2010/11/18

Vom Geist der Wissenschaft

Spiegel-Online berichtet von einer pikanten Wissenschaftssatire. Da wurden die Aussagen eines Forschers kurzerhand in entscheidenden Aussagen umformuliert, weil sie diametral zu denen des Institutsleiters standen. Die Folge: eine weichgespülte Neufassung, die auch für den Chef genießbar ist.

Solche Dinge soll es geben in der Wissenschaft: Wer nicht auf der Linie des Vorgesetzten ist, der muss entweder einknicken oder seinen Hut nehmen. Nun Wissenschaftler sind auch nur Menschen, könnte man sagen. Aber in diesem Fall (und leider nicht nur in diesem) kommt noch ein weiteres Element hinzu: Wissenschaftler, die medial quasi omnipräsent sind, wie dies bei Ökonomen, aber auch bei Klimaforschern der Fall ist, sind besonders sensibel, wenn ihre eigene Position in Zweifel gezogen wird. Dies ist verständlich, da ja in diesem Fall das Publikum weit über das Fachkollegium hinausgeht. Man blamiert sich nicht nur hinter verschlossenen Türen, sondern gleichsam vor der breiten Öffentlichkeit, was insbesondere dem mitunter eitlen Wissenschaftlergemüt gar nicht gut tut.

Denn der Forscher hat in den Augen des Volkes, das ja zu einem großen Teil aus sogenannten bildungsfernen Schichten besteht, nur ein wesentliches Kapital: seine Intelligenz. Macht ihm die jemand streitig, und sei es auch nur in einer kleinen, unbedeutenden Frage, dann steht er quasi ohne irgend etwas da. Insofern sind Wissenschaftler nicht zu beneiden. Andere Berufsgruppen haben derartige Probleme nicht. Nehmen wir als Beispiel Millionäre oder noch reichere Menschen. Stellen wir uns vor, jemand machte Donald Trump seine Milliarden streitig, indem er behauptet, er besitze diese gar nicht. Darüber könnte Donald wahrscheinlich nur milde lächeln.

Doch zurück auf die dürren Felder der Wissenschaft. Abgesehen von der beinahe allgegenwärtigen medialen Beobachtung kommt bei den genannten Berufsgruppen noch ein weiterer Faktor ins Spiel: die Politik. Denn sowohl Ökonomen als auch Klimaforscher verfügen über eine gehörige Portion an politischem Einfluss. Und wenn man so im Windschatten der Entscheidungsträger steht, dann ist eine intellektuell saubere Weste natürlich unabdingbar. Welcher Politiker will sich schon von jemandem etwas sagen lassen, der sich von seinem Untergebenen korrigieren lassen muss.

Nun ja, die Wissenschaft ist das Gebiet der ideellen Auseinandersetzung. Und sachlicher und fachlicher Streit sind dort nicht nur erwünscht, sonder sogar lebenswichtig. Wenn die Wissenschaft allerdings zu sehr in das Fahrwasser der Politik gerät, bekommt ihr das gar nicht gut. Zu groß ist das Risiko, dass andere Interessen die wissenschaftlichen Aspekte überlagern. Und diese anderen Interessen können dann ausschlaggebend sein für die Entscheidung einer bestimmten Frage. Zum Schaden für die Wissenschaft.

No comments:

Post a Comment