2011/07/31

Ihr Kinderlein kommet...

Nein, ich habe mich nicht im Datum geirrt (es ist noch ein paar Monate bis Weihnachten!). Und nein, ich bin auch kein christlicher Fundamentalist, der sich schon mal auf die passenden Lieder einstimmt!

Jedenfalls fiel mir dieser Titel ein, als ich (wieder einmal) von einem der gravierendsten Probleme las, denen sich Schweden gegenüber sieht. Es geht um die sogenannten allein kommenden Flüchtlingskinder. Mehr Details dazu gibt es hier (sehr lesenswert). Die Zahl dieser Kinder, von denen etliche wohl schon bei ihrer Ankunft im Volksheim die Kindheitsphase hinter sich gelassen haben, stieg in den letzten Jahren spürbar an (um es vorsichtig auszudrücken). Waren es 2004 noch 388 Kinder, die das Schicksal nach Elchistan verschlug, so klopften 2010 bereits 2393 Alleinkommende an die Tür des Wohlfahrtsstaates. Für dieses Jahr gilt eine weitere Steigerung als sicher.

Inzwischen ist die Kinderschar, die übrigens ausschließlich männlichen Geschlechts ist, bereits so stark angewachsen, dass die Aufnahmekapazitäten mehr als erschöpft sind. Die Folge ist ein Kompetenzgerangel zwischen lokalen und staatlichen Autoritäten. Wie dieses Gerangel ausgehen wird, sei dahin gestellt.

Man fragt sich vielleicht, wie es kommt, dass unter den Flüchtlingskindern so gut wie keine Mädchen zu finden sind. Nun die Anreise aus Staaten wie Afghanistan ist beschwerlich und vielleicht auch nicht ganz ungefährlich. Außerdem dürfen in vielen dieser Staaten Mädchen sowieso das Haus nicht ohne Aufsicht verlassen. So ist das nun mal in Ländern der RdF. Dass der schwedische Gleichstellungsombudsmann hierin noch kein Problem geortet hat, ist mehr als verwunderlich. Aber wer will sich schon (zumal in der Nach-Breivik-Ära) dem Vorwurf der Islamophobie aussetzen! Da ist es schon besser, das Maul zu halten! Und schließlich gibt es ja genügend Steuerzahler, die das Ganze bereitwillig finanzieren.

Das andere Phänomen, das mit dieser Art von Migranten verbunden ist, besteht darin, dass, nachdem sie einmal ihre Aufenthaltserlaubnis bekommen haben, plötzlich aus dem Nichts Verwandte auftauchen, die natürlich ebenfalls ins Gelobte Land wollen.

Und es sieht nicht so aus, als würde sich an diesen Verhältnissen bald etwas ändern. So dürften also die Kinder weiterhin in großer Zahl nach Schweden kommen. Optimisten können dem Ganzen auch etwas Positives abgewinnen: schließlich würden sich aus den Kindermigranten die künftigen Facharbeiter rekrutieren, die das Land so dringend zur Sicherung seiner Wettbewerbsfähigkeit braucht. Es wird jedenfalls spannend zu sehen, in welchen Fächern diese Jungen eines Tages brillieren werden.

2011/07/30

Sozialdemokratie und Gewalt

Nun ist also in Norwegen gezielt eine sozialdemokratische Politik zum Opfer einer Gewalttat größeren Ausmaßes geworden. Dass sich solche Sachen verbieten, versteht sich von selbst. Gewalt hat im zivilisierten Europa als politisches Instrument nichts verloren. In anderen Kulturkreisen mag das ja anders sein.

Angesichts der Ereignisse ist es nicht verwunderlich, dass sich nunmehr gerade die Sozialdemokraten als Verfechter einer gewaltfreien Politik präsentieren. Das ist sozusagen politisches Kleingeld. Was in diesem Umfeld jedoch kurz gerät, ist die Frage nach dem Verhältnis der sozialdemokratischen Politik zur Gewalt, und insbesondere zur politisch motivierten Gewalt. Frei nach Goethe könnte man also an die europäischen Sozialisten die Frage richten: Wie haltet Ihr´s mit der Gewalt?

Hier ein paar Beispiele: Berlin ist fest in den Händen einer linken Regierung mit einem sozialdemokratischen Bürgermeister an der Spitze. Seit Jahren werden dort regelmäßig Autos abgefackelt. Kürzlich gab es einen Anschlag auf die Stromversorgung der Berliner S-Bahn. Es ist nicht unschwer, die Täter im linksextremistischen Milieu zu verorten. Bis heute fehlt offenbar der politische Wille, gegen derartige Umtriebe vorzugehen. Gleichzeitig fließen jährlich Millionen Euros in die Bekämpfung des Rechtsextremismus. Wie haltet Ihr´s mit der Gewalt?

Als im Jahr 2000 in Österreich erstmals nach mehr als 30 Jahren eine Regierung ohne sozialdemokratische Regierung zustande kommt, randalieren Linke in gewalttätigen Exzessen. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatte es derartiges in der Alpenrepublik nicht gegeben. Die sozialdemokratische Opposition sieht schweigend zu, von mancher Seite gab es auch verbale Unterstützung. Wie haltet Ihr´s mit der Gewalt?

Im Januar 2009 kommt es im südschwedischen Malmö zu antisemitischen Exzessen durch arabische und linke Chaoten. Der Malmöer Bürgermeister entblödet sich nicht, die Schuld dafür der winzigen jüdischen Minderheit zu geben, die sich seiner Meinung nach nicht deutlich genug von der Politik Israels distanziert. Damit ist der Einsatz politischer Gewalt von einem führenden sozialdemokratischen Politiker des Landes gleichsam legitimiert. Wie haltet Ihr´s mit der Gewalt?

Ach ja, beinahe hätte ich es vergessen: Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky hatte ein besonders inniges Verhältnis zu einem Herrn namens Ghaddafi. Wie haltet Ihr´s mit der Gewalt?

Ja, die Zeiten sind schnelllebig, und man vergisst viele Dinge. Deswegen ist die obige Liste auch weit davon entfernt, vollständig zu sein. Die Weste der Sozis ist leider nicht so weiß, wie sie sie selber gerne hätten. Das ist bedauerlich, aber bestimmt nicht die Schuld der Anderen.

2011/07/25

Ein rechtskonservativer Fanatiker

... war der Massenmörder Anders Breivik, sagt zumindest SpiegelOnline.
Interessante Kombination: rechtskonservativ UND Fanatiker.
Bis vor kurzem sprach man in solchen Fällen von Rechtsradikalen, Rechtsextremisten etc. Inzwischen sind die MSM bereits bei den Rechtskonservativen als Bedrohung der inneren Ordnung angekommen.

Man sieht: Die Gefahr geht schon längst von der Mitte der Gesellschaft aus. Und natürlich: jeder ist verdächtig. Ok, nicht alle, aber zumindest jeder, der nicht links ist.

2011/07/20

Rausgemobbt

...wurde Thilo Sarrazin aus dem selbsternannten Toleranzbezirk Kreuzberg. Die Fakten sind bekannt, und zu diesem Thema floss auch schon reichlich virtuelle Tinte. Z. B. hier.

Natürlich ist man einerseits etwas erstaunt (um es milde auszudrücken) über die Art und Weise, wie man dort mit missliebigen Meinungen umgeht. Aber andererseits auch wieder nicht. Man kennt schließlich seine Pappenheimer. Und vieles, allzu vieles, was sich hinter dem Begriff Toleranz verbirgt, trägt durchaus abstoßende Züge. Aber was soll´s. Der Terminus Toleranz ist längst zu einem politischen Kampfbegriff geworden, zu einer Schablone, deren Inhalt kaum noch einer kennt oder zu kennen wünscht. Toleranz wird von jenen eingefordert, die ihre Intoleranz offen ausleben. Ganz ähnlich verhält es sich im Übrigen mit dem Begriff Respekt.

Doch es gibt einen Aspekt in dieser Geschichte, der bisher noch wenig bis gar nicht beleuchtet wurde. Es geht um das, was man gemeinhin als Gruppendynamik bezeichnet. Wer sich einer bestimmten Gemeinschaft zugehörig fühlt, unterwirft sich bewusst oder unbewusst gewissen Verhaltensregeln. Diese Regeln müssen nicht einmal klar formuliert sein. Es reicht, dass jeder ein intuitives Verständnis dafür hat, was man zu tun und was zu unterlassen hat. Beispiele dafür finden sich in jeder Diktatur. Auch jene Bürger, die keine ausgebildeten Juristen sind, haben ein sehr feines Gespür dafür, wo die Grenze zwischen gut und böse verläuft. Und beinahe jeder kennt Beispiele von Leuten, die jene Grenze überschritten haben und sich damit gewaltige Probleme aufgeladen haben. Und selbst wenn man keinen direkten Kontakt mit solchen Fällen hat, so hat man doch wenigstens von diesen Bedauernswerten gehört. So verhielt es sich etwa im sozialistischen Paradies der DDR. Wie sagte der Stasi-Offizier zu seinen Kandidaten auf dem Verhörstuhl, wenn er ihnen wieder einmal eine unangenehme Alternative vor Augen führte: Wollen Sie das? - Eine rhetorische Frage, die nur eine Antwort zulässt.

Doch zurück nach Kreuzberg. Und zwar ins Restaurant "Hasir" in der Oranienburger Straße. Dort wurde Sarrazin der Service verweigert. Und zwar nicht, weil er ein stadtbekannter Zechpreller wäre, sondern weil er ein Buch geschrieben hat. Nicht irgend ein Buch, sondern eines, das in gewissen Kreisen das leidlich bekannte Beleidigungsgen aktiviert hat. Üblicherweise halten sich Wirtschaftstreibende (wozu auch Restaurantbesitzer gehören) mit politischen Aussagen zurück. Es ist ihnen egal, ob der Gast rot, schwarz, grün oder sonst eine Farbe wählt, solange er nur seine Zeche bezahlt (und, hoffentlich, wiederkommt).

Nun mag es ja sein, dass der Restaurantbesitzer besagtes Buch gelesen und daraufhin den ehemaligen Berliner Finanzsenator auf seine Hassliste gesetzt hat. Es ist aber auch eine andere Interpretation möglich, nämlich die, dass Gastwirt schlicht und einfach Angst davor hatte, in seiner Community schief angesehen zu werden. Stellen Sie sich vor, sie betreiben ein Lokal, das im ganzen Bezirk für seine Familienfreundlichkeit bekannt ist, und plötzlich taucht Al Capone auf und will bei Ihnen dinieren. Was ist Ihnen wichtiger: Ihr Ruf oder der Gangsterboss als Gast? - Na eben!

Langjährige Stammkunden könnten ausbleiben. Und, schlimmer noch, das Restaurant könnte ins Fadenkreuz radikaler Kräfte gelangen mit entsprechenden, unkalkulierbaren wirtschaftlichen Konsequenzen. Ein abgelehnter Sarrazin ist leichter zu verkraften als zehn verprellte Dauergäste und die unabweisbare Rufschädigung in der Szene. Insofern ist die Vorgehensweise des Restaurantbetreibers durchaus rational nachzuvollziehen.

Wirklich beunruhigend ist an der Sache vor allem eines: nämlich, dass hier ein offensichtlicher Paradigmenwechsel stattgefunden hat. Die Parole "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns" schwebt unverkennbar im Raum. Die Reihen der türkischen Community sind bereits so fest geschlossen, dass auch jene, die nicht zu den Hardlinern gehören, sich der Gruppendynamik nicht mehr entziehen können. Insofern ist die Sarrazin-Geschichte aus Kreuzberg ein deutlicher Gradmesser der gesellschaftlichen Verhältnisse. Dieser Befund ist weitaus schlagender als all die berechtigte Empörung darüber, wie man mit einem Menschen umgeht, der allgegenwärtige und doch ständig unter den Tisch gekehrte Probleme offen anspricht, und zwar mit einer Sachlichkeit, die man bei seinen politkorrekten Gegenspielern kaum finden wird.

Die Spaltung der Gesellschaft ist bereits da, nicht nur in Deutschland, sondern überall in Europa. Ereignisse wie jene in Kreuzberg sind nichts anderes als Lackmustests, die genau das aufzeigen, was von den herrschenden Eliten heftig in Abrede gestellt wird. All das Totschweigen und Schönreden, das Beschwichtigen und Kopf-in-den-Sand-Stecken wird nur dazu führen, diese Verhältnisse zu verfestigen.

Was kommt dann? Gewisse Länder, die auf diesem Weg schon weiter fortgeschritten sind, liefern reichlich Anschauungsmaterial für das Szenario der Zukunft. In England haben sich unter dem Banner der Toleranz einige No-Go-Zonen etabliert, also Gebiete, in denen die offene Intoleranz herrscht. Intoleranz gegenüber allen jenen, die nicht dazu gehören. Es handelt sich dabei quasi um volksbefreite Zonen mit umgekehrten Vorzeichen. Unnötig zu sagen, wer dieser Entwicklung Vorschub leistet. Auch andere Länder folgen unverdrossen diesem Weg.

In einer Pervertierung von Ursache und Wirkung wird von den PC-Eliten so getan, als seien Leute wie Sarrazin schuld an diesen Entwicklungen. Das ist ungefähr so, als würde man den Arzt dafür verantwortlich machen, dass er eine schwere Krankheit diagnostiziert hat. Wäre es da nicht besser, der Arzt behielte seine Diagnose für sich und überließe den Patienten dem unvermeidlichen Siechtum? Vielleicht meinen diese Leute ja auch, die schleichende Krankheit könnte mit homöopathischen Dosen behandelt werden. Nun ja, in der Allgemeinmedizin gibt es für die Wirksamkeit der Homöopathie keinen überzeugenden Beweis. Ob das bei gesellschaftlichen Problemen anders ist, ist zu bezweifeln.

2011/07/18

Die Migration ins Volksheim

... wird von den herrschenden "Eliten" gerne als bereichernd (und zwar in jeder Hinsicht) dargestellt. Und in der Tat, in jeder Ecke Schwedens vom Öresund bis hinaus zum Polarkreis wächst die Zahl der Kopftücher unübersehbar. Natürlich verkörpern die verschleierten Gesichter im ansonsten recht freizügigen Skandinavien nicht die Gesamtheit der Migrationsströme, die dort ihr Ziel finden. Aber als sichtbarer Gradmesser jener Transformationen, denen sich Europa gerade in unwiderruflicher Weise unterzieht, taugen sie allemal.

Gelegentlich wird dann die Frage nach den Kosten laut, die von jenen neu Zugezogenen verursacht werden. Denn, auch das bleibt dem aufmerksamen Beobachter nicht verborgen, ein Großteil der Migranten nimmt nicht am Erwerbsleben teil. Trotzdem finden sie hier ihr Auslangen. Und Schweden ist nicht gerade das billigste Land Europas.

Es ist also nicht verwunderlich, wenn ein Großteil der Einwanderer von staatlichen Transferleistungen lebt. Die Frage ist also, wie hoch jener Beitrag ist. Ein Bloggerkollege aus Schweden hat sich der Mühe unterzogen, die einschlägigen Statistiken (soweit sie zugänglich waren) für die 24 größten Kommunen des Landes auszuwerten. Dabei wurden die Bezieher der Transferleistungen in zwei Gruppen aufgeteilt: jene, die im Ausland (Utrikes födda) und jene, die in Schweden geboren wurden (Födda i Sverige). Letztere Klasse enthält im Übrigen auch Migranten der zweiten Generation etc. Dass es auch hier Problemfälle gibt, wird also aus der genannten Statistik nicht sichtbar. Insofern dürfte die Darstellung die Sachlage noch etwas zu rosig beschreiben.

Im Einzelnen vergleicht der Autor den relativen Bevölkerungsanteil (Befolkning) der im Ausland Geborenen mit den von diesen verursachten Sozialkosten (Kostnad).

Die Zusammenstellung der statistischen Daten war nach den Aussagen des Autors, von gewissen Schwierigkeiten begleitet, die unter anderem davon herrühren, dass die grundlegenden Datensätze nicht mehr wie bislang von Statistischen Zentralbüro (SCB) veröffentlicht werden, sondern ab diesem Jahr von den Sozialbehörden (Socialstyrelsen). Letztere haben sich wohl nicht übermäßig kooperativ gezeigt. Nur böse Zungen behaupten, dass es hier etwas zu verbergen gegeben hätte.....

Hier als kleine Kostprobe die Daten aus Malmö:



Und hier Stockholm:



Die Zahlen sprechen für sich. Die neu Zugezogenen beanspruchen einen deutlich überproportionalen Teil der Sozialkosten für sich. Und das sind noch gar nicht die extremsten Beispiele für diese Disproportionalität.

Mehr Beispiele aus anderen Kommunen gibt es hier.

Und jetzt frage ich mich, wie wohl die Zahlen aus anderen Ländern (Deutschland, Österreich, ...) aussehen. Zweckdienliche Hinweise werden gerne entgegen genommen.

2011/07/16

635000 Euro in drei Monaten

... würden Sie auch gerne verdienen, oder? Immerhin wäre man damit in etwa auf Augenhöhe mit den Bossen einiger DAX-Konzerne.

Doch es geht hier nicht um die pöhsen Großkapitalisten, sondern um eine Familie mit acht Kindern in Norwegen. Die genannte Summe musste von den lokalen Behörden für diese Familie aufgewendet werden. Innerhalb von drei Monaten, wie gesagt.

Ich kenne Leute, die sehr gut verdienen. Aber um diese Summe aufzubringen, müssten sie mehr als zehn Jahre lang arbeiten.

Schön zu sehen, dass ein aktives Sexualleben und eine gebärfreudige Mutti den Geldfluss so effizient steigern können. Norwegen ist zwar ein reiches Land, aber wenn die so weitermachen, werden sie ihren Reichtum bald verbraten haben. Und das Öl sprudelt auch nicht ewig. Was dann passiert, lässt sich gerade trefflich in Südeuropa studieren.

Was müssen die Norweger auch so viele Kinder haben! Oder waren es etwa gar keine Norweger?

2011/07/15

Prognosen

Prognosen sind das Salz des Lebens. Sie sind entscheidend für unsere Planungen und somit letztlich auch für unsere gegenwärtigen und zukünftigen Handlungen. Man denke nur an die Prognosen zur Erderwärmung. Aus Vorhersagen, deren Sinnhaftigkeit erst in hundert Jahren beurteilt werden kann, werden Verhaltensmuster abgeleitet, die unser gegenwärtiges Leben betreffen.

Stellen Sie sich vor, ein anerkannter Finanzexperte prophezeite, der DAX liege in hundert Jahren bei 280000 Punkten. Würden Sie investieren? Zugegeben, wir werden das vielleicht nicht mehr erleben (es sei denn, die Lebenserwartung legt in den nächsten Jahrzehnten nochmals kräftig zu), aber für die Generation der Enkel könnte das immerhin interessant sein. Verglichen mit dem gegenwärtigen Stand des deutschen Aktienindex wäre das eine Wertsteigerung von etwa 8000 %. Nicht schlecht, selbst dann, wenn man eine moderate Inflation in Rechnung stellt und davon ausgeht, dass die Finanzpolitiker und andere Experten alles im Griff haben. Aber letzteres ist wohl etwas zuviel verlangt...

Nun bin ich der Meinung, dass Prognosen umso unseriöser werden, je länger sie in der Zukunft liegen. Wirklich ernst genommen werden können nur solche Prognosen, die in realistischen Zeiträumen überprüft werden können. Doch was ist realistisch? Grob gesagt, alles, was nicht über ein Menschenleben hinausreicht. Das sollte als erste Näherung genügen.

Nun könnte man einwenden, es gebe ja durchaus Dinge, die über noch längere Zeiträume hinweg genau vorhergesagt werden können. Sonnenfinsternisse zum Beispiel. Das ist richtig, widerspricht aber meiner These nicht im geringsten. Denn astronomische Ereignisse wie Sonnenfinsternisse gehorchen klaren wissenschaftlichen Gesetzen, die wir (zum Glück!) bereits vor einiger Zeit entdeckt haben. Wenn man diese naturwissenschaftlichen Gesetze richtig anwendet, kommt man zu einem eindeutigen Ergebnis. Und nicht nur das, denn jeder, der sich der Mühe unterzieht, diese Berechnungen durchzuführen, kommt zum selben Ergebnis.

Und genau hier liegt der Unterschied zu anderen Disziplinen wie den Wirtschaftswissenschaften. Auch wenn viele ihrer Erkenntnisse durchaus plausibel sind, so kann doch niemand ein ähnliches Maß an Gültigkeit wie von der Physik erwarten. Dies lässt sich schon daraus erkennen, das Vorhersagen verschiedener Wissenschaftler zum Teil erheblich voneinander abweichen. Von einer strengen Naturgesetzlichkeit sind wir hier sehr weit entfernt. Alles ist von Parametern abhängig, die wiederum von anderen Parametern abhängen, die wiederum etc. Kein Wunder, dass wir uns auf unsicherem Terrain befinden.

Ich habe mir kürzlich ein paar DAX-Prognosen für das Jahr 2009 angesehen. 19 Finanzexperten gaben ihre Vorhersage ab. Die Werte variierten zwischen 3300 und 7400 Punkten, eine ordentliche Spanne also. Der Mittelwert aller Prognosen lag bei 5239 Punkten. Am letzten Handelstag des Jahres 2009 notierte der DAX bei 5957 Punkten. Dies bedeutet, dass der obige Mittelwert um fast 14 Prozent unter dem tatsächlichen Wert lag.

Generell lässt sich sagen, dass die meisten Experten mit ihren Schätzungen unter dem wahren Wert lagen. Nur 4 von 19 Schätzungen lagen darüber. Die Experten haben also die Dynamik des Aktienmarktes signifikant unterschätzt. Fazit: die Fachleute lagen mit ihren Vorhersagen im konservativen Bereich, waren also nicht überoptimistisch. Das ist kein Wunder, zumal die Wunden der Finanzkrise des Jahres 2008 noch frisch waren. Das machte die Propheten vorsichtig.

Nur vier Prognosen lagen in einem Schwankungsbereich von +/- 5 Prozent um den wahren Wert. Das sind etwa 20 Prozent, also jede fünfte Schätzung.

Prognosen sind notwendig, sollten aber nicht überbewertet werden. Vor allem sollte nicht vergessen werden, dass sie nur in den seltensten Fällen genau mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Wenn man sich dies vor Augen hält, sieht man das ganze Vorhersagegeschäft wesentlich entspannter.

2011/07/13

Angstwährung

Das Handelsblatt vermeldet: Angstwährung Gold klettert auf Jahreshoch.

Das ist eine echte Perle der Berichterstattung. Unsere von Ängsten überbordende Zeit braucht natürlich die ihr entsprechende Währung, eine Angstwährung eben.

Früher gab es den Salonbegriff des Weltschmerzes. Dieser Begriff ist aber inzwischen mega-out, und außerdem: Weltschmerzwährung klingt doch ein wenig überspannt, nicht wahr?

So wird eben alles, was nur geht, auf Ängste projiziert, und umgekehrt. Doch mit German Angst ist das Ganze nur unzureichend erfasst. Denn German Angst gibt es inzwischen überall in Europa. Sie ist kein Unikat mehr. Und während ansonsten die Chinesen ganz groß darin sind, alles Mögliche zu kopieren, haben sie von den Angstzuständen bisher die Finger gelassen - sehr zu ihrem Vorteil ! Stattdessen breitete sich der Angstbegriff wie ein Flächenbrand auf dem europäischen Kontinent aus.

Doch zurück zu Finanziellen. Eine Währung ist ja letztlich nichts anderes als ein Tauschmittel. Wenn man irgend ein Ding, z. B. einen Computer kaufen möchte, dann gibt man dem Verkäufer den entsprechenden Geldwert in der landesüblichen Währung. Jetzt frage ich mich natürlich: Was kann ich eigentlich mit der Angstwährung bezahlen?

Wäre doch klasse: Man ersteht eine Ware im Austausch für ein bisschen Angst. So wird  man seine Ängste los und kriegt dafür (hoffentlich) etwas Sinnvolles.

2011/07/11

Arabische Wissenschaft

Es gibt kaum einen Mythos, der in unseren pc-getränkten Tagen eifriger gepflegt wird als jener der arabischen bzw. muslimischen "Wissenschaft". Dies ist umso verständlicher, als es hinsichtlich der Errungenschaften der arabischen Welt während der letzten Jahrhunderte nicht viel zu beríchten gibt. Das Fehlen irgendwelcher positiver Beiträge zur Menschheitsgeschichte wird noch dadurch verstärkt, dass die zeitgenössischen Nachrichten aus jenem Kulturkreis eben auch nicht gerade erbaulich sind: gekränkter Stolz, Minderwertigkeitsgefühle, dazu ein ausgeprägtes Bewusstsein der eigenen Überlegenheit, all das mixt sich zu einem Treibsatz, der nicht nur Gewalt und Terror heranzüchtet, sondern gleichzeitig deren wortreiche Entschuldigung. Denn schuld sind bekanntlich immer nur die Anderen.

Angesichts dieser Sachlage ist man naturgemäß froh, einen Gegenstand zu haben, der vermeintlich ganz eindeutig die großen Beiträge der arabischen Wissenschaft, wenn nicht gar deren klare Überlegenheit während des europäischen Mittelalters beweist. Denn, so lautet die kaum verhüllte Botschaft, ohne die arabische Wissenschaft hätte es die moderne europäische nie gegeben.

Nun hat es in der Tat eine Reihe arabischer Wissenschaftler gegeben, die Beiträge zu dem einen oder anderen Spezialgebiet lieferten. Es sollte jedoch nicht übersehen werden, auf wessen Schultern (um mit Isaak Newton zu sprechen) die muslimische Wissenschaft stand: es war der reiche Fundus der Griechen. Ein Beitrag, der kürzlich auf SPON veröffentlicht wurde, liefert - wenngleich unfreiwillig - einen weiteren Beweis für diese These.

Selbst die größten Gelehrten Arabiens, Avicenna und Averroes, sind ohne den Griechen Aristoteles nicht denkbar. Ihre größte Eigenleistung bestand darin, dessen umfangreiches, ja geradezu enzyklopädisches Werk zu kommentieren. Darin waren sie wirklich große Klasse. Aber Kommentieren ist nun mal etwas völlig anderes als ein ein eigenes philosophisches System zu entwickeln. Es ist richtig, dass diese Kommentare im westlichen Denken einen gewissen Einfluss entfalteten. Aber so zu tun, als wäre ohne die Vermittlung der Araber, nichts aus der abendländischen Wissenschaft geworden, ist schlicht un einfach unzutreffend. Im Gegenteil. Bis zum Jahr 1453, als Byzanz vom Osmanischen Reich eingenommen wurde, gab es einen regen wissenschaftlichen Austausch zwischen den abendländischen und den byzantinischen Gelehrten.

Immer wieder werden die Leistungen der Araber auf dem Gebiet der Mathematik hervorgehoben. Zwar ist es richtig, dass hier, insbesondere auf dem Gebiet der Algebra und der Trigonometrie, einige Fortschritte erzielt wurden. Gleichwohl wird man herausragende Figuren, wie sie das antike Griechenland kannte, vergeblich suchen. Euklid und Archimedes, die bedeutendsten Mathematiker des Altertums, hatten unter den arabischen Zunftgenossen nicht ihresgleichen. Gewiss war es auch die Komplexität des von den Griechen verwendeten Zahlensystems, die die Entwicklung einer leistungsfähigen Arithmetik und Algebra weitgehend verhinderte. Die Araber waren hier mit ihrem Zahlsystem, das seinerseits indische Wurzeln besaß, eindeutig im Vorteil.

Auch die Astronomie gilt als eine Paradedisziplin der Araber. Nun ja, über den Wüsten ist der Himmel meistens trocken. Man hat also perfekte Beobachtungsbedingungen. Und das war zweifellos eine Stärke der arabischen Astronomie. Sie stellten einen reichen Fundus von Beobachtungsdaten zusammen. Und auch hier sehen wir einen zentralen Unterschied zu ihren griechischen Vorläufern. Diese scheinen wesentlich mehr Gewicht auf die Herausbildung astronomischer Modelle gelegt zu haben. Das Sphärenmodell des Ptolemäus, das erst von Kopernikus zu Fall gebracht werden sollte, fand unter den arabischen Astronomen keinen ernsthaften Herausforderer.

Kurz gesagt, der viel beschworene Einfluss arabischer Wissenschaftler auf ihre abendländischen Nachfolger wird ganz einfach überschätzt. Und zwar aus ideologischen Gründen, wie ich meine. Gewiss mag es da und dort eine ideelle Verbindungslinie geben. Aber jene Titanen des europäischen Geistes wie Kopernikus, Kepler, Galilei, Newton etc. brauchten bestimmt keine Anleihen bei irgendwelchen muslimischen Gelehrten zu machen.

Wie stark das ideologische Vorurteil bei Verfechtern der arabischen Wissenschaft ist, wird aus folgendem Zitat klar:

Manche Orientalisten sträuben sich gegen die Annahme, dass der Elixier-Gedanke aus China stamme. Sie argumentieren, dass es keine chinesischen alchemistischen Schriften gäbe, welche ins Arabische übersetzt worden seien. Sie ignorieren die entsprechende Literatur und lassen sie bei ihren eigenen Arbeiten bewusst außer Acht. (K. Wulff, Naturwissenschaften im Kulturvergleich) 

Wenn eine Kultur wie die islamische in früheren Zeiten derart überlegen gewesen sein soll, wie das manche Leute darstellen, dann fragt man sich, wie es dazu kam, dass diese Überlegenheit verloren gegangen ist. Die Antwort darauf dürfte ziemlich eindeutig sein, wird aber von eben diesen Leuten diskret verschwiegen.

2011/07/08

Bürger Blech

Wie kommt der Staat zu seinem Geld? Es gibt im Wesentlichen zwei Wege, auf denen der Staat zu Geld kommen kann: der erste, zwangsweise, sind die Steuern. Jeder, der Einkünfte über einer bestimmten Höhe hat, ist ihnen unterworfen. Der zweite Weg ist der über Anleihen, die an Interessierte ausgegeben werden. In diesem Fall handelt es sich also um Geld auf Pump. Der Staat leiht sich Geld mit dem Versprechen, dieses nach einer bestimmten Zeit zurückzuzahlen. Dazu gibt es auch noch Zinsen für die Gläubiger.

Letzteres ist es, was uns unter der Schuldenproblematik so mediennah vor Augen geführt wird. Doch wie zahlt der Staat seine Schulden zurück? Auch hier gibt es wieder zwei Wege: Steuern oder neue Schulden. Das Machen neuer Schulden scheint nicht besonders kreativ, ist aber dennoch ein häufiger Versuch, bestehende Zahlungsverpflichtungen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Letzteres ist der Weg in eine Schuldenspirale, aus der den Staat nur eine "passende" Inflation retten kann.

Die andere Möglichkeit, den Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, ist die, (neue oder höhere) Steuern einzutreiben. Das wirkt auf den ersten Blick plausibel, hat aber auf den zweiten ein echtes Geschmäckle (wie der Schwabe zu sagen pflegt). Dies wird klar, wenn man sich in die Lage eines Anleihenbesitzers oder Gläubigers versetzt. Denn die Zinsen, die jene Anleihen generieren, werden ja bereits besteuert, senken also die erwarteten Erträge. Wenn jetzt auch noch die "normalen" Steuern erhöht werden mit dem Ziel, bestehende Schulden zurückzahlen zu können, passiert also folgendes: dem Gläubiger wird zwangsweise noch mehr Geld abgenommen, um ihm jenes Geld zurück zu geben, das er dem Staat zuvor geliehen hat. Das nenne ich Chuzpe! Ich leihe mir von jemandem Geld, nur um ihm hinterher zwangsweise anderes Geld abzuknöpfen, um ihm die Schuldentitel zurückzuzahlen. Wollen Sie unter diesen Umständen Gläubiger sein?

2011/07/03

Lob der Griechen - oder was?

Kürzlich wurde ich auf einen Artikel hingewiesen, der es in sich hat. Im Stern machte sich der Autor Andreas Hoffmann daran, das übliche Gemälde mit den bösen, weil verschwenderischen und zahlungsunfähigen Griechen einerseits und den guten, "selbstlosen" Deutschen andererseits ein bisschen umzumalen. Die Kernaussage dieses Pamphlets lässt sich in etwa so zusammenfassen: Die deutsche Empörung über die griechische Tragödie ist völlig unangebracht, denn:
Wir Deutsche sind die Krisengewinnler. Wir verdienten früher an den Griechen. Wir verdienen jetzt. Das Land ist ein Goldesel, der Euro in unsere Kassen scheißt.
Da reibt man sich zunächst mal die Augen und liest den Satz nochmals und nochmals, um nur ja sicher zu gehen, dass man keinen Druckfehler übersehen hat. Aber es steht genau so da, schwarz auf weiß. Kein Zweifel.

Nehmen wir mal an, die oben zitierte Aussage sei richtig. Dann wären ja die Deutschen (und alle anderen Zahler) blöd, wenn sie nicht schnellstens weitere Milliarden nach Athen überwiesen. Es ist geradezu, als hätte jemand das wirtschaftliche Perpetuum mobile erfunden: Schmeiß einem Pleitier noch mehr Geld hinterher, und Du wirst immer reicher! Genial ! Da würde ich auch gerne mitmachen! Herr Hoffmann, könnten Sie mir bitte die Kontonummer sagen, auf die ich überweisen soll?

Der Artikel ist gleichzeitig ein wunderbares Beispiel dafür, wie mit Zahlen und Fakten manipuliert werden kann, indem man einfach einige auslässt und dafür andere, eindrucksvollere, umso mehr hervorhebt. Da heißt es zum Beispiel:
Die Erfolgsstory startete im Jahr 2002, als der Euro eingeführt wurde. Die deutschen Unternehmen fanden mehr Abnehmer für ihre Produkte, weil der Wirtschaftsraum wuchs.
Soso, 2002 wuchs also der Wirtschaftsraum. Gab es vorher keinen Handel zwischen Deutschland und Griechenland, keine Oliven in deutschen Regalen und keine Audis auf griechischen Straßen? Zwar ist richtig, dass Deutschland der wichtigste Handelspartner für die Griechen ist, aber umgekehrt sieht die Sache schon anders aus. Nach den Daten des statistischen Bundesamtes lag Griechenland 2010 auf Rang 33 der deutschen Handelspartner, und es ist nicht anzunehmen, dass das acht Jahre zuvor wesentlich anders war. Das entsprechende Handelsvolumen lag nur geringfügig über jenem mit Luxemburg (Rang 36). Ja, mit solchen Partnern kann man sich eine goldene Nase verdienen!

Überdies scheint der Autor anzunehmen, dass sich schwankende Wechselkurse immer nur negativ auf die Gewinne auswirken. Da heißt es:
Schlagartig schwankte kein Wechselkurs mehr und schmälerte die Gewinne der Firmen.
Nun, unter uns gesagt, Wechselkurse können sich durchaus auch zu Gunsten der Unternehmensgewinne entwickeln. Aber das nur nebenbei. Und schon kommt das nächste Häppchen von Hoffmann:
Von der Einführung des Euro im Jahr 2002 bis zum Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 stiegen die deutschen Ausfuhren allein nach Griechenland um 60 Prozent.
Das mag ja zutreffen, aber Ähnliches gilt eben auch für den Handel mit anderen Ländern. Und 60 Prozent von wenig bleibt immer noch wenig. Aber es kommt noch dicker.
Die EU nimmt derzeit Darlehen für zwei Prozent Zinsen am Markt auf und verkauft sie für fünf Prozent an Griechen, Iren und Portugiesen. Das sind drei Prozentpunkte Zinsgewinn. Bei den 8,4 Milliarden Euro, die wir bislang über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) an Griechenlandanleihen verkauft haben, hat Finanzminister Wolfgang Schäuble etwa 200 Millionen Euro eingenommen, schätzt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung.
Auch diese Aussage soll nicht in Abrede gestellt werden. Allerdings lohnt sich ein Blick auf die Details. Der "Zinsgewinn" von drei Prozentpunkten kommt nicht aus purer Freigiebigkeit der Griechen, Iren und Portugiesen zustande, sondern liegt schlicht und ergreifend an ihrer Bonität, die sich aus wohlbekannten Gründen nicht mehr im internationalen Spitzenfeld bewegt. Die 200 Millionen Euro, die Finanzminister Schäuble eingenommen haben soll, nehmen sich geradezu putzig aus gegenüber dem Finanzbedarf des Landes, der sich im Bereich von mehr als 100 Milliarden Euro bewegt. Zur Erinnerung: eine Milliarde ist genau 1000 Millionen.

Und dann kommt noch eine Lobeshymne auf die "knallharten" Reformen der Griechen.
Die Griechen haben Reformen verabschiedet, an die wir Deutsche nicht im Traum denken. Im Öffentlichen Dienst sanken die Löhne im Schnitt um 15 Prozent, bei Spitzenverdienern sogar um 30. Jede fünfte Stelle bleibt unbesetzt, die Mehrwertsteuer kletterte um vier Prozentpunkte auf 23 Prozent. Seit über 60 Jahren kennen Staatsausgaben in Deutschland nur den Weg nach oben. Die Griechen dagegen senkten die Ausgaben innerhalb eines Jahres um über acht Prozent. Wären wir ähnlich mutig, müssten wir 96 Milliarden Euro in einem Jahr einsparen. Das wären etwa 40 Prozent der Personalausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden. Fast die Hälfte aller Stellen wäre futsch. Das würde sich kein hiesiger Politiker trauen. Die Griechen wagen es.
Nein, die Griechen wagen es nicht. Die Griechen MÜSSEN es tun! Natürlich steht auch bei den deutschen Staatsfinanzen nicht alles zum Besten. Aber die deutsche Volkswirtschaft ist die viertgrößte der Welt (2008) und sie ist ganz einfach wettbewerbsfähiger als die griechische. Wettbewerbsfähiger auch deshalb weil es solche "Besonderheiten" wie Prämien fürs Pünktlich-zur-Arbeit-kommen nicht gibt. Das gehört hier zu den Selbstverständlichkeiten und muss nicht extra vergütet werden. Pensionszahlungen für Tote und ähnliche Eskapaden sind dort auch eher unüblich.

Und immer wenn man meint, Hoffmann hätte bereits den Höhepunkt des Unsinns überschritten, kommt ein neuer Topscore, der alles Bisherige in den Schatten stellt:
Dass sie dennoch weiter in der Krise sitzen, liegt an den irrationalen Finanzmärkten, die um ihre Milliarden zittern. An Ratingagenturen, die Erfolge schlecht reden und die Misere verschärfen.
Da sind sie wieder, die dunklen Mächte, die nur daran interessiert sind, arme und wirtschaftlich schwache Länder schlecht zu reden und sie damit in den Abgrund zu stoßen. "Internationale Finanzmärkte" und "Ratingagenturen" sind also das eigentliche Gift, das die griechische Misere verschärft. Fast könnte man meinen, mit den Staatsfinanzen des Mittelmeerlandes sei alles in Ordnung, wären da nicht - ja genau - internationale Finanzmärkte und Ratingagenturen! Grübel, grübel.... vielleicht haben ja DIE das Zahlenwerk gefälscht und nicht die griechische Regierung, wer weiß? Denen ist ja schließlich alles zuzutrauen. So weit wollte (oder konnte) auch ein Hoffmann nicht gehen.

Übrigens, wenn ich den Griechen Geld geliehen hätte, würde ich auch darum zittern. Und ich wäre sehr daran interessiert zu wissen, wie es um meine Chancen als Gläubiger stünde. Wem ich da wohl mehr vertrauen könnte: einer Regierung, die ihre Glaubwürdigkeit erst noch unter Beweis stellen muss, oder einer Ratingagentur, die zwar auch von Interessen geleitet, aber eben nicht dem Zwang unterworfen ist, die Lage schöner zu malen, als sie ist.

Trotzdem, war nett den Stern-Artikel zu lesen. Geballter Unsinn kann manchmal sehr anregend sein, nicht wahr?

2011/07/02

Angekündigte Revolutionen....

...finden normalerweise nicht statt, wie uns in jüngster Zeit eine Reihe nordafrikanischer Staaten vor Augen führte. Was dort abläuft, wurde noch vor einem halben Jahr von niemandem, auch nicht den selbsternannten Experten, für möglich gehalten.

Es soll hier aber nicht um politische, sondern um industrielle Revolutionen gehen. Auch diese wurden in den seltensten Fällen vorhergesagt, geschweige denn lautstark angekündigt. Auch die Umwälzungen in der Informationstechnologie wurde erst dann richtig wahrgenommen, als die Welle nicht mehr zu übersehen war. Insofern hat die Ankündigung von Klimapapst Schellnhuber viel mehr mit Wunschdenken als mit einer realistischen Vorhersage zu tun. Er meint nämlich, Deutschland stehe nach den denkwürdigen Atomausstiegsbeschluss vor einer "neuen industriellen Revolution". Schaun mer mal.

Es ist aber noch etwas anderes, das beim Schellnhuber-Interview ins Auge sticht. Es sind Aussagen wie diese:
Man kann dieses Ziel immer noch erreichen. Aber dann müsste in diesem Jahrzehnt viel geschehen. Der Scheitelpunkt der Treibhausgas-Emissionen müsste weltweit bis 2020 überschritten werden. Das erscheint außerordentlich schwierig. Später könnte man das Klimasystem auch noch stabilisieren, jedoch nur mit enormen Anstrengungen.
die verräterisch wirken. Es geht dabei um (was sonst?) das Ziel, die Erderwärmung auf ein bestimmtes Maß einzugrenzen. Schellnhuber redet so, als ob es so gut wie keinen Zweifel an der Richtigkeit seiner Hypothese (von einer Theorie zu reden, wäre aus meiner Sicht etwas vermessen) gebe. Zugegeben, es kommt vor, dass ein Wissenschaftler so von den Früchten seiner Arbeit überzeugt ist, dass er sich ein anderes Ergebnis gar nicht vorzustellen vermag. Doch bei Schellnhuber ist es, man erlaube mir diese Spekulation, doch etwas mehr als nur der wissenschaftliche Enthusiasmus. Da steckt eine gehörige Portion moralistischer Überheblichkeit dahinter. Nach dem Motto: Wenn ihr nicht tut, was ich sage, wird es euch teuer zu stehen kommen.

Das ist eine versteckte Drohung, und so wirkt sie auch. Ihr habt noch ein wenig Zeit für eine Umkehr, aber ab einem bestimmten Zeitpunkt ist es zu spät und ihr seid in der Hölle. Selbstverschuldet natürlich. Was einst zum Standardrepertoire kirchlicher Würdenträger gehörte, ist inzwischen zum Wortschatz wissenschaftlicher Promis mutiert. Ich weiß, was kommt, und sage euch, was ihr tun müsst. Ihr habt die Wahl !

Während uns Schellnhuber und Co. pausenlos darauf hinweisen, wie ihrer Meinung nach das Klima im Jahr 2300 aussehen wird (bis zu sechs Grad heißer als heute), haben diese "Klimaforscher" es bislang unterlassen, stichhaltige Erklärungen für den unablässigen Wandel des Klimas in den Jahrmilliarden der Erdgeschichte zu liefern. In den Alpen, um nur ein Beispiel zu nennen, kann man wunderbar die Folgen klimatischer Veränderungen studieren: mächtige Trogtäler, von eiszeitlichen Eismassen ausgefurcht. Dazu kommen die beliebten Alpenseen, Überbleibsel jener Kaltperiode. Das Allgäu ist eine Landschaft, die deutlich sichtbar vom Wirken der Eiszeit geprägt ist. Nördlich von Berlin findet man schöne Beispiele für eiszeitliche Moränen. Dazu kommen gewaltige Granitblöcke, die von den Eismassen aus Schweden herangeschafft wurden. Ja, damals verlief die Migration (zumindest jene der Steine) noch von Norden nach Süden. Auch Nordeuropa zeigt unübersehbar Spuren dieses gewaltigen Wirkens, abgeschliffene Granitblöcke, Moränen etc.

Die letzte Eiszeit endete vor etwa 10000 Jahren. Es müssen gigantische Kräfte am Werk gewesen sein, die diese Relikte einer früheren Klimaperiode geschaffen haben. Und dennoch gab es Menschen, die damals in Europa lebten. Und überlebten.

Für den endlosen Wechsel der Klimabedingungen auf der Erde, dem Schwanken zwischen Kalt- und Warmzeiten, gibt es keine stichhaltige Erklärung. Am ehesten scheinen Schwankungen der Sonnenaktivität für das ständige Auf und Ab verantwortlich zu sein. Definitiv ausgeschlossen werden kann für diese frühen Perioden irgend eine Art menschlichen Einflusses. Dagegen spricht schon allein der geringe Anzahl der damals Lebenden.

Wenn es also unseren primitiven Vorfahren gelang, den Klima von seiner tödlichen Schaufel zu springen, warum sollte das für eine hochentwickelte Zivilisation wie die unsere nicht möglich sein? Offenbar unterschätzen manche das menschliche Anpassungsvermögen. Oder geht es eigentlich nur um die fehlende Anpassungsbereitschaft, die man zukünftigen Generationen unterstellt? Die schaffen das nicht, deshalb müssen wir alles tun, um deren Probleme bereits jetzt zu lösen!

Man stelle sich vor, irgend jemand hätte um 1800 gesagt, man möge auf den Einsatz von Dampfmaschinen verzichten. Die Menschen des 21. Jahrhunderts würden dankbar dafür sein. Sie stießen einfach zu viele Schadstoffe aus. Außerdem seien sie gefährliches Teufelszeug, weil hin und wieder eine von ihnen explodierte und Menschen in den Tod riss. Man stelle sich weiterhin vor, nach einem dieser Unglücksfälle hätte das englische Parlament einen Ausstiegsbeschluss gefasst, wonach bis 1820 alle Dampfmaschinen still zu legen seien. Bestimmt hätte das etliche weitere Opfer vermieden. Denn wo es keine Dampfmaschinen gibt, kann es auch keine von diesen verursachte Tote oder Verletzte geben, ganz zu schweigen von den Emissionen. Aber wo stünden wir heute?

Wenn man den einschlägigen Berichten glauben darf, wurde das Fahren mit der Eisenbahn in deren Frühzeit als ein höchst gefährliches Unterfangen erachtet. Schließlich sei der menschliche Körper nicht auf so hohe Geschwindigkeiten ausgelegt. Warum wurde damals bloß kein Ausstiegsbeschluss gefasst?

Für diese Versäumnisse zahlen wir heute eine hohen Preis. Wie viele Zugfahrkarten hätte ich mir erspart, wenn es keine Züge mehr gäbe?! Und welche Revolutionen hätte es statt der industriellen gegeben?