes Gefährdungsszenario untermauern, aber die sogenannten Restrisiken, so vage und winzig sie auch sein mögen, liefern hervorragende Propagandamunition. Und in der Tat: Welcher Amtsträger könnte schon mit absoluter Sicherheit ausschließen, dass das vergrabene CO2 nichts ins Grundwasser gelangt. Mit diesen Ängsten fängt man Menschen.

Dabei bedarf es keiner herbeiphantasierter Gefahrenquellen, um gegen CCS zu sein. Es gibt auch - kaum zu glauben - vernünftige und, wie ich meine, gewichtige Argumente gegen dieses Verfahren. Da sind zum einen die Kosten. Das Abscheiden, Transportieren und Lagern des Kohlendioxids kostet Geld, das über kurz oder lang die Konsumenten bezahlen müssen. Es ist ein zusätzlicher Aufwand, der über die normalen Kosten eines Kraftwerksbetriebes hinaus geht. Und dieser Aufwand wird sich irgendwo in Geldwerten niederschlagen. Höchstwahrscheinlich wird einfach der Preis für die Kilowattstunde entsprechend angehoben.

Das andere Argument gegen das CCS-Verfahren ist folgendes: Seit Jahrzehnten gibt es intensive Bemühungen, den Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken zu erhöhen. Während der durchschnittliche Wirkungsgrad der deutschen Anlagen bei etwa 38% liegt, müssen sich Länder wie China mit etwa 23% begnügen. Mit dem Einsatz moderner Werkstoffe und fortschrittlicher Brennertechnik lässt sich der Wirkungsgrad auf Werte deutlich über 40% steigern. Der Aufwand hierfür ist jedoch enorm. Wenn man nun an ein solches hochgezüchtetes Kraftwerk eine CO2-Abscheidung anschließt, reduziert man zwangsläufig den Wirkungsgrad der gesamten Anlage. Es ist zwar nicht so, dass alle Effizienzsteigerungen der ersten Stufe durch die CCS-Anlage zunichte gemacht werden, aber eine spürbare Senkung des Wirkungsgrades ist in jedem Fall unvermeidbar. Es ist so, als würde man beim Bergsteigen mit jedem Schritt, den man höher kommt, ein kleines Stückchen zurück rutschen. Man kommt zwar voran, aber nur sehr mühsam.

Das sind die Argumente, die man sich durch den Kopf gehen lassen sollte, und nicht, ob vielleicht in 500 Jahren mit minimaler Wahrscheinlichkeit kohlensäurehaltiges Wasser aus der Leitung kommt. Aber es ist nun mal einfacher, sich vor potentiellen Gefahren zu ängstigen als eine nüchterne Abwegung von Sachargumenten durchzuführen.

2010/11/18

Vom Geist der Wissenschaft

Spiegel-Online berichtet von einer pikanten Wissenschaftssatire. Da wurden die Aussagen eines Forschers kurzerhand in entscheidenden Aussagen umformuliert, weil sie diametral zu denen des Institutsleiters standen. Die Folge: eine weichgespülte Neufassung, die auch für den Chef genießbar ist.

Solche Dinge soll es geben in der Wissenschaft: Wer nicht auf der Linie des Vorgesetzten ist, der muss entweder einknicken oder seinen Hut nehmen. Nun Wissenschaftler sind auch nur Menschen, könnte man sagen. Aber in diesem Fall (und leider nicht nur in diesem) kommt noch ein weiteres Element hinzu: Wissenschaftler, die medial quasi omnipräsent sind, wie dies bei Ökonomen, aber auch bei Klimaforschern der Fall ist, sind besonders sensibel, wenn ihre eigene Position in Zweifel gezogen wird. Dies ist verständlich, da ja in diesem Fall das Publikum weit über das Fachkollegium hinausgeht. Man blamiert sich nicht nur hinter verschlossenen Türen, sondern gleichsam vor der breiten Öffentlichkeit, was insbesondere dem mitunter eitlen Wissenschaftlergemüt gar nicht gut tut.

Denn der Forscher hat in den Augen des Volkes, das ja zu einem großen Teil aus sogenannten bildungsfernen Schichten besteht, nur ein wesentliches Kapital: seine Intelligenz. Macht ihm die jemand streitig, und sei es auch nur in einer kleinen, unbedeutenden Frage, dann steht er quasi ohne irgend etwas da. Insofern sind Wissenschaftler nicht zu beneiden. Andere Berufsgruppen haben derartige Probleme nicht. Nehmen wir als Beispiel Millionäre oder noch reichere Menschen. Stellen wir uns vor, jemand machte Donald Trump seine Milliarden streitig, indem er behauptet, er besitze diese gar nicht. Darüber könnte Donald wahrscheinlich nur milde lächeln.

Doch zurück auf die dürren Felder der Wissenschaft. Abgesehen von der beinahe allgegenwärtigen medialen Beobachtung kommt bei den genannten Berufsgruppen noch ein weiterer Faktor ins Spiel: die Politik. Denn sowohl Ökonomen als auch Klimaforscher verfügen über eine gehörige Portion an politischem Einfluss. Und wenn man so im Windschatten der Entscheidungsträger steht, dann ist eine intellektuell saubere Weste natürlich unabdingbar. Welcher Politiker will sich schon von jemandem etwas sagen lassen, der sich von seinem Untergebenen korrigieren lassen muss.

Nun ja, die Wissenschaft ist das Gebiet der ideellen Auseinandersetzung. Und sachlicher und fachlicher Streit sind dort nicht nur erwünscht, sonder sogar lebenswichtig. Wenn die Wissenschaft allerdings zu sehr in das Fahrwasser der Politik gerät, bekommt ihr das gar nicht gut. Zu groß ist das Risiko, dass andere Interessen die wissenschaftlichen Aspekte überlagern. Und diese anderen Interessen können dann ausschlaggebend sein für die Entscheidung einer bestimmten Frage. Zum Schaden für die Wissenschaft.

2010/11/16

Ausbeuter und Sozialisten

Man stelle sich folgende Situation vor. Ein Wissenschaftler arbeitet an einer Universität in einem europäischen Land als associate professor. Die Stelle beinhaltet ausschließlich Forschungsverpflichtungen, die aus Drittmitteln finanziert werden. Eines Tages tritt die Uni-Verwaltung an den Forscher heran und bittet ihn, eine Lehrveranstaltung zu übernehmen, zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben. Ein Angebot, das man schlecht ablehnen kann, schließlich ist die Lehre ein Teil des akademischen Lebens. Außerdem werde die Uni natürlich für diese zusätzliche Leistung bezahlen.

Also könnte man sich über ein (wenn auch kleines) zusätzliches Einkommen freuen. Doch zu früh gefreut. Nachdem das Gesamtgehalt des Personals nicht steigen darf, werden die zusätzlichen Einkünfte aus dem Lehrbetrieb mit einer entsprechenden Verminderung aus dem Drittmitteltopf kompensiert. So ist dafür gesorgt, dass nicht mehr auf dem Konto des Wissenschaftlers landet als zuvor. Andererseits ist natürlich die Arbeitsbelastung merklich gestiegen.

Wer behandelt seine Untergebenen so? Ein blutrünstiger Kapitalist? Ein neoliberaler Großkonzern? Ein hartherziger Ausbeuter? Nein, sondern ein Staat, der immer noch in einem ausgeprägten sozialistischen Denken verhaftet ist. Man darf zwar mehr arbeiten, aber mehr verdienen ist nicht drin. Manchmal sind die Sozialisten schlimmer als die Kapitalisten. Nur manchmal?

2010/11/15

Die Welt ohne uns

Betroffenheitspäpste, die schon lange das Ende der Welt aufgrund von Klimawandel, Überbevölkerung, Naturzerstörung und ähnliches vorhersagen, imaginieren häufig eine Welt ohne uns, in der es angeblich viel harmonischer und friedvoller, mit einem Wort: humaner zugeht als auf unserem dreckigen Planeten.

Schwer zu sagen, ob sie recht haben mit ihrer Vorstellung, denn es ist nun mal nicht so einfach, die gesamte Menschheit von ihrem Gestirn zu vertilgen. Wahrscheinlich würde auch ein heftiger Atomkrieg nicht alle menschlichen Lebewesen zum Verschwinden bringen. Aber immerhin wäre man nach einem solchen Ereignis ein Stückchen näher am Idealzustand einer Welt ohne uns. Vielleicht haben ja auch deswegen viele Anhänger dieser misanthropischen Weltsicht kein Problem mit dem Aufkommen neuer Atommächte à la Iran. Dann ist jedenfalls das Paradies nicht mehr fern.

Aber es gibt noch eine andere Möglichkeit herauszufinden, ob eine menschenreine Welt wirklich besser ist. Astronomen entdecken in rascher Folge neue Planeten, die durchaus Ähnlichkeiten mit unserem Gestirn aufweisen. Ich schlage vor, dass man allen Weltuntergangspropheten die Möglichkeit gibt, eine Reise zu einem dieser neuen Planeten zu machen. Dort können sie es sich dann gemütlich (ohne uns) einrichten. Und wir bleiben von ihren miesepetrigen Ansichten verschont.

2010/11/14

Die nächste Stufe...

...der politischen Verblödung wurde in Deutschland erklommen. Charlotte Roche, selbsternannte Expertin für Atomkraftwerke in Feuchtgebieten, hat also dem deutschen Präsidenten Christian Wulff öffentlich Sex angeboten, wenn er darauf verzichtet, den neuen Atomvertrag mit verlängerten Kraftswerkslaufzeiten zu unterschreiben.

Nun mag man der Frau Roche ja ein gewisses schriftstellerisches Talent nicht absprechen. Ansonsten würden sich ihre Bücher nicht so gut verkaufen. Außerdem hat sie kürzlich während des bürgerkriegsähnlichen Castor-Transports ihre Begabung als öffentlichkeitswirksame Provokateurin unter Beweis gestellt. Aber ob das schon ausreicht, ihr entsprechende herausragende Qualitäten im Bett zu unterstellen, muss der Spekulation überlassen bleiben.

Nun darf man gespannt abwarten, wie Wulff sich entscheidet. Falls Wullf absagt, könnte ja ich einspringen. Aber nur unter einer Bedingung: Dass sie von da an die Öffentlichkeit mit ihren Dünnbrettbohrungen verschont.

2010/11/12

Schüttelfrust

Das Leben ist grausam - auch gegenüber Spitzenpolitikern! Aber was soll´s. Manchmal zwingen einen die Konventionen zu Handlungen, die man - aus religiösen Gründen - besser nicht durchführen sollte. Der Spiegel berichtet, dass der indonesische Informationsminister nur widerwillig seine Hand der Frau des US-Präsidenten reichte. Als streng gläubiger Anhänger des Religion des Friedens ist das Händeschütteln mit einer Frau eine Zumutung für ihn. Und dabei hatte Michelle so ein hübsches Tuch um ihren Kopf gewickelt!

Macht nichts. Die Schmach ist angerichtet, und jetzt fragt man sich, wie der Ärmste damit umgehen soll. Soll der Schadenersatz verlangen, wie jener Migrant in Schweden, der sich weigerte, bei einem Vorstellungsgespräch der Chefin die Hand zu geben? Der Richter gab ihm recht und sprach ihm, da er den Job nicht bekam, 6000 EUR Schadenersatz zu.

Aber diese Nummer ist nur für die kleineren Fische. Welches Gericht sollte denn ein Minister anrufen? Zum Glück gibt es Twitter, und so konnte der Herr Minister einer breiteren Öffentlichkeit gegenüber etwas Dampf ablassen. Fragt sich nur, was er ohne diese westliche Technologie gemacht hätte.

2010/11/11

Wenn Wahrheitsliebe arbeitslos macht

In der Berliner Zeitung wird von einem Sozialarbeiter berichtet, der von seinem Arbeitgeber gefeuert wurde. Der offensichtliche Gund: Er hat Dinge beim Namen genannt, die das sensible Empfinden der politkorrekten Eliten nicht hören wollte. Wenn also einheimische (in diesem Fall deutsche) Schüler von Muhigrus systematisch in Herrenmenschenmanier eingeschüchtert werden, dann hat man gefälligst die Klappe zu halten. Alles andere stört nur die Multikulti-Illusion und ist insofern nicht hilfreich.

2010/11/10

Die Bibel-Kenner vom Spiegel

Ja, so kann´s gehen. Da lässt der Spiegel seit Jahrzehnten keine Gelegenheit verstreichen, der katholischen Kirche eins auszuwischen, und jetzt fangen sie an, aus der Bibel zu zitieren! Es geschehen eben Zeichen und Wunder!

Doch wer jetzt meint, hier seien ein paar entlaufene Schafe in den Schoß der Kirche zurückgekehrt, der wir hier eines Besseren belehrt. Wäre ja auch erstaunlich, wenn sich die Spiegel-Redakteure nunmehr den Takt aus Rom vorgeben ließen.

Stattdessen stellen die Schreiber wieder einmal ihre ganze Chuzpe unter Beweis. Denn das Bibelzitat dient eigentlich nur als Falle, in die der Islamkritiker Geert Wilders tappen sollte. Einfach großartig, welche Register gezogen werden, wenn es darum geht, Europa vor seiner größten Gefahr - der Islamkritik - zu bewahren! Hier sind wahre Menschenfreunde am Werk!

2010/11/09

Verfolgungswahn

Auf derstandard.at lesen wir, dass eine Reihe von Aktivisten Anfang Dezember einen Bankencrash hervorrufen wollen. Funktionieren soll das Ganze mittels einer zahlreichen Webgemeinde. Man darf jedenfalls gespannt sein, welche Resonanz dieser Aufruf erfährt. Viel lustiger als diese Meldung war allerdings ein Posting zu diesem Standard-Beitrag, in dem es heißt:

Plan der Amerikaner um Europas Banken endgültig umzubringen?

Genau so muss es wohl sein! Es ist doch alles eine einzige Weltverschwörung der Amerikaner. Bekanntlich gibt es nichts auf dieser Welt, was nicht von der CIA kontrolliert wird. Darum sei an dieser Stelle dem Poster ausdrücklich für sein geheimes Hintergrundwissen gedankt. Ohne ihn wäre die Welt in der Tat ärmer. 

Nun könnte man das Ganze unter Schrulligkeiten verbuchen, wenn solche kruden Thesen nicht auch in akademischen Kreisen beheimatet wären. Es darf also auch auf höchster Bildungsebene munter an Verschwörungstheorien gesponnen werden. 

2010/11/06

Nochmals Königliches aus Schweden

Wie gut, dass wir Spiegel-Online als moralischen Wegweiser in unserer verkommenen Zeit haben! Ein weiteres Mal geht man dort auf die jüngsten Skandalberichte über das schwedische Königshaus ein. Es wird dabei nichts weniger als das Ende eines royalen Spießertraums verkündet. Ein großes Wort! Was dann folgt, ist ein Meisterstück aus Medienklischees und Halbwissen.

Nicht dass ich irgend welche Sympathien mit Königshäusern hätte. Ob an der Spitze eines Staates ein König, Präsident oder ein anderer Lackaffe sitzt, ist mir in erster Näherung völlig egal. Ebenso ist es mir egal, ob dieser in seiner Jugendzeit oder später irgendwelche Nachtklubs besucht hat. Weniger egal ist mir hingegen, wie das Staatsoberhaupt sein Verhältnis zu anderen Staaten, etwa zu Diktaturen, gestaltet. Andererseits sind die meisten Staatsoberhäupter in unseren Tagen wenig mehr als geschniegelte Repräsentanten der politischen Impotenz. Die Machtfülle in ihren Händen ist in der Regel nicht der Rede wert, wenn man von wenigen Ausnahmen, etwa Frankreich oder die USA absieht.

Doch nun zu den zwei Punkten, die mir in diesem SpOn-Artikel besonders aufgefallen sind. Da ist zum einen die - ja, genau! - Nazi-Nummer, die in keiner, aber auch wirklich keiner Schmutzkübelkampagne fehlen darf. So erfahren wir von unserem fleißigen Schreiber gleichsam en passant, dass die königliche Familie seinerzeit Nazisympathien gehegt haben soll. Aber das ist sozusagen nur ein kleines Sahnehäubchen auf dem Weg zum eigentlichen Skandal, der irgendwo im Rotlichtmilieu angesiedelt ist.

Doch damit ist schon der erste Volltreffer gelandet. Denn wenn man mit Nazisympathien in Verbindung gebracht wird, dann ist man eigentlich schon unten durch. Zwar werden keine Fakten genannt, die diese Behauptung untermauern, aber das braucht es auch gar nicht. Allein der Verdacht genügt.

Nun soll es in den 1930er Jahren etliche Menschen außerhalb Deutschlands gegeben haben, die mit dem Naziregime sympathisiert haben. Und es darf als gewiss gelten, dass auch einige Schweden dabei waren. Nachdem man aber nicht in die Köpfe der Menschen hinein schauen kann, kann man derartige Sympathien eigentlich nur an Worten oder Taten messen. Und wenn wir uns an die Tatsachen halten, fällt auf, dass in Schweden im Jahre 1935 ein Eugenikgesetz in Kraft trat, das sich in der Tat in weiten Teilen an der Ideologie der Nazis orientierte. Behinderte Menschen sollten im Zuge dieses Gesetzes zwangssterilisiert werden, um ihre Fortpflanzung zu verhindern. Eingeführt wurde dieses Gesetz allerdings nicht vom König, sondern von der damals herrschenden sozialdemokratischen Partei. Hier waren also die eigentlichen Brüder im Geiste!

Als nun der Nazispuk nach zwölf (tausendjährigen) Jahren zu Ende ging und sich ganz Europa angewidert von den damit verbundenen Exzessen zeigte, da blieben die schwedischen Eugenikgesetze - weiterhin in Kraft. Und zwar bis 1975. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn eine Partei, die sich in Schweden bei jeder sich bietenden Gelegenheit als Vorkämpferin des Antifaschismus geriert, derartige Leichen im Keller hat. Das ist in der Tat gelebte Doppelmoral. Verglichen damit sind die angeblichen Nazisympathien des Königshauses eigentlich nur noch zum Lachen.

Ein zweiter Punkt fiel mir noch auf. Es dürfte niemanden vom Hocker reißen, wenn man feststellt, dass Politiker des öfteren nicht konkret auf irgendwelche Fragen antworten, sondern nur leeres Geschwätz absondern. Das ist sozusagen Allgemeinwissen und insofern nicht der Rede wert, wird auch von den Medien in den allermeisten Fällen problemlos akzeptiert. Doch plötzlich, wenn es um das königliche Oberhaupt der Schweden geht, soll alles anderes sein. Hier wird daraus der eigentliche Skandal. Zumindest wenn es nach den selbsternannten Hohepriestern der öffentlichen Moral geht. Man glaubt es kaum, ist doch der Monarch den Fragen der Journalisten eine klare Antwort schuldig geblieben. Das ist nun wirklich nicht hilfreich! Wir aber wollen das Ganze von der positiven Seite sehen: Vielleicht werden ja in Zukunft an alle übrigen Politiker dieselben Maßstäbe angelegt, zumindest wenn es um klare Antworten geht.

Wir warten schon gespannt darauf!

Kriegsberichterstatter

...haben einen gefährlichen Job. Ständig kann irgendwo ein Querschläger oder eine (verirrte) Granate einschlagen, mit unabsehbaren Folgen. Und etliche Kriegsreporter kommen nicht mehr in ihre Heimatredaktion zurück.

Aber müssen diese Leute immer ihr Leben aus Spiel setzen? Nein, nämlich immer dann, wenn man über, sagen wir mal: kriegsähnliche Zustände im eigenen Land berichtet. Das beste Beispiel dafür sind die regelmäßig wiederkehrenden Castor-Transporte, die ebenso regelmäßig einen Polizeieinsatz weit über Divisionsstärke nach sich ziehen.

Und die Medien sind mit dabei, natürlich an vorderster Front. So wartet etwa Spiegel-Online sogar mit einem Liveticker auf. Da wird man hochaktuell über laufende Truppenbewegungen (kilometerlange Traktorkolonne rollt zur Großdemo), vereinzelte Scharmützel und Hinterhalte sowie über Geländegewinne und anhaltenden Widerstand der Guten gegen die Bösen informiert. Wie es sich für eine erstklassige Informationpolitik gehört, wird der Wetterbericht gleich mitgeliefert (13:06 Uhr: Im Wendland kommt die Sonne raus). Wenn das nur kein schlechtes Zeichen ist: Es sollen ja schon Schlachten verloren worden sein, nur weil das Wetter nicht mitspielte. Kurioserweise erinnert einen das Ganze an Meldungen à la Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt. Der dahinter stehende Geist ist, so darf vermutet werden, derselbe.

Für Spannung ist jedenfalls gesorgt. Und dank der Medien sind wir immer an vorderster Front dabei. Und dank der Medien entgeht uns auch kein an irgendwelchen Gleisen Angeketteter. Und dank der Medien wissen wir auch immer zeitnah, welche Straßen gerade von Sitzblockaden geräumt werden müssen. Und dank der Medien bekommen wir so viele authentische Zeugen zu hören, die von ihrem heldenhaften Einsatz berichten (hauptsächlich Demonstranten, Polizisten weniger).

Ja so erzeugt jede Zeit ihre Helden! Wir bleiben dran!

Wir dürfen uns davon nicht entfernen....

...meinte Kanzlerin Merkel mit Bezug auf die Lebensrealität vieler Menschen in Bild. So weit ist es also schon, dass die politische Kaste nicht einmal mehr bemerkt, wie weit sie sich schon von jenen entfernt hat, um deren Stimmen (euphemistisch: Vertrauen) sie alle paar Jahre wirbt. Gut, bei Wahlen wird noch gelegentlich der Anschein eines wechselseitigen Einverständnisses aufrecht erhalten. Aber ebenso gut könnten die Wähler auch ihre Vertreter auf dem Mars wählen. Deren Verbindung zu dem, was auf der Erde so abgeht, würde sich in diesem Fall nicht allzu sehr von der irdischen Lebensrealität unterscheiden.

2010/11/05

Von Merkel lernen heißt...

Politiker sind viel beschäftige Menschen. Da kann man schon verstehen, dass sie nicht viel zum Lesen kommen. Auch wenn es um Bücher geht, die einen sogar selbst betreffen. Spiegel-Online berichtet über eine neue, nicht autorisierte, Biographie des schwedischen Königs, in der wohl manch unschöne Dinge zu lesen sind. Von Journalisten darauf angesprochen, meinte er, das Buch noch nicht gelesen zu haben. Bis hierher ist er noch auf Augenhöhe mit Angela Merkel, die bekanntlich auch wenig Zeit zum Lesen hat. Allerdings, und hier ist der Unterschied zur deutschen Kanzlerin, hat er tatsächlich vor, den Inhalt des Werkes zu studieren. Man fragt sich, warum er das Buch nicht kurzerhand als nicht hilfreich klassifiziert hat. Aber auch ein König kann noch lernen.

2010/11/04

Good bye, Messias!

Man fragt sich, was interessanter ist: die teilweise panikartigen Kommentare der europäischen Mainstreammedien im Vorfeld der US mid-term elections (Quintessenz: das Schicksal der Welt steht auf dem Spiel, wenn Obamas Demokraten verlieren) oder die unvermeidbare Nachlese hierzu. Als Beispiel sei ein Kommentar der Presse ausgewählt, der Obama als gefallenen Messias sieht.

Zum Glück ist es noch nicht so lange her, dass die letzen Präsidentschaftswahlen geschlagen wurden. In zwei Jahren vergisst man zwar einiges, aber eben doch nicht alles. Und manche der großmäuligen Versprechen aus dem seinerzeitigen Wahlkampf sind immer noch gut im Gedächtnis gespeichert. Mit nüchternem Blick konnte man damals schon problemlos erahnen, dass nicht alle gelegten Eier aus Gold sein würden.

Doch der Glaube versetzt bekanntlich Berge. So sehr war der Großteil dessen, was sich in Europa für intellektuell hält, von dem unerschütterlichen Glauben getragen, dass der schwarze Mann in weißen Haus das Paradies auf Erden bereiten würde. Nun ja, das Paradies hat bislang immer noch auf sich warten lassen. Und dort, wo man meinte, ihm besonders nahe zu sein, wie etwa in der ehemaligen Sowjetunion und ihren Satelliten, erwies es sich stets als irgend etwas zwischen Hölle und perspektivloser Trostlosigkeit.

Doch so unschuldig, wie der Pressekommentar ihn zeichnet, ist der Präsident nicht. Es ist zwar menschlich verständlich, dass er sich in den Sympathiewerten, die seine Ambitionen begleiten, sonnen möchte. Aber es war auch klar, dass er dieses Spektakel der Emotionen und Illusionen weidlich zu nutzen verstand und ihm vielleicht sogar selbst auf den Leim ging. Denn wie konnte jemand, der noch nichts, aber auch gar nichts für den Weltfrieden getan hat, ruhigen Gewissens den Friedensnobelpreis entgegen nehmen? Man konnte zwar mit Recht das Nobelpreiskommittee für einen Traumtänzerklub halten, aber der US-Präsident spielte in diesem unwürdigen Schauspiel eben auch seinen Part.

Illusionen spielen aber auch im Verhältnis Europas zur Tea Party Bewegung eine zentrale Rolle. Der ungeahnte Aufschwung der (erzkonservativen!, was auch sonst!) Tea Party geht in allererster Linie auf die ideologische Ausrichtung der Obama-Administration zurück. Ohne Obamas ambitionierte Projekte, die dem amerikanischen Selbstverständnis zuwider laufen, hätte diese Bürgerbewegung kaum einen Bruchteil ihrer Schlagkraft entwickelt. Darüber dürfen auch die zahlreichen Beckmessereien der MSM nicht hinweg täuschen.

Und so geschah es, dass die Amerikaner etwas taten, das in etlichen Ländern Europas (Griechenland, Frankreich, Österreich, um nur einige zu nennen) völlig undenkbar wäre. Sie stimmten GEGEN eine verstärkte Bevormundung des Bürgers durch den Staat. Sie stimmten FÜR mehr Eigeninitiative und Selbstverantwortung. Und es ist dieses Signal, das wir nicht übersehen sollten und das den Unterschied zwischen Europa (dem alten Kontinent) und Amerika in grellem Licht erscheinen lässt. Das ist es auch, was uns zu denken geben sollte: Die Zukunft gehört - trotz der gegenteiligen Mehrheitsmeinung - immer noch weitaus mehr den Amerikanern als den Europäern.

2010/10/31

Forscherglauben

Ehrlich gesagt habe ich nie verstanden, was so spannend daran sein soll, ob es da draußen im Universum irgendwo Doppelgänger der irdischen Zweifüßler gibt oder nicht. Solange wir nicht auf die eine oder andere Art mit ihnen in Kontakt getreten sind, ist diese Frage ebenso irrelevant wie die Frage, ob der Papst Engel gesehen hat oder nicht.

Es ist schon irgendwie eigenartig, wenn millionenschwere Raumfahrtprojekte hauptsächlich damit gerechtfertigt werden, dass sie einen Beitrag dazu leisten, irgendwelche "Spuren von Leben" auf anderen Planeten zu finden. Zugegeben, es ist schon spannend, organische Moleküle "da draußen" zu finden, aber als alleiniges Motiv dafür, Steuergelder zu verfüttern, taugt es eher weniger.

Der Wissenschaftler ist nun mal neugierig (und zwar auf alles!), und neue Erkenntnisse über den Aufbau und die Entstehung der Saturnringe sind mindestens ebenso wissenschaftlich relevant wie ein vermutetes Biomolekül irgendwo in einer außerirdischen Eiswüste.

Aber Wissenschaft muss verkauft werden (das beste und gelungenste Beispiel dafür liefern bekanntlich die Klimaforscher). Irgendwie muss man dem steuerzahlenden Lümmel vermitteln, wofür seine hart verdienten und an das Finanzamt abgelieferten Euros verwendet werden (in Fragen der Sozialausgaben ist man da wesentlich zurückhaltender). Und was reißt einen Beitragszahler so richtig vom Hocker? Genau: die Frage, ob es da draußen jemanden gibt, der genau so zur Kasse gebeten wird wie er! Immerhin ist das leichter vermittelbar, als ein neues System gekoppelter Differentialgleichungen, das in der Lage ist die letzten Fragen über die Entstehung des Asteriodengürtels zu beantworten.

Naturgemäß sind wir bei der Frage nach den Außerirdischen auf Spekulationen angewiesen. Wir haben einfach noch keine gesehen, und eine E-mail oder ein sonstiges Lebenszeichen haben wir von denen auch noch nicht gekriegt. Spekulationen sind nur einen Hauchbreit von Glaubensfragen entfernt. Und so sind wir auch nicht wirklich überrascht, wenn wir auf Spiegel-online lesen, dass so manche Forscher an Abermilliarden erdähnlicher Planeten glauben. Jawohl, GLAUBEN!

Also wenn es schon Abermilliarden Kopien unseres Trabanten gibt, dann muss es doch als sehr sicher gelten, dass da auch irgendwo unsere kosmischen Klone herumlaufen!

Wer´s glaubt wird selig! kann man da nur sagen. Wir warten einstweilen, bis wir von denen was hören.

Propheten der Vernunft

In der Presse lesen wir von einer Demo zur Wiederherstellung der Vernunft, die in Washington stattgefunden hat. Nun ist es ja durchaus ein löbliches Unterfangen, der Vernunft (auch der politischen, die hier vor allem gemeint war) zu ihrem Recht zu verhelfen. Also lesen wir interessiert, wer denn hier als Bannerträger der Vernunft in Erscheinung trat. Neben intellektuellen Großmeistern wie Jon Stewart, Ozzy Osborne und anderen war auch Cat Stevens mit von der Partie. Letzterer, unter bürgerlichem Namen als Yusuf Islam bekannt, trat nicht nur als begnadeter Popmusiker hervor, sondern machte auch durch seine Unterstützung des Mordaufrufs gegen den Schriftsteller Salman Rushdie von sich reden. Na dann können wir uns in der Tat beruhigt zurück lehnen, wenn wir die Vernunft in so verdienstvollen Händen wissen.

2010/10/19

Messung im Dreivierteljahr

Walzer tanzt man im Dreivierteltakt. Das ist ein alter Hut und juckt wirklich niemanden. Es muss was Neues her! Wie wär´s mit dem Dreivierteljahr?

Interessante Idee! Warum sollte man auch alle möglichen Dinge immer nur auf volle Jahre, Jahrzehnte oder Jahrhunderte beziehen? Ein Dreivierteljahr tut´s auch. Und wenn sich daraus eine reißerische Story machen lässt, dann ist der Spiegel nicht weit.

Nun, reißerisch ist alles, was nur irgendwie rekordverdächtig ist. Da passt es gut, dass - nach einem jüngsten Spiegel-Bericht - das vergangene Dreivierteljahr das heißeste seit Beginn der Messungen ist. Passend zu diesem erschütterndem Befund sagen Meterologen - in gewohnter Dienstfertigkeit - Wetterkapriolen voraus. Mein Gott, was uns nicht noch alles bevorsteht! Wetterkapriolen!! So was hatten wir in unserem ganzen Leben noch nie! Und jetzt kommen sie! Uns bleibt aber auch nichts erspart!

Da hilft nur eins: Tut Buße und kehrt um, bevor Euch die zornige Natur für Eure Sünden züchtigt! Wir sind eben CO2-Schweine und haben es nicht besser verdient!

Doch bevor wir uns in hilflosem Lamentieren verzehren, wollen wir noch den einen oder anderen Gedanken an die böse Nachricht aus dem Qualitätsmedium verschwenden.

Und dann fragt man sich, warum denn - wahrscheinlich erstmals in der Geschichte der Spiegel-Storys - ein Dreivierteljahr zu so unvermuteten Ehren kommt. Des Rätsels Lösung wird dankenswerter Weise gleich mitgeliefert. Denn während die globale Temperaturkurve neun MOnate hindurch in olympischer Manier neuen Spitzenwerten entgegenstrebte, droht Ungemach die erhoffte Jahresbilanz zu versauen! Die Abkühlung des Pazifiks macht allen Ernstes den Trend kaputt, der zu den lang ersehnten Schreckensnachrichten am Beginn des nächsten Jahres Anlass gegeben hätte. Da muss man sich schon beeilen und rasch die Ernte eines Dreivierteljahres einfahren! Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach, so muss wohl der Autor gedacht haben. Lieber eine Dreiviertelsensationsmeldung jetzt als gar keine Story in drei Monaten!

Es ist wie im Sport: Sagen wir, Hermann Maier liegt bei der vorletzten Zwischenzeit noch um fünf Hundertstel Sekunden in Führung. Dann sollte man doch schon jetzt den Sekt öffnen, denn wer weiß, ob er im Ziel immer noch vorne liegt. Oder denken wir an den Fußball: Eine Viertelstunde vor Schluss führt Österreich gegen wen auch immer mit 1:0. Dann sollte man in der Tat den Fernseher ausschalten und sich den Rest des Spiels nicht von unvorhergesehenen Ereignissen kaputt machen lassen.

Aber: Der Ball ist rund und ein Spiel dauert 90 Minuten, lautet die goldene Regel im Fußball. In der Klimaforschung gilt dies jedoch nicht. Hier heißt es: Wenn Du Grund zu der Annahme hast, dass Deine insgeheim erhofften Rekordtemperaturen am Ende des Jahres nicht zustande kommen, dann passe einfach den Messzeitraum so an, dass eine schlagzeilenträchtige Meldung daraus wird.

Bei soviel Sportgeist warten wir schon gespannt auf die Bilanz am Jahresende. Und auf das nächste Dreivierteljahr.

Frankreich verstehen

Will man den Versuch machen, Frankreich zu verstehen, so findet man sich unversehens in Paradoxien gefangen. Das Land galt, für einige Jahrhunderte, als ein Hort fortschrittlicher Ideen. Die hehren Ziele der französischen Revolution, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, wurden zu Leuchttürmen einer neuen Gesellschaftsordnung und damit Vorbild weit über die Landesgrenzen hinaus.

Die Umwälzung bestehender Verhältnisse bringt allerdings auch das Janusartige des Fortschritts zutage, wofür gerade die Geschichte Frankreichs ein beredetes Beispiel liefert. So war der Weg zur vielbeschwordenen Brüderlichkeit mit abgeschnittenen Köpfen gepflastert. Ja, so ist das in Frankreich: die Gesellschaft, das hießt die Menschen werden besser, aber zuvor dürfen sie nochmals alle Schlechtigkeit herauslassen. Der Süße der gewonnenen Früchte tut das keinen Abbruch. So konnte man über diverse Bestialitäten noch hinweg sehen mit dem Hinweis, dass das alles nur dem Fortschritt diene.

Ähnliches gilt für alle folgenden Aufwallungen der französischen Volksseele bis in unsere jüngste Vergangenheit. Die 68er machten zwar auch eine Menge Radau, allerdings mit dem Ziel, die Gesellschaft umzugestalten und zum Positiven zu verändern. Ob und wie sehr das gelungen ist, soll hier nicht betrachtet werden.

Wenn man also die Geschichte Frankreichs bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts betrachtet, so lässt sich sagen, dass alle Volksaufstände letztlich dem Ziel des Fortschritts dienten. Umgekehrt konnte man trivialerweise feststellen, dass konservative Geister keine Revolutionen anzetteln.

Letztere Erkenntnis wird mit den jüngsten Ereignissen zu Grabe getragen. Inzwischen randaliert das Volk, weil es GEGEN DIE VERÄNDERUNG ist. Das hat eine neue Qualität. Die Leute, die jetzt alles kurz und klein schlagen, wollen paradoxerweise, dass sich NICHTS ändert. Mit anderen Worten: die bewahrenden, erhaltenden, also im Grunde genommen konservativen Elemente proben den Aufstand.

Es geht nicht mehr, wie in früheren Zeiten, darum,. etwas zum Besseren hin zu verändern, sondern einzig und allein darum, einer angestrebten Veränderung Einhalt zu gebieten. Wer es bisher noch nicht glaubte, der kann es hier deutlich sehen: Frankreich ist immer für eine Überraschung gut.

2010/10/18

Karriere trotz Kopftuch

Die Integrationsdebatte geht weiter. Nachdem Sarrazin das schlafende Hornissennest aus seinen MuKu-Träumen geholt hat, ist es jetzt an der Zeit die andere Seite zu Wort kommen zu lassen. Wäre ja noch schöner, wenn man das Wort allein dem Stammtisch und seinem Dunstkreis überließe!
Nachdem also dem ehemaligen Bundesbanker hinsichtlich der statistisch untermauerten Tatsachen kaum beizukommen war, müssen jetzt andere Fakten auf den Tisch. Wäre doch gelacht, wenn die nicht zu finden wären! Wäre doch gelacht, wenn wir unter den Millionen kopftuchtragenden Muslimas nicht eine Handvoll finden könnten, die ohne Zwangsheirat, Ehrenmord und andere Kollateralbereicherungen ihr Dasein fristen!

Der gelernte Journalist muss seine Nachricht auf den Punkt bringen. Nun, hier ist er:
jung, erfolgreich, gläubig
Also bitte, geht doch! Das ansonsten ebenfalls unvermeidliche gegenderte Prädikat weiblich erübrigt sich hier, das es ja ohnehin nur um Frauen geht.

Bevor ich in die weiteren Einzelheiten dieses Artikels gehe, möchte ich an eine Anekdote über den italienischen Physiker Enrico Fermi erinnern. Fermi, so wird erzählt, habe nie eine wissenschaftliche Abhandlung gelesen. Es genügte ihm, Titel und Abstract eines Artikels zu kennen, um alles Weitere daraus selbst herleiten zu können. Dieses Vorgehen spart natürlich eine Menge Zeit.

Ich hätte nie gedacht, dass ich Fermis Verfahren auch einmal selbst praktizieren könnte. Aber die moderne Medienlandschaft macht es möglich. Der Titel und die ersten paar Zeilen lassen einen mit hoher Sicherheit vorhersagen, welche Wortschablonen noch folgen werden.

Und welche Worthülsen sind es, die in diesem Artikel glänzen? Genau die folgenden: Da ist von Vorurteilen und Hürden die Rede, denen diese Frauen als Kopftuchträgerinnen ausgesetzt waren. Und in dieser Tonart geht es weiter. Der Rest sind Privatgeschichten, wie sie das Leben eines jeden Menschen kennzeichnen.

Ist Sarrazin damit widerlegt? Wer diese Frage beantwortet haben will, sollte mal ein paar Tage in diversen Problemvierteln verbringen.

2010/10/09

Die gute alte Zeit....

Es herrscht ein buntes, friedliches Durcheinander.
Auf welche Situation passt dieser Satz, der einem deutschen Qualitätsmedium entnommen ist? Ist es der Wartesaal eines Bahnhofs? Oder der Transitbereich eines größeren Flughafens? Weder noch, sondern eine Anti-Atom-Demo in München, die warmherzige Gemüter wieder an die lebhaften Proteste der 1980er Jahre denken lässt.

Und natürlich ist die Szenerie das genaue Gegenteil dessen, was die Atomwirtschaft in den Augen der Demonstranten ausmacht. Atomkraftwerke benötigen zu ihrem reibungslosem Betrieb ein ziemlich striktes Reglement. Ein Durcheinander, ob friedlich oder unfriedlich, hätte gravierende Folgen. Außerdem laufen die Mitarbeiter in diesen Anlagen immer in weißen Kitteln herum. Von Buntheit keine Spur.

Aber es geht um mehr als einen Farbcode. Bunt ist gleich friedlich, lautet die dahinter liegende Botschaft. Kommt einem irgendwie bekannt vor.

2010/10/08

YouTube dein Freund und Helfer

Was macht die Polizei, wenn ein Mensch bei einem Verkehrsunfall getötet wird? Sie stellt zunächst die Identität des Opfers fest. Das geschieht normalerweise mittels Ausweispapieren, die man für solche Fälle immer bei sich haben sollte oder auch mittels Zeugen, die das Opfer zweifelsfrei identifizieren können. Was aber, wenn weder Papiere noch Zeugen zur Verfügung stehen?

Nun ja, im Zeitalter des Internets greift die Polizei dann einfach zu - YouTube! Dort finden sich bekanntlich Millionen (oder vielleicht sogar schon Milliarden?) Videos, auf manchen von denen sich bestimmt auch das fragliche Opfer befindet. Und schon ist das Rätsel gelöst. So einfach ist da heutzutage!

Diese Geschichte ist nicht meiner überbordenden Fantasie entsprungen, sondern wird allen Ernstes von einem österreichischen Qualitätsmedium namens Presse verbreitet. Nun geht es dort in einem kürzlich erschienenen Artikel um einen in der Tat merkwürdigen Unfall:
Ein skurriler Unfall kostete den Cellisten Mike Edwards das Leben: Ein riesiger Heuballen traf das Auto des 62-Jährigen. Er war sofort tot.
Noch skurriler ist allerdings, was im Anschluss an diesen Unfall bei der Identifikation des Toten geschah:
Die Polizei identifizierte Edwards anhand von Fotos und Videos auf dem Internetportal Youtube.
Damit ist endlich die praktische Nützlichkeit von YouTube erwiesen. Und man kann sich lebhaft vorstellen, dass die Polizei den Anwendungsbereich dieses Mediums schon bald erweitern wird. Denn wie oft kommt es vor, dass Mordopfer nicht identifiziert werden können! YouTube ist dann zur Stelle!

Letztlich könnte der Einsatz von YouTube bei der Verbrechensbekämpfung immer wichtiger werden. Städte und Gemeinden könnten eine Menge Geld sparen, wenn sie einfach auf die öffentlichen Überwachungskameras verzichteten. Stattdessen könnten die Opfer von Überfällen und Taschendieben ja einige Stunden mit YouTube-Videos zubringen, bis sie ihre Peiniger zweifelsfrei identifiziert haben.

YouTube als ultimatives Beweismittel im Gerichtssaal. Das ist die Zukunft.

Glaubensfragen

Stellen wir uns folgendes Szenario vor: ein Meinungsforschungsinstitut wendet sich an eine Gruppe von Menschen (repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung, versteht sich) mit der Frage: Wie oft, glauben Sie, hat der US-Präsident Sex mit seiner Gattin?

Egal was dabei herauskommt, das Ergebnis ist völlig irrelevant! Genauso gut könnte man die Menschen auf der Straße danach fragen, wie oft - ihrer Meinung nach - Meteoriten auf dem Mars einschlagen oder ähnliches.

Derartige Fragen sind immer dann populär, wenn man Stimungen im Volk testen oder, noch besser, manipulieren will. Selbst wenn mehr als 90 % der Befragten meinen, dass Tony Blair ein Lügner sei, bedeutet das noch keineswegs, dass dies auch der Faktenlage entspricht. Im Zweifelsfalle müsste eben ein Gericht darüber entscheiden, ob er in einer bestimmten Sache die Wahrheit gesagt hat oder nicht.

Dennoch ist diese Art der Volksbefragung keine vergebliche Mühe. Denn wer erst mal auf diese "wissenschaftlich saubere" Art angeschwärzt ist, der kommt von diesem Manko auch dann nicht los, wenn unabhängige Instanzen das Gegenteil zweifelsfrei belegen. Und das klare Votum der großen Zahl lässt sich auch durch noch so viele Gegenbeweise nicht außer Kraft setzen.

Der Spiegel, eines der sogenannten Qualitätsmedien des deutschsprachigen Raumes, lässt uns gelegentlich an derartigen Leckerbissen teilhaben. So auch in einem kürzlich veröffentlichten Artikel, in dem es um die Verteilung des Reichtums in den USA geht. Genau genommen geht es darum, was die US-Bürger über die Verteilung des Reichtums in ihrem Land denken. Und tatsächlich kommt die Studie der Universitäten Harvard und Duke (haben diese renommierten Institute schon aufgehört, sich mit ernsthafter Wissenschaft zu beschäftigen?) zu einem Ergebnis, das man eigentlich hätte erwarten müssen: die repräsentative Gruppe unterschätzte doch glatt das Ausmaß der Ungleichverteilung des Reichtums in den Vereinigten Staaten! So glaubt diese ausgewählte Gruppe mehrheitlich (es wird nicht gesagt wie groß diese Mehrheit ist), dass die reichsten 20 % ca. 60 % des gesamten Volksvermögens besitzen. Tatsächlich besitzt dieses oberste Fünftel der Bevölkerung jedoch 84 % des Reichtums! Das beweist doch eindeutig, dass die Lage noch viel schlimmer ist als die Leute meinen!  Skandalös so etwas! Jetzt fehlt nur noch der Hinweis, dass diese Fehleinschätzung durch gezielte Medienmanipulation der Superreichen zustande gekommen ist. Man kann ja nie wissen!

Aber es kommt noch besser. In derselben Studie wurden die Menschen ebenso gefragt, wie ihrer Meinung nach eine ideale Reichtumsverteilung aussehe. Das Ergebnis: das wohlhabendste Fünftel der Bevölkeung sollte nicht mehr als ein Drittel des Reichtums auf sich vereinigen.

Auch wenn diese Studie mit ernster Miene daherkommt - ihre Ergebnisse sind völlig irrelevant. Ebensogut hätte man die repräsentative Gruppe danach fragen können, wie groß die Kartoffelernte der letzten Jahre war.

2010/10/07

Die bösen Lobbyisten oder Schmutzwäsche macht auch Spaß

Eigentlich ist es ein Spiegel-Artikel wie so viele andere auch: mit einer klaren Botschaft und einer ebensolchen Tendenz. Unter dem Titel Lobbyisten: Die Wissenschaft als Feind wird (nicht zum ersten Mal) eine Gruppe von Leuten aufs Korn genommen, die der alleinseligmachenden Hypothese vom menschengemachten Klimawandel kritisch gegenüber stehen.

Die Register, die die Autorin (Cordula Meyer) dabei zieht, entlocken dem Leser dabei so manches Schmunzeln. Etwa wenn man sich vor Augen hält, dass ein 86-jähriger Wissenschaftler (Fred Singer) es schafft, die gesamte Klimaerwärmungsgemeinde, die immerhin nicht weniger als 97 % aller Klimatologen weltweit repräsentiert, in Atem zu halten. Eigentlich hätte man angesichts dieser erdrückenden Übermacht doch gerne gewusst, wie viele Klimatologen es denn überhaupt weltweit gibt. Aber dazu schweigt sich die Autorin aus.

Stattdessen hat sie uns vieles zu berichten über das Sündenregister des Wissenschaftsgreises, das einen lockeren Bogen vom Kommunistenhasser (muss wohl irgendetwas mit dem Klimawandel zu tun haben, aber was wohl?) über seine Zweifel am sauren Regen (ach ja das Waldsterben! Kann sich noch jemand erinnern?) bis hin zum Ozonloch spannt. Das Schmunzeln über die Argumentationskette kann gelegentlich in ein Prusten übergehen, etwa dann, wenn das äußere Erscheinungsbild des Skeptikers so gar nicht mit dem eigenen Klischee übereinstimmen mag. Kostprobe:

Fast hat es den Anschein, als wollte Singer sich als einer von jenen tarnen, die er bekämpft: Mit seiner Cordhose, dem Lederhalsband mit einem versteinerten Fisch und dem langen schlohweißen Haar wirkt er wie ein freundlicher Öko-Opa.

Dieses unscheinbare Erscheinungsbild macht ihn nur noch gefährlicher. Aber zum Glück kommt jetzt die Wahrheit über diesen Satan ans Licht! Dank Cordula Meyer.

Doch wie alle Verschwörer (man erinere sich an Catilina und seine Helfershelfer) hat auch er eine Reihe von Getreuen, die mit ihm an einem Strang ziehen, was die 97% ige Übermacht der Klimawandelbefürworter nun allmählich in bedenklichem Maße zu erodieren droht.

Doch noch ist nicht aller Argumente Ende. Und so zieht die Spiegel-Autorin einen echten Klassiker aus dem Hut: das liebe Geld! Hier hört bekanntlich jeder Spaß auf! Und so ist es auch hier: Da vernimmt der Leser mit vor Sprachlosigkeit offenem Mund, dass einer der Spießgesellen Singers nicht weniger als 98000 Dollar für eine Studie erhalten haben soll! Arbeiten und auch noch dafür bezahlt werden! Wo gibt´s denn so etwas? Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen! Aber es kommt noch dicker. Eines Tages soll sogar eine Spende über 100 000 Dollar geflossen sein! Und wer ließ die Spende rüberwachsen? Genau: eine US-Stromfirma! Hätte man sich ja denken können.

Eigentlich wäre jetzt, folgt man der Logik der Autorin, der richtige Zeitpunkt inne zu halten und über die Schlechtigkeit dieser Geldsäcke zu lamentieren. Noch dazu, wo sie überhaupt kein Wort darüber verliert, wie viele Geldmittel den "renommierten" Klimaforschern zur Verfügung stehen. Denn auch diese Leute haben ihre Finanzquellen, die sich zu einem großen Teil aus nationalen und internationalen Forschungsbudgets speisen. Und wenn man sich ansieht, welche Fördermittel in Projekte fließen, die uns das nahe Ende der Welt in Form steigender Ozeane und zunehmender Naturkatastrophen verkünden, dann kommt man auf jährliche Summen, die sich (vorsichtig geschätzt) im zweistelligen Millionenbereich bewegen.

Aber diesen Vergleich würde die Autorin wahrscheinlich nicht akzeptieren: schließlich geht es ja um die höhre Ehre der Klimaforscher. Ad majorem Dei gloriam!, hätte man früher gesagt.

Ach ja, beinahe hätte man es aus Augen verloren angesichts der vielen Schmutzwäsche, die es zu waschen gab. Ausgangspunkt des Spiegel-Artikels war ein wissenschaftlicher Disput. Es scheint aber inzwischen, dass solche Dinge eher über die Medien ausgetragen werden als auf dem Parket der wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Man will ja schließlich nicht sachlich überzeugen, sondern Anhänger gewinnen. Denn heutzutage gelten Meinungsumfragen als Gradmesser für die Richtigkeit wissenschaftlicher Theorien. Deshalb ist Öffentlichkeitsarbeit in Klimafragen besonders wichtig. Man stelle sich vor, Einstein müsse seine Relativitätstheorie bei Maybritt Illner verteidigen... Er hätte nicht den Schimmer einer Chance, meint einer der gegenwärtigen Klimapäpste. Ich meine, er hätte einfach nur über diese Vorstellung geschmunzelt.