2011/11/29

Klimahorror: Deutscher Wein wird besser!

Es ist schon erstaunlich, was der Klimawandel (nur keine Skepsis, bitte!) so alles bewirkt. Laut SpiegelOnline, der bekanntermaßen zuverlässigsten Informationsquelle des deutschen Sprachraums, häufen sich in den letzten Jahren die Auszeichnungen für deutsche Weine bei internationalen Weinverkostungen.

Der Grund: das wärmere Klima der letzten Jahre. Merkwürdig: die weltweiten Temperaturen haben in den vergangenen zehn Jahren keinen Zuwachs mehr erfahren. Die deutschen Reben scheint das aber nicht zu beeindrucken. Wahrscheinlich lesen sie einfach zu viele SpiegelOnline-Artikel....

Aber es ist nicht nur die steigende Qualität der Weine, die ins Treffen geführt wird (auch Produktionsmethoden können sich verbessern, aber das hat sich wohl noch nicht bis in die Spiegel-Redaktion herumgesprochen). Nein, selbst harte Zahlen untermauern, das Argument, dass der Weinanbau, besonders in Südeuropa, immer unlukrativer wird. So gingen etwa die spanischen Anbauflächen seit 1990 um ca. 30 % zurück. Der (Spiegel-)Grund: siehe oben.

Doch halt! Hier unterschlägt uns der Spiegel etwas. Denn es ist keineswegs nur das Klima, das die Weinbauern zur Aufgabe zwingt. Erinnern Sie sich noch, wie viele australische, südafrikanische, chilenische oder kalifornische Weine es 1990 in den hiesigen Regalen gab? Und wie viele gibt es jetzt? Genau, hier liegt ein ökonomischer, und wie ich meine hauptsächlicher Grund für die Probleme europäischer Weinbauern. Die Konkurrenz aus Übersee, die im übrigen hervorragende Weine herstellt und diese erfolgreich in unseren Breiten vermarktet.

Doch zurück zum Klima-Argument des Spiegels. Weinbau wird in Europa üblicherweise zwischen dem 30. und 50. Breitengrad angebaut. Nun, Brüssel liegt auf 50 Grad nördlicher Breite. Und gute Weine gibt es dort auch. Allerdings keine belgischen, oder zumindest so gut wie keine. Laut Spiegel soll sich aber das Weinbaufenster wegen des Klimawandels um 10 Grad nach Norden verschieben. Nun, Stockholm liegt bei 59,3 Grad. Bin schon gespannt, wann der erste Stockholm-Tropfen verkostet wird.

Und auch England kann sich schon bald wieder über auf eigener Erde hergestellte Weine freuen. Wieder? Ja, denn während der mittelalterlichen Warmperiode gab es dort etliche Weinanbaugebiete. Und zwar ohne dass jemand wegen des heißen Klimas geklagt hätte.

Klima hin oder her. Es geht doch nichts über einen guten Tropfen!
Womit sich wieder einmal eine alte Weisheit bestätigt hätte:

In vino veritas! 

2011/11/24

Prioritäten

...sind im Leben etwas unerhört Wichtiges. Nicht umsonst sagt man: Das Wichtigste zuerst!

Der Stern hat ein Extra-Heft herausgegeben, das den "heiligen Schriften" gewidmet ist. 5 große Weltreligionen werden dabei genauer unter die Lupe genommen, und bereits das Titelbild lässt klare Prioritäten erkennen: während 4 der 5 Religionen nur mit kleinen Bildern bedacht werden, ist der weitaus überwiegende Teil (gefühlte 85%) nur einer einzigen vorbehalten.

Welcher? Hier werden Sie geholfen!

Eines muss man den Stern-Redakteuren lassen: Sie sind immer am Puls der Zeit. Man will ja niemanden beleidigen! Oder?

2011/11/21

Zitat des Tages

Wenn Sie innerhalb des Marktes versagen, gehen Sie bankrott und werden durch bessere Konkurrenten ersetzt. Wenn ein Staat versagt, wird die Krise so lange verschleppt, bis die Märkte sich verweigern. Die aktuelle Krise ist also primär eine Krise schlechter Politik. 
Der Philosoph Vittorio Hösle in einem Interview in The European.

Rechtliche Schritte

...will die Türkei wegen der sogenannten Döner-Morde ergreifen, schreibt die Presse. Interessanter Vorschlag, der sich ausgezeichnet in die aktuelle Aufregung um die Braune Armee Fraktion (BAF), die Deutschland seit Tagen nicht mehr zur Ruhe kommen lässt, einfügt.

Wie wär´s mit einer präventiven Kriegserklärung? Deutsche Truppen stehen gerade in Afghanistan, da sollte man die Schwäche an der Heimatfront unbedingt nutzen.

Loyalitäten - US-Bürger und Islamist

Es gab also einen neuen Terrorplot in den USA. Doch weitaus interessanter als die Tatsache, dass es überhaupt dazu kommen konnte (solche Dinge sind bekanntlich niegänzlich auszuschließen), ist die Art und Weise, wie der Fall in den Medien aufbereitet wird.

Das Handelsblatt schreibt in seiner Einleitung:
Wieder New York, wieder ein US-Staatsbürger
Dass es sich bei dem Bombenbastler um einen Islam-Konvertiten handelt, wird erst an späterer Stelle offenbart. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Wir haben verstanden: "US-Staatsbürger" sind nun einmal wesentlich gefährlicher als (moderate?) Islamisten.

2011/11/18

Desertec - ab in die Wüste!

Desertec schwirrt als Phantom durch die Energiediskussion, die nach dem Tsunami in Japan zu einem völligen Ausstieg aus der Kernkraft anno 2022 führen wird. Zumindest in Deutschland. Österreich war da - wieder einmal - um etliche Jahre voraus und verabschiedete sich bereits 1978 von der Atomenergie.

Nun ist ja nichts dagegen einzuwenden, neue Energiequellen anzuzapfen. Und Solarenergie hat, auch wenn sie deutlich teurer ist, gewiss ihre Chance verdient.

Zugegeben, auf den ersten Blick ist die Idee, die dauerbesonnte Wüste zum Stromerzeugen zu nutzen, gar nicht so schlecht. Die Sache hat allerdings einen Haken: Zwischen den Wüstenkraftwerken einerseits und den Verbrauchern andererseits liegt ein größerer Teich, der erst mal überwunden werden will. So beträgt die direkte Entfernung zwischen Tunis und Rom fast 1000 km, und man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass die benötigten Leitungen deutlich länger sein werden. Dies wird auch aus einem sehr schönen Wikipedia-Artikel klar (die Desertec-Webseite hält sich mit technischen Details interessanterweise sehr bedeckt, viel lieber wird da mit nichtssagenden Gemeinplätzen operiert).

Wenn man Strom von A nach B überträgt, kommt es zu Leitungsverlusten. Das ist physikalisch gesehen unvermeidbar. Und je länger die Leitung, umso größer die Verluste. Natürlich kann man die Verluste mit gewissen technischen Tricks eingrenzen, aber so ganz ohne geht es nicht. Die beste heute verfügbare Technologie ist die HGÜ (Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung), die zu einem Leistungsverlust von etwa 3 % pro 1000 km Leitungslänge führt.

Die Prognosen für Desertec gehen davon aus, dass ab 2050 jährlich 700 TWh an elektrischer Energie aus der Wüste nach Europa fließen werden. Gleichzeitig soll das HGÜ-Netz 3600 km lang sein. Nach Adam Ries bedeutet das, dass sich die Leitungsverluste sich auf mindestens 75 TWh belaufen.

Wieviel sind 75 TWh? Dies lässt sich am einfachsten so verdeutlichen: Isar 2 ist das deutsche Kernkraftwerk mit der höchsten Leistung und produziert im Durchschnitt 11 TWh pro Jahr. Mit anderen Worten: die erwarteten Leitungsverluste des Desertec-Projekts entsprechen der Stromproduktion von 7 (in Worten: sieben) Isar 2 Kraftwerken.

Ist es da nicht besser, die Solarpanele in Europa aufzustellen und die erzeugte Energie mit deutlich kürzeren Leitungen (und entsprechend geringeren Verlusten) an die Verbraucher zu liefern?

2011/11/15

Investor Gnadenlos

Erinnern Sie sich noch an Richter Gnadenlos? Das war der Spitzname für den ehemaligen Richter Ronald Schill,  für einige Zeit die politische Szene Hamburgs kräftig aufmischte.

Nach Richter Gnadenlos kommt jetzt Investor Gnadenlos. So liest es sich jedenfalls in der FTD:
Investoren kennen keine Gnade und bringen ein Land nach dem anderen in Schwierigkeiten.
Grausam, diese Leute. Und vor allem hat das ja überhaupt nichts mit den Schuldenexzessen irgendwelcher Regierungen zu tun. Weit gefehlt! Die Investoren sind´s die alle Länder in den Abgrund stoßen.

Erst die Spekulanten, dann die Investoren, aber niemals die Politiker! Wie war das noch mal mit den Swap-Geschäften der Stadt Linz?

Täterbeschreibung: Two men!

Ein 16-jähriges Mädchen wurde gestern in einem Park mitten in Stockholm von zwei Männern überfallen und vergewaltigt. Und zwar nicht zu mitternächtlicher Stunde, sondern gegen 8 Uhr abends. Die englischsprachige Internetzeitung The Local berichtet über das Ereignis und darüber, dass die Polizei sich an die Öffentlichkeit wendet, um zweckdienliche Hinweise zur Ergreifung der Täter zu erhalten.

Hier ist die Täterbeschreibung von The Local:

Police suspect two men were involved in the attack, which took place between 8pm and 8.30pm on Monday evening.

Ich bin sicher, dass nach diesem eindeutigen Täterprofil die Fahndung rasche Erfolge zeitigen wird. Die kommen nicht weit!

Gerade jetzt, wo ich aus dem Fenster blicke, sehe ich zwei Männer um die Ecke biegen. Die waren´s bestimmt! Ich ruf mal schnell die Polizei.

Vielen Dank jedenfalls an die Mitarbeiter von The Local für ihre "kultursensible Berichterstattung"!

Jetzt bin ich aber BAF

Na sowas! Da terrorisisiert ein Gangsterkleeblatt (ein braunes, klar, deswegen sind sie ja auch so gefährlich!) seit Jahren die Bundesrepublik, zieht eine Spur des Blutes durch die Lande, hält Volk samt Mutti in Angst und Schrecken - und keiner merkt es!

Weder Polizei noch Verfassungsschutz, noch die daueraktiven Rechtsbekämpfer von Spiegel, Stern und wie sie alle heißen, haben etwas gemerkt. Ja, was haben denn die ganzen Programme "gegen Rechts" gebracht? Ach ja, richtig - zu wenig Geld! Also lasst mal mehr Knete rüberwachsen, damit der Kampf gegen Rechts in Zukunft noch effektiver geführt werden kann.

Bestimmt war die tapfere Anti-Fa einfach nur zu sehr abgelenkt von Typen wie Sarrazin, Wilders und wie sie alle heißen. Und wer weiß, vielleicht steckten diese ja in heimtückischer Weise hinter dem Terrorplot. Wilders, Sarrazin, Broder und Co. als geistige Wegbereiter der allgegenwärtigen BAF? Wetten, dass das schon bald im Feuilleton zu lesen ist!

Da hilft nur eines: alles zensieren, die Medien (sorry, sind ohnehin schon größtenteils gleichgeschaltet) und vor allem das Internet!

2011/11/11

Armistice Day

Heute ist der 11. November. Beginn der fünften Jahreszeit für die Deutschen und Ende des 1. Weltkrieges für Engländer und Franzosen. In Belgien ist der 11.11. sogar ein staatlicher Feiertag. An diesem Tag trat also der Waffenstillstand (armistice) entlang der Westfront in Kraft.

Während in Deutschland kaum noch jemand um die Bedeutung dieses Tages weiß, lebt er in der Erinnerung der Völker westlich des Rheins weiter. Viel Zeit ist seither vergangen, und nur an manchen Flecken Flanderns wird man des einstigen Gemetzels gewahr: dort wo, wie in Ypern, die riesigen Soldatenfriedhöfe an jene erinnern, die für ihre Sache kämpften und doch das Ende dieser Sache nicht mehr erlebten.

Aber es ist nicht nur viel Zeit vergangen. Auch die Mentalitäten haben sich geändert. Wer würde heute noch monatelang im Schützengraben hocken wollen und sich mit Artillerie zuhageln lassen? Die Feindbilder, einst lebhaft und allgegenwärtig, sind verschwunden. Auch das ist Europa, abseits aller Rettungspakete und Schuldenkrisen. Wir Europäer schlagen uns nicht mehr die Köpfe ein, und das ist zweifellos eine europäische Erfolgsgeschichte. Gewiss, es liegt vieles im Argen, zu vieles. Aber darum geht es hier nicht, sondern darum, dass jene Millionen, die einst das Schlachtfeld nicht mehr lebend verließen, ein Mentekel hinterließen. Ein Menetekel, das zu einer veränderten Weichenstellung in Europa führte. Zu Wohlstand und Kooperation. Unsere Prosperität, unsere Friedenssattheit fußt gleichsam auf den Gräbern, deren Namen heute niemand mehr kennt. Und genau darum sollten wir sie nicht vergessen- auf beiden Seiten!

2011/11/10

Ich bin ein Taliban

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Thilo Sarrazin Recht hatte mit seiner These "Deutschland schafft sich ab", dann dürfte er jetzt endgültig vorliegen: der Bushido-Bambi.

Die Titelzeile stammt übrigens nicht von mir, sondern aus einem Song-Text des Rappers, der den diesjährigen "Bambi für Integration" verliehen bekommt. Mehr über die friedvolle, zart-besaitete Natur dieses Integrationskünstlers, die jedes feinfühlige Bildungsbürgerherz in freudige Erregung versetzt, findet man in einem überaus gelungen Text von Jennifer Nathalie.

Noch Fragen? Ja, eine: Ist Bushido eigentlich ein moderater Taliban?

2011/11/09

Staatliche Obhut

Kürzlich berichtete ich davon, dass ein schwedisches Gericht keine Volksverhetzung darin erkennen konnte, als ein somalischer Imam öffentlich dazu aufrief, Konvertiten zu ermorden. Bei diesen Dingen herrscht eben in Schweden eine sehr hohe Toleranzschwelle.

Wer nun meint, die Nordlichter nähmen alles so locker, der konnte sich kürzlich vom Gegenteil überzeugen, wie The Local berichtet. Da wurde in staatlich vorauseilender Fürsorge eine intakte Familie auseinander gerissen, mit unabsehbaren Folgen.

Was war geschehen? Nun, wie das oft geschieht, tollen kleine Kinder gerne in den Betten der Eltern herum. So auch in jener Familie, die zwei Töchter, drei und sechs Jahre alt, hat. Dass diese dabei, völlig unabsichtlich, auch mal sensible Körperteile (in diesem Fall des Vaters) in die Finger kriegen, ist wohl nicht ganz zu vermeiden. Die Eltern lösten das Problem, indem sie die hyperaktiven Hände einfach wieder in ungefährliche Regionen abdrängten. Es war also überhaupt nichts passiert, und somit gab es auch keinen Grund, weiter über diesen Sache nachzudenken. Ich nehme mal an, dass es Tausende solcher Fälle gibt.

Als die Mutter wenig später ihrer Schwester von dieser peinlichen Situation erzählte, nahm das Schicksal seinen Lauf. Die Schwester witterte einen Fall von Kindesmissbrauch und informierte sofort das Sozialamt (Socialstyrelsen, was eigentlich so viel heißt wie Sozialleitung, ein sehr vielsagender Name). Die Behörde waltete daraufhin ihres Amtes und nahm die Kinder sofort in Verwahrung, um weitere potentielle Missbräuche auszuschließen. Ermittlungen wegen Kindesmissbrauch wurden eingeleitet.

Selbst als die Ermittlungen keine stichhaltigen Beweise für den ursprünglichen Verdacht lieferten, wurden die Kinder den Eltern nicht zurückgegeben. Es dauerte mehr als zwei Monate, ehe die Familie wieder vereint war.

Und die Moral von der Geschicht: Sie können ruhig im öffentlichen Radio dazu aufrufen, Abtrünnige vom rechten Glauben einen Kopf kürzer zu machen, und niemand wird sie dafür belangen. Aber wehe, sie tollen mit ihren Kindern herum, dann stehen sie schon fast mit einem Bein im Gefängnis, und der Nachwuchs wandert in staatliche Obhut!

2011/11/03

Charlie Hebdo und kein Ende

Wer geglaubt hat, mit dem Brandanschlag auf das Redaktionsbüro auf Charlie Hebdo sei der jüngste Gewaltausbruch sensibler Gemüter zu seinem Höhepunkt, aber auch an sein Ende gekommen, der hat offenbar die Rechnung ohne den Wirt gemacht.

Denn inzwischen wurde die Website des Magazins charliehebdo.fr gehackt, was türkische Hacker für sich reklamieren. Der Grund: eine Publikation, die "den Glauben und moralische Werte" angreift. Na, was denn sonst!

Übrigens: In der Online-Ausgabe des österreichischen "Qualitätsmediums" Die Presse wird die aktuelle Charlie Hebdo-Geschichte mit keinem Wort erwähnt. Zugegeben, Medienmacher müssen ja nicht unbedingt solidarisch untereinander sein, oder? Und außerdem gibt es ja in Österreich eine Menge Leute, die vielleicht sogar beleidigt sein könnten. Nicht auszudenken, was dann passieren könnte! Na also, dann lieber den Kopf einziehen und - wie man auf österreichisch sagt - Goschn haltn!

2011/11/02

Wer braucht Terroristen?

Eine rhetorische Frage mit einer klaren Antwort: Niemand!

Trotzdem scheinen sie unser Denken zu beherrschen. Sicherheitsmaßnahmen hier und dort. Kürzlich fiel mir auf dem Wiener Flughafen wieder ein alter Witz von Otto aus den 1970er oder 80er Jahren ein:

Wenn ich auf den Flughäfen nicht dauernd nach Waffen abgesucht würde, hätte ich überhaupt kein Sexualleben mehr. 

Das ist natürlich extrem überspitzt, trifft aber einen wahren Kern. Jeder, aber auch wirklich jeder wird als potentieller Terrorist betrachtet, damit sich diejenigen, die tatsächlich terroristische Absichten hegen, nicht ausgegrenzt fühlen müssen. Also darf jeder an einer Behandlung teilhaben, die einem Verdächtigen vorbehalten sein sollte. Es wird so getan, als umfasse der Kreis der Verdächtigen die Gesamtheit aller Flugreisenden. Schließlich soll es ja keine Sonderbehandlung geben, sondern alle sollen der gleichen Prozedur unterworfen werden.

Wenn wir auf das vergangene Jahrzehnt zurückblicken, dann fällt auf, dass es zwar einige Terroranschläge gegeben hat, die in ihrer weitaus überwiegenden Mehrzahl auf das Konto einer bestimmten ideologischen Strömung geht, deren Namen hier nicht genannt werden soll (potentielle Volksverhetzung!). Das macht aber nichts, denn jeder weiß ohnehin, wer gemeint ist. Das ist dann sozusagen jene Maus, die die Katze der politischen Korrektheit nie zu fassen kriegt. Denn natürlich mag man den Gebrauch des einen oder anderen Wortes per Gesetz verbieten und unter Strafe stellen. Jedoch lassen sich alle Dinge auch mit anderen Namen belegen oder eben süffisant umschreiben, wodurch die gesetzgeberische Absicht wieder unterlaufen wird.

Doch zurück zu den Terroristen, zumal jene einer bestimmten ideologischen Richtung. Es gab in der Tat nicht viele Anschläge in Europa und die Zahl der Opfer hielt sich auch in Grenzen. Im gleichen Zeitraum starben wesentlich mehr Menschen etwa im Straßenverkehr. Statistisch gesehen ist das völlig unzweifelhaft. Aus der Sicht der Statistik ist es eben weitaus wahrscheinlicher, bei einem Verkehrsunfall ums Leben zu kommen, als durch einen Selbstmordattentäter. Denken Sie daran, wenn Sie nächstens wieder ins Auto steigen!

Obwohl also die objektive Wirkung terroristischer Aktivitäten vergleichsweise gering ist, ist unsere Angst vor ihnen überproportional groß. Und genau das ist es, worauf es ankommt. Es ist gar nicht entscheidend, ob sich einer oder zehn irgendwo auf einem Flughafen, in einem Zug oder sonstwo in die Luft jagen. Allein die Tatsache, dass es geschehen könnte, schränkt unseren Handlungsspielraum bereits deutlich ein.

Aus der Sicht der Terroristen ist das praktisch eine win-win-Situation: sie sparen sich den Aufwand, Anschläge zu planen und auszuführen, und andererseits versuchen maßgebliche Kräfte in Politik und Medien alles zu vermeiden, was diese potentiellen Bomben jemals aktivieren könnte. Dies entspricht dem, was ich seit vielen Jahren als eine Minimax-Strategie bezeichne: mit minimalem Aufwand das Maximum erreichen. Es bedarf also gar keiner Bomben, Sprengstoffgürtel etc., um die gewünschte Wirkung zu erzielen: Angst, "Respekt" oder das, was von gewissen Leuten dafür gehalten wird, und eine entgegenkommende Haltung.

Als Mao Zedong sich anschickte, die Machthaber Chinas aus ihren Palästen zu entfernen, um seine eigenen Rechtsvorstellungen umsetzen zu können, musste er in einem langjährigen Guerillakrieg noch Hunderttausende eigener Soldaten opfern, ehe er am Ziel war. Heute braucht es keine gut trainierte, kampffähige und vor allem zahlreiche Untergrundarmee mehr, um irgendwann einmal Einfluss auf politische Entscheidungen zu gewinnen. Es genügt vielmehr eine latente Drohung mit isolierten Aktionen, um bereits weitreichende Wirkungen zu entfalten. Und vor allem, je öfter dieses Spielchen funktioniert, umso erfolgreicher wird es. Entscheidend ist nur, den nötigen moralischen Druck aufrechtzuerhalten. Alles andere ergibt sich dann quasi von selbst.

Die Funktionalität der Terroristen ist also wesentlich virtuell. Und ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass diese Strategie noch wesentlich erfolgreicher ist, als eine endlose Reihe von Terroranschlägen. Denn würde es tatsächlich zu ständigen Attacken kommen, dann könnte die Stimmung im Volk schnell umkippen. Das wiederum könnte die langfristigen Ziele nicht nur der Terroristen, sondern auch jener Leute, die ihnen nahe stehen und vielleicht sogar wichtige Funktionen ausüben, empfindlich beeinträchtigen. Insofern ist die virtuelle Drohung einfach effektiver.