2010/10/31

Forscherglauben

Ehrlich gesagt habe ich nie verstanden, was so spannend daran sein soll, ob es da draußen im Universum irgendwo Doppelgänger der irdischen Zweifüßler gibt oder nicht. Solange wir nicht auf die eine oder andere Art mit ihnen in Kontakt getreten sind, ist diese Frage ebenso irrelevant wie die Frage, ob der Papst Engel gesehen hat oder nicht.

Es ist schon irgendwie eigenartig, wenn millionenschwere Raumfahrtprojekte hauptsächlich damit gerechtfertigt werden, dass sie einen Beitrag dazu leisten, irgendwelche "Spuren von Leben" auf anderen Planeten zu finden. Zugegeben, es ist schon spannend, organische Moleküle "da draußen" zu finden, aber als alleiniges Motiv dafür, Steuergelder zu verfüttern, taugt es eher weniger.

Der Wissenschaftler ist nun mal neugierig (und zwar auf alles!), und neue Erkenntnisse über den Aufbau und die Entstehung der Saturnringe sind mindestens ebenso wissenschaftlich relevant wie ein vermutetes Biomolekül irgendwo in einer außerirdischen Eiswüste.

Aber Wissenschaft muss verkauft werden (das beste und gelungenste Beispiel dafür liefern bekanntlich die Klimaforscher). Irgendwie muss man dem steuerzahlenden Lümmel vermitteln, wofür seine hart verdienten und an das Finanzamt abgelieferten Euros verwendet werden (in Fragen der Sozialausgaben ist man da wesentlich zurückhaltender). Und was reißt einen Beitragszahler so richtig vom Hocker? Genau: die Frage, ob es da draußen jemanden gibt, der genau so zur Kasse gebeten wird wie er! Immerhin ist das leichter vermittelbar, als ein neues System gekoppelter Differentialgleichungen, das in der Lage ist die letzten Fragen über die Entstehung des Asteriodengürtels zu beantworten.

Naturgemäß sind wir bei der Frage nach den Außerirdischen auf Spekulationen angewiesen. Wir haben einfach noch keine gesehen, und eine E-mail oder ein sonstiges Lebenszeichen haben wir von denen auch noch nicht gekriegt. Spekulationen sind nur einen Hauchbreit von Glaubensfragen entfernt. Und so sind wir auch nicht wirklich überrascht, wenn wir auf Spiegel-online lesen, dass so manche Forscher an Abermilliarden erdähnlicher Planeten glauben. Jawohl, GLAUBEN!

Also wenn es schon Abermilliarden Kopien unseres Trabanten gibt, dann muss es doch als sehr sicher gelten, dass da auch irgendwo unsere kosmischen Klone herumlaufen!

Wer´s glaubt wird selig! kann man da nur sagen. Wir warten einstweilen, bis wir von denen was hören.

Propheten der Vernunft

In der Presse lesen wir von einer Demo zur Wiederherstellung der Vernunft, die in Washington stattgefunden hat. Nun ist es ja durchaus ein löbliches Unterfangen, der Vernunft (auch der politischen, die hier vor allem gemeint war) zu ihrem Recht zu verhelfen. Also lesen wir interessiert, wer denn hier als Bannerträger der Vernunft in Erscheinung trat. Neben intellektuellen Großmeistern wie Jon Stewart, Ozzy Osborne und anderen war auch Cat Stevens mit von der Partie. Letzterer, unter bürgerlichem Namen als Yusuf Islam bekannt, trat nicht nur als begnadeter Popmusiker hervor, sondern machte auch durch seine Unterstützung des Mordaufrufs gegen den Schriftsteller Salman Rushdie von sich reden. Na dann können wir uns in der Tat beruhigt zurück lehnen, wenn wir die Vernunft in so verdienstvollen Händen wissen.

2010/10/19

Messung im Dreivierteljahr

Walzer tanzt man im Dreivierteltakt. Das ist ein alter Hut und juckt wirklich niemanden. Es muss was Neues her! Wie wär´s mit dem Dreivierteljahr?

Interessante Idee! Warum sollte man auch alle möglichen Dinge immer nur auf volle Jahre, Jahrzehnte oder Jahrhunderte beziehen? Ein Dreivierteljahr tut´s auch. Und wenn sich daraus eine reißerische Story machen lässt, dann ist der Spiegel nicht weit.

Nun, reißerisch ist alles, was nur irgendwie rekordverdächtig ist. Da passt es gut, dass - nach einem jüngsten Spiegel-Bericht - das vergangene Dreivierteljahr das heißeste seit Beginn der Messungen ist. Passend zu diesem erschütterndem Befund sagen Meterologen - in gewohnter Dienstfertigkeit - Wetterkapriolen voraus. Mein Gott, was uns nicht noch alles bevorsteht! Wetterkapriolen!! So was hatten wir in unserem ganzen Leben noch nie! Und jetzt kommen sie! Uns bleibt aber auch nichts erspart!

Da hilft nur eins: Tut Buße und kehrt um, bevor Euch die zornige Natur für Eure Sünden züchtigt! Wir sind eben CO2-Schweine und haben es nicht besser verdient!

Doch bevor wir uns in hilflosem Lamentieren verzehren, wollen wir noch den einen oder anderen Gedanken an die böse Nachricht aus dem Qualitätsmedium verschwenden.

Und dann fragt man sich, warum denn - wahrscheinlich erstmals in der Geschichte der Spiegel-Storys - ein Dreivierteljahr zu so unvermuteten Ehren kommt. Des Rätsels Lösung wird dankenswerter Weise gleich mitgeliefert. Denn während die globale Temperaturkurve neun MOnate hindurch in olympischer Manier neuen Spitzenwerten entgegenstrebte, droht Ungemach die erhoffte Jahresbilanz zu versauen! Die Abkühlung des Pazifiks macht allen Ernstes den Trend kaputt, der zu den lang ersehnten Schreckensnachrichten am Beginn des nächsten Jahres Anlass gegeben hätte. Da muss man sich schon beeilen und rasch die Ernte eines Dreivierteljahres einfahren! Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach, so muss wohl der Autor gedacht haben. Lieber eine Dreiviertelsensationsmeldung jetzt als gar keine Story in drei Monaten!

Es ist wie im Sport: Sagen wir, Hermann Maier liegt bei der vorletzten Zwischenzeit noch um fünf Hundertstel Sekunden in Führung. Dann sollte man doch schon jetzt den Sekt öffnen, denn wer weiß, ob er im Ziel immer noch vorne liegt. Oder denken wir an den Fußball: Eine Viertelstunde vor Schluss führt Österreich gegen wen auch immer mit 1:0. Dann sollte man in der Tat den Fernseher ausschalten und sich den Rest des Spiels nicht von unvorhergesehenen Ereignissen kaputt machen lassen.

Aber: Der Ball ist rund und ein Spiel dauert 90 Minuten, lautet die goldene Regel im Fußball. In der Klimaforschung gilt dies jedoch nicht. Hier heißt es: Wenn Du Grund zu der Annahme hast, dass Deine insgeheim erhofften Rekordtemperaturen am Ende des Jahres nicht zustande kommen, dann passe einfach den Messzeitraum so an, dass eine schlagzeilenträchtige Meldung daraus wird.

Bei soviel Sportgeist warten wir schon gespannt auf die Bilanz am Jahresende. Und auf das nächste Dreivierteljahr.

Frankreich verstehen

Will man den Versuch machen, Frankreich zu verstehen, so findet man sich unversehens in Paradoxien gefangen. Das Land galt, für einige Jahrhunderte, als ein Hort fortschrittlicher Ideen. Die hehren Ziele der französischen Revolution, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, wurden zu Leuchttürmen einer neuen Gesellschaftsordnung und damit Vorbild weit über die Landesgrenzen hinaus.

Die Umwälzung bestehender Verhältnisse bringt allerdings auch das Janusartige des Fortschritts zutage, wofür gerade die Geschichte Frankreichs ein beredetes Beispiel liefert. So war der Weg zur vielbeschwordenen Brüderlichkeit mit abgeschnittenen Köpfen gepflastert. Ja, so ist das in Frankreich: die Gesellschaft, das hießt die Menschen werden besser, aber zuvor dürfen sie nochmals alle Schlechtigkeit herauslassen. Der Süße der gewonnenen Früchte tut das keinen Abbruch. So konnte man über diverse Bestialitäten noch hinweg sehen mit dem Hinweis, dass das alles nur dem Fortschritt diene.

Ähnliches gilt für alle folgenden Aufwallungen der französischen Volksseele bis in unsere jüngste Vergangenheit. Die 68er machten zwar auch eine Menge Radau, allerdings mit dem Ziel, die Gesellschaft umzugestalten und zum Positiven zu verändern. Ob und wie sehr das gelungen ist, soll hier nicht betrachtet werden.

Wenn man also die Geschichte Frankreichs bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts betrachtet, so lässt sich sagen, dass alle Volksaufstände letztlich dem Ziel des Fortschritts dienten. Umgekehrt konnte man trivialerweise feststellen, dass konservative Geister keine Revolutionen anzetteln.

Letztere Erkenntnis wird mit den jüngsten Ereignissen zu Grabe getragen. Inzwischen randaliert das Volk, weil es GEGEN DIE VERÄNDERUNG ist. Das hat eine neue Qualität. Die Leute, die jetzt alles kurz und klein schlagen, wollen paradoxerweise, dass sich NICHTS ändert. Mit anderen Worten: die bewahrenden, erhaltenden, also im Grunde genommen konservativen Elemente proben den Aufstand.

Es geht nicht mehr, wie in früheren Zeiten, darum,. etwas zum Besseren hin zu verändern, sondern einzig und allein darum, einer angestrebten Veränderung Einhalt zu gebieten. Wer es bisher noch nicht glaubte, der kann es hier deutlich sehen: Frankreich ist immer für eine Überraschung gut.

2010/10/18

Karriere trotz Kopftuch

Die Integrationsdebatte geht weiter. Nachdem Sarrazin das schlafende Hornissennest aus seinen MuKu-Träumen geholt hat, ist es jetzt an der Zeit die andere Seite zu Wort kommen zu lassen. Wäre ja noch schöner, wenn man das Wort allein dem Stammtisch und seinem Dunstkreis überließe!
Nachdem also dem ehemaligen Bundesbanker hinsichtlich der statistisch untermauerten Tatsachen kaum beizukommen war, müssen jetzt andere Fakten auf den Tisch. Wäre doch gelacht, wenn die nicht zu finden wären! Wäre doch gelacht, wenn wir unter den Millionen kopftuchtragenden Muslimas nicht eine Handvoll finden könnten, die ohne Zwangsheirat, Ehrenmord und andere Kollateralbereicherungen ihr Dasein fristen!

Der gelernte Journalist muss seine Nachricht auf den Punkt bringen. Nun, hier ist er:
jung, erfolgreich, gläubig
Also bitte, geht doch! Das ansonsten ebenfalls unvermeidliche gegenderte Prädikat weiblich erübrigt sich hier, das es ja ohnehin nur um Frauen geht.

Bevor ich in die weiteren Einzelheiten dieses Artikels gehe, möchte ich an eine Anekdote über den italienischen Physiker Enrico Fermi erinnern. Fermi, so wird erzählt, habe nie eine wissenschaftliche Abhandlung gelesen. Es genügte ihm, Titel und Abstract eines Artikels zu kennen, um alles Weitere daraus selbst herleiten zu können. Dieses Vorgehen spart natürlich eine Menge Zeit.

Ich hätte nie gedacht, dass ich Fermis Verfahren auch einmal selbst praktizieren könnte. Aber die moderne Medienlandschaft macht es möglich. Der Titel und die ersten paar Zeilen lassen einen mit hoher Sicherheit vorhersagen, welche Wortschablonen noch folgen werden.

Und welche Worthülsen sind es, die in diesem Artikel glänzen? Genau die folgenden: Da ist von Vorurteilen und Hürden die Rede, denen diese Frauen als Kopftuchträgerinnen ausgesetzt waren. Und in dieser Tonart geht es weiter. Der Rest sind Privatgeschichten, wie sie das Leben eines jeden Menschen kennzeichnen.

Ist Sarrazin damit widerlegt? Wer diese Frage beantwortet haben will, sollte mal ein paar Tage in diversen Problemvierteln verbringen.

2010/10/09

Die gute alte Zeit....

Es herrscht ein buntes, friedliches Durcheinander.
Auf welche Situation passt dieser Satz, der einem deutschen Qualitätsmedium entnommen ist? Ist es der Wartesaal eines Bahnhofs? Oder der Transitbereich eines größeren Flughafens? Weder noch, sondern eine Anti-Atom-Demo in München, die warmherzige Gemüter wieder an die lebhaften Proteste der 1980er Jahre denken lässt.

Und natürlich ist die Szenerie das genaue Gegenteil dessen, was die Atomwirtschaft in den Augen der Demonstranten ausmacht. Atomkraftwerke benötigen zu ihrem reibungslosem Betrieb ein ziemlich striktes Reglement. Ein Durcheinander, ob friedlich oder unfriedlich, hätte gravierende Folgen. Außerdem laufen die Mitarbeiter in diesen Anlagen immer in weißen Kitteln herum. Von Buntheit keine Spur.

Aber es geht um mehr als einen Farbcode. Bunt ist gleich friedlich, lautet die dahinter liegende Botschaft. Kommt einem irgendwie bekannt vor.

2010/10/08

YouTube dein Freund und Helfer

Was macht die Polizei, wenn ein Mensch bei einem Verkehrsunfall getötet wird? Sie stellt zunächst die Identität des Opfers fest. Das geschieht normalerweise mittels Ausweispapieren, die man für solche Fälle immer bei sich haben sollte oder auch mittels Zeugen, die das Opfer zweifelsfrei identifizieren können. Was aber, wenn weder Papiere noch Zeugen zur Verfügung stehen?

Nun ja, im Zeitalter des Internets greift die Polizei dann einfach zu - YouTube! Dort finden sich bekanntlich Millionen (oder vielleicht sogar schon Milliarden?) Videos, auf manchen von denen sich bestimmt auch das fragliche Opfer befindet. Und schon ist das Rätsel gelöst. So einfach ist da heutzutage!

Diese Geschichte ist nicht meiner überbordenden Fantasie entsprungen, sondern wird allen Ernstes von einem österreichischen Qualitätsmedium namens Presse verbreitet. Nun geht es dort in einem kürzlich erschienenen Artikel um einen in der Tat merkwürdigen Unfall:
Ein skurriler Unfall kostete den Cellisten Mike Edwards das Leben: Ein riesiger Heuballen traf das Auto des 62-Jährigen. Er war sofort tot.
Noch skurriler ist allerdings, was im Anschluss an diesen Unfall bei der Identifikation des Toten geschah:
Die Polizei identifizierte Edwards anhand von Fotos und Videos auf dem Internetportal Youtube.
Damit ist endlich die praktische Nützlichkeit von YouTube erwiesen. Und man kann sich lebhaft vorstellen, dass die Polizei den Anwendungsbereich dieses Mediums schon bald erweitern wird. Denn wie oft kommt es vor, dass Mordopfer nicht identifiziert werden können! YouTube ist dann zur Stelle!

Letztlich könnte der Einsatz von YouTube bei der Verbrechensbekämpfung immer wichtiger werden. Städte und Gemeinden könnten eine Menge Geld sparen, wenn sie einfach auf die öffentlichen Überwachungskameras verzichteten. Stattdessen könnten die Opfer von Überfällen und Taschendieben ja einige Stunden mit YouTube-Videos zubringen, bis sie ihre Peiniger zweifelsfrei identifiziert haben.

YouTube als ultimatives Beweismittel im Gerichtssaal. Das ist die Zukunft.

Glaubensfragen

Stellen wir uns folgendes Szenario vor: ein Meinungsforschungsinstitut wendet sich an eine Gruppe von Menschen (repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung, versteht sich) mit der Frage: Wie oft, glauben Sie, hat der US-Präsident Sex mit seiner Gattin?

Egal was dabei herauskommt, das Ergebnis ist völlig irrelevant! Genauso gut könnte man die Menschen auf der Straße danach fragen, wie oft - ihrer Meinung nach - Meteoriten auf dem Mars einschlagen oder ähnliches.

Derartige Fragen sind immer dann populär, wenn man Stimungen im Volk testen oder, noch besser, manipulieren will. Selbst wenn mehr als 90 % der Befragten meinen, dass Tony Blair ein Lügner sei, bedeutet das noch keineswegs, dass dies auch der Faktenlage entspricht. Im Zweifelsfalle müsste eben ein Gericht darüber entscheiden, ob er in einer bestimmten Sache die Wahrheit gesagt hat oder nicht.

Dennoch ist diese Art der Volksbefragung keine vergebliche Mühe. Denn wer erst mal auf diese "wissenschaftlich saubere" Art angeschwärzt ist, der kommt von diesem Manko auch dann nicht los, wenn unabhängige Instanzen das Gegenteil zweifelsfrei belegen. Und das klare Votum der großen Zahl lässt sich auch durch noch so viele Gegenbeweise nicht außer Kraft setzen.

Der Spiegel, eines der sogenannten Qualitätsmedien des deutschsprachigen Raumes, lässt uns gelegentlich an derartigen Leckerbissen teilhaben. So auch in einem kürzlich veröffentlichten Artikel, in dem es um die Verteilung des Reichtums in den USA geht. Genau genommen geht es darum, was die US-Bürger über die Verteilung des Reichtums in ihrem Land denken. Und tatsächlich kommt die Studie der Universitäten Harvard und Duke (haben diese renommierten Institute schon aufgehört, sich mit ernsthafter Wissenschaft zu beschäftigen?) zu einem Ergebnis, das man eigentlich hätte erwarten müssen: die repräsentative Gruppe unterschätzte doch glatt das Ausmaß der Ungleichverteilung des Reichtums in den Vereinigten Staaten! So glaubt diese ausgewählte Gruppe mehrheitlich (es wird nicht gesagt wie groß diese Mehrheit ist), dass die reichsten 20 % ca. 60 % des gesamten Volksvermögens besitzen. Tatsächlich besitzt dieses oberste Fünftel der Bevölkerung jedoch 84 % des Reichtums! Das beweist doch eindeutig, dass die Lage noch viel schlimmer ist als die Leute meinen!  Skandalös so etwas! Jetzt fehlt nur noch der Hinweis, dass diese Fehleinschätzung durch gezielte Medienmanipulation der Superreichen zustande gekommen ist. Man kann ja nie wissen!

Aber es kommt noch besser. In derselben Studie wurden die Menschen ebenso gefragt, wie ihrer Meinung nach eine ideale Reichtumsverteilung aussehe. Das Ergebnis: das wohlhabendste Fünftel der Bevölkeung sollte nicht mehr als ein Drittel des Reichtums auf sich vereinigen.

Auch wenn diese Studie mit ernster Miene daherkommt - ihre Ergebnisse sind völlig irrelevant. Ebensogut hätte man die repräsentative Gruppe danach fragen können, wie groß die Kartoffelernte der letzten Jahre war.

2010/10/07

Die bösen Lobbyisten oder Schmutzwäsche macht auch Spaß

Eigentlich ist es ein Spiegel-Artikel wie so viele andere auch: mit einer klaren Botschaft und einer ebensolchen Tendenz. Unter dem Titel Lobbyisten: Die Wissenschaft als Feind wird (nicht zum ersten Mal) eine Gruppe von Leuten aufs Korn genommen, die der alleinseligmachenden Hypothese vom menschengemachten Klimawandel kritisch gegenüber stehen.

Die Register, die die Autorin (Cordula Meyer) dabei zieht, entlocken dem Leser dabei so manches Schmunzeln. Etwa wenn man sich vor Augen hält, dass ein 86-jähriger Wissenschaftler (Fred Singer) es schafft, die gesamte Klimaerwärmungsgemeinde, die immerhin nicht weniger als 97 % aller Klimatologen weltweit repräsentiert, in Atem zu halten. Eigentlich hätte man angesichts dieser erdrückenden Übermacht doch gerne gewusst, wie viele Klimatologen es denn überhaupt weltweit gibt. Aber dazu schweigt sich die Autorin aus.

Stattdessen hat sie uns vieles zu berichten über das Sündenregister des Wissenschaftsgreises, das einen lockeren Bogen vom Kommunistenhasser (muss wohl irgendetwas mit dem Klimawandel zu tun haben, aber was wohl?) über seine Zweifel am sauren Regen (ach ja das Waldsterben! Kann sich noch jemand erinnern?) bis hin zum Ozonloch spannt. Das Schmunzeln über die Argumentationskette kann gelegentlich in ein Prusten übergehen, etwa dann, wenn das äußere Erscheinungsbild des Skeptikers so gar nicht mit dem eigenen Klischee übereinstimmen mag. Kostprobe:

Fast hat es den Anschein, als wollte Singer sich als einer von jenen tarnen, die er bekämpft: Mit seiner Cordhose, dem Lederhalsband mit einem versteinerten Fisch und dem langen schlohweißen Haar wirkt er wie ein freundlicher Öko-Opa.

Dieses unscheinbare Erscheinungsbild macht ihn nur noch gefährlicher. Aber zum Glück kommt jetzt die Wahrheit über diesen Satan ans Licht! Dank Cordula Meyer.

Doch wie alle Verschwörer (man erinere sich an Catilina und seine Helfershelfer) hat auch er eine Reihe von Getreuen, die mit ihm an einem Strang ziehen, was die 97% ige Übermacht der Klimawandelbefürworter nun allmählich in bedenklichem Maße zu erodieren droht.

Doch noch ist nicht aller Argumente Ende. Und so zieht die Spiegel-Autorin einen echten Klassiker aus dem Hut: das liebe Geld! Hier hört bekanntlich jeder Spaß auf! Und so ist es auch hier: Da vernimmt der Leser mit vor Sprachlosigkeit offenem Mund, dass einer der Spießgesellen Singers nicht weniger als 98000 Dollar für eine Studie erhalten haben soll! Arbeiten und auch noch dafür bezahlt werden! Wo gibt´s denn so etwas? Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen! Aber es kommt noch dicker. Eines Tages soll sogar eine Spende über 100 000 Dollar geflossen sein! Und wer ließ die Spende rüberwachsen? Genau: eine US-Stromfirma! Hätte man sich ja denken können.

Eigentlich wäre jetzt, folgt man der Logik der Autorin, der richtige Zeitpunkt inne zu halten und über die Schlechtigkeit dieser Geldsäcke zu lamentieren. Noch dazu, wo sie überhaupt kein Wort darüber verliert, wie viele Geldmittel den "renommierten" Klimaforschern zur Verfügung stehen. Denn auch diese Leute haben ihre Finanzquellen, die sich zu einem großen Teil aus nationalen und internationalen Forschungsbudgets speisen. Und wenn man sich ansieht, welche Fördermittel in Projekte fließen, die uns das nahe Ende der Welt in Form steigender Ozeane und zunehmender Naturkatastrophen verkünden, dann kommt man auf jährliche Summen, die sich (vorsichtig geschätzt) im zweistelligen Millionenbereich bewegen.

Aber diesen Vergleich würde die Autorin wahrscheinlich nicht akzeptieren: schließlich geht es ja um die höhre Ehre der Klimaforscher. Ad majorem Dei gloriam!, hätte man früher gesagt.

Ach ja, beinahe hätte man es aus Augen verloren angesichts der vielen Schmutzwäsche, die es zu waschen gab. Ausgangspunkt des Spiegel-Artikels war ein wissenschaftlicher Disput. Es scheint aber inzwischen, dass solche Dinge eher über die Medien ausgetragen werden als auf dem Parket der wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Man will ja schließlich nicht sachlich überzeugen, sondern Anhänger gewinnen. Denn heutzutage gelten Meinungsumfragen als Gradmesser für die Richtigkeit wissenschaftlicher Theorien. Deshalb ist Öffentlichkeitsarbeit in Klimafragen besonders wichtig. Man stelle sich vor, Einstein müsse seine Relativitätstheorie bei Maybritt Illner verteidigen... Er hätte nicht den Schimmer einer Chance, meint einer der gegenwärtigen Klimapäpste. Ich meine, er hätte einfach nur über diese Vorstellung geschmunzelt.