2015/02/08

Die Journaille oder der kreative Umgang mit Fakten

Das Handelsblatt berichtet über den erwarteten Rücktritt des Australischen Premierministers Tony Abbott. Der Artikel insinuiert, dass dies mit Abbotts Klimaskepsis zu tun habe. Wörtlich heißt es dazu:
Australiens Premier Tony Abbott bezweifelt, dass der Klimawandel von Menschen verursacht ist. Das könnte ihm jetzt seinen Posten kosten.
Eine klare Botschaft. Sicherheitshalber wollen wir mal nachsehen, was die englischsprachigen Medien dazu sagen. Auf BBC News liest sich das dann folgendermaßen:
Mr Abbott has faced criticism in recent weeks for giving an Australian knighthood to Prince Philip.
His party also lost recent elections in Queensland, with some voters believing the prime minister had failed to make good on his election promises.
Eine Ehrung für Prince Philip und verlorene Provinzwahlen bilden also das Gemisch, aus dem der potentielle Schleudersitz für den australischen Premier gebastelt wird. Von Klimaskepsis als Ursache für den Vertrauensverlust ist jedenfalls nicht die Rede.

Auch die kanadische CBC News berichtet über den Fall und schreibt:
Abbott has faced a torrent of criticism in recent weeks over policy decisions ranging from his handling of the economy to awarding an Australian knighthood to Queen Elizabeth's husband, Prince Philip.
Alles in allem klingt das völlig anders als das, was das Handelsblatt zu berichten weiß. Da fragt man sich, woher die bloß ihre Informationen haben.

Es sieht so aus, als pflegte der Handelsblatt-Redakteur einen etwas, sagen wir mal, kreativen Umgang mit der Wahrheit.

Da fällt mir ein, dass unlängst häufig der Begriff "Lügenpresse" durch die Lande zog. Von der Verwendung eines derartigen, historisch belasteten Begriffs wollen wir hier natürlich absehen. Ich halte mich stattdessen an meinen hochverehrten Karl Kraus, der die Wortschöpfung Journaille ins Leben rief. Passt doch ganz gut.