2011/08/26

Menschenrechte in Libyen

Amnesty International weiß zu berichten, dass in Libyen sowohl das in Auflösung befindliche Regime als auch  die Rebellen massiv Menschenrechte verletzen, indem Gefangene gefoltert würden und ähnliches.

Da reibt man sich verdutzt die Augen.

Libyen, das noch bis zum 1. März 2011 im UN-Menschenrechtsrat vertreten war (und es wohl ohne den Vormarsch der Rebellen immer noch wäre), das von mächtigen Staatenlenkern wie Silvio Berlusconi und Bruno Kreisky aber auch von weniger wichtigen, sich dafür aber umso wichtiger nehmenden Weltverbesserern wie Jean Ziegler katzbuckelig hofiert wurde - dieses Libyen soll Menschenrechte verletzt haben? - Unglaublich! Und wir dachten immer, es wäre eine Oase der Brüderlichkeit zwischen Öl und Wüstensand.

Und die Rebellen sind, so scheint es, auch nicht wirklich besser. Wer hätte das gedacht! Auf den Fernsehbildern sehen sie immer aus wie eine Bande von Straßenräubern mit ihren Kalaschnikows, die sie dann auch mal ganz zwanglos Kindern zum Ausprobieren überlassen. Sieht doch ganz putzig aus, oder? Wer würde solchen Leuten auch nur das Krümmen eines Fliegenhaars zutrauen?

Merkwürdig. Dass der nordafrikanische Wüstenstaat bislang eine knallharte Diktatur war, scheint sich in den chattering classes des Westens nur langsam herumzusprechen. Aber glücklicherweise dauerte der Umbruch ein paar Monate. So hatte man Zeit, in aller Ruhe die Seiten zu wechseln. Es war eben der "Arabische Frühling" angesagt. Und wenn Frühlingsgefühle herrschen, ist das Blickfeld mitunter ein bisschen eingeschränkt. Ist doch verständlich. Oder?






2011/08/24

Alles Nazis

Haben wir uns doch schon immer gedacht, dass Schweden ein Hort der Nazis ist.

Gemeint sind natürlich nicht jene Nazisympathisanten mit nahöstlichem Migrationshintergrund, die bei gewaltsamen antisemitischen Demonstrationen schon mal lautstark bekunden, dass sie am liebsten dort weitermachen würden, wo ein anderer Obernazi vor knapp 70 Jahren aufhören musste. Von denen geht ja bekanntlich überhaupt keine Gefahr aus. Außerdem würde man sich sofort und reflexartig dem Vorwurf des Rassismus aussetzen, wagte man es, diese kulturbereichernden Elemente zu kritisieren.

Gemeint sind vielmehr jene, die eben nicht dafür bekannt sind, dass sie Kritik mit offener Gewalt beantworten. Kürzlich war wieder einmal die schwedische Königin Silvia (Jahrgang 1943) an der Reihe. Oder vielmehr ging es nicht um sie, sonder um ihren Vater und dessen Nazivergangenheit. Aber der Vater lebt schon lange nicht mehr, und deswegen geht es irgendwie ja doch um sie. Denn egal wie oft in seiner persönlichen Vita herumgeschnüffelt wird, er wird deswegen nicht öfter im Grab rotieren. Ganz offensichtlich geht es den schwedischen Medienleuten darum, einer Person, die am Ende des Zweiten Weltkrieges keine zwei Jahre alt war, am Zeug zu flicken.

Es versteht sich von selbst, dass sich für derlei Ambitionen vor allem jener Personenkreis eignet, der mit einem gewissen Bekanntheitsgrad gesegnet ist. Denn würde sich morgen herausstellen, dass Ole Gustavssons Vater ein Mitglied der schwedischen Nazibewegung SSS (Svensk Socialistisk Samling) war, so würde das sprichwörtlich keine Sau interessieren, da Ole als Lkw-Fahrer einfach viel zu wenig bekannt im Lande ist.

Ganz anders verhält es sich jedoch, sobald das Zielobjekt auf den Namen Ingvar Kamprad hört und als Lebenswerk die Schaffung der weltweit größten Möbelhauskette vorzuweisen hat. Da lohnt es sich doch, ein bisschen tiefer zu schürfen. Nun, dass Kamprad in jungen Jahren eine Schwäche für nazistisches Gedankengut hatte, ist inzwischen ein alter Hut. Nach neuesten "Erkenntnissen" jedoch war er nicht nur ein passives Mitglied, sondern sogar aktiv in der Bewegung.  Worin genau seine "Aktivität" im reifen Alter von 17 Jahren bestanden hat, wird indes nicht so klar. Die Rede ist davon, dass er neue Mitglieder rekrutiert haben soll. Und sonst? Ja richtig, er hatte auch persönlichen Kontakt zum Führer der SSS, Per Engdahl, und war sogar auf dessen Hochzeit.

Außerdem hat der schwedische Geheimdienst in jenen Jahren ein Auge auf ihn geworfen. Es wird zwar nicht ganz klar, was in den Geheimdienstakten über ihn steht, aber für einen medialen Aufreger reicht es allemal.

Fassen wir zusammen: Ingvar Kamprad war nach neuesten Recherchen "aktiver" in der schwedischen Nazibewegung als bisher angenommen. Nachdem wir aber nicht wissen, wie hoch sein "Aktivitätsgrad" vor den Erkenntnissen der schwedischen TV-Journalistin Elisabeth Åsbrink war, ist es für den Außenstehenden schwer, wenn nicht unmöglich zwischen mehr oder weniger aktiv zu unterscheiden. Derartige Nebulösitäten verwirren mehr als zu erhellen und hinterlassen bei genauerer Betrachtung einen schalen Nachgeschmack.

Eines scheint jedenfalls sicher. Kamprad war nicht Mitglied der Waffen-SS. Hierin unterscheidet er sich deutlich von anderen Berühmtheiten wie dem ein Jahr jüngeren Günter Grass, dessen einschlägige Verwicklungen längere Zeit völlig unbekannt geblieben waren. Doch während man bei Leuten wie Grass, der später in der SPD aktiv war, gerne von Jugendsünden sprach, gelte dies, so die Autorin, bei Kamprad ausdrücklich nicht. Eine stichhaltige Begründung für diese Ansicht bleibt die Autorin indes schuldig.

Es ist diese Art im Trüben zu fischen, die die ganze Geschichte etwas anrüchig macht. Anstatt überzeugender Fakten werden vage Vermutungen, die aber mit großer Überzeugung, vorgetragen. Will die TV-Journalistin nur ein bisschen Werbung für ihr neuestes Buch über den IKEA-Gründer machen? Oder geht es vielmehr nur darum, wieder einmal die altbewährte Nazikeule auszupacken?

Kürzlich befasste sich ein Blogeintrag mit der Macht der Medien, die anscheinend bereits der politischen Klasse schwer zu schaffen mache. Könnte es sein, dass sich faktisch dünn untermauerte Artikel wie jener über den schwedischen Unternehmer sehr gut in diese Sichtweise einfügen? Moralisieren als Dauertherapie, während man bei den wahren Problemen dezent weg sieht.

Die schwedischen Medien sind - genauso wie ihre europäischen Pendants - ziemlich linkslastig. Da kann es dann schon vorkommen, dass man gewisse Dinge einfach "übersieht". Wie zum Beispiel jenes 1935 unter einer sozialdemokratischen Regierung verabschiedete Eugenik-Gesetz, das die Sterilisation "geistig zurückgebliebener" Menschen vorsah. Dieses Gesetz wurde 1941 auf andere Personengruppen wie psychisch Kranke etc. ausgeweitet. Einer der geistigen Väter dieser Gesetzgebung war der sozialdemokratische Ökonom und spätere Nobelpreisträger Gunnar Myrdal. Das Sterilisationsprogramm dauerte immerhin noch bis 1976 und betraf fast 63 000 Menschen.

Es ist schon bezeichnend, wenn eine politische Gruppierung wie die SSS, die niemals eine eine größere gesellschaftliche Relevanz besaß, so viel mehr mediale Aufmerksamkeit erfährt als die offizielle Regierungspolitik jener Jahre, die man in einigen Punkten nur als Menschen verachtend bezeichnen kann. Dass derartiges Zufall ist, glaube, wer will.












2011/08/22

Inflation und Skalierung

Inflation ist ein ökonomischer Begriff, der in jüngster Zeit häufig durch die Medien geistert. Stark vereinfacht und etwas sinnverzerrend könnte man sie als das Ansteigen der Preise für Waren aller Art bezeichnen. Otto Normalverbraucher sagt: "Alles wird teurer, und das nennt man dann Inflation".

Daran ist soviel richtig, als dass tatsächlich auf den Preisschildern von Tankstellen immer höhere Zahlen aufleuchten. Doch das ist natürlich nur die halbe Miete. Die andere Seite der Medaille ist die, dass über kurz oder lang auch die Zahlen auf Ottos Einnahmenseite höhere Werte annehmen.

Doch wie funktioniert das Ganze? Liegt es nur an der Raffgier der Großkonzerne, die unverschämter Weise die Preise erhöhen, und uns damit immer ärmer machen wollen? Oder gibt es andere Mechanismen, die den "Wert des Geldes" in die eine oder andere Richtung beeinflussen können?

Wir wollen uns das an einem einfachen Modell ansehen, das die wesentlichen Strukturen beleuchtet. Stellen wir uns eine simple Wirtschaft vor, in der die Menschen nur von Brot und Wein leben. Sowohl Wein als auch Brot müssen produziert werden und generieren damit einen Wirtschaftskreislauf.

Stellen wir uns weiter vor, dass die Bevölkerung unserer Modellwirtschaft stagniert und somit der tägliche Bedarf an Brot und Wein immer derselbe bleibt. Nehmen wir an, jeden Tag werden 1000 Brote gebacken und 1000 Liter Wein abgefüllt.

Wenn die Weinbauern Hunger haben, werden sie zum Bäcker gehen und ihm eine bestimmte Menge Wein für einen Laib Brot anbieten. Bei einem bestimmten Tauschwert (sagen wir_ ein Brot für einen Liter Wein) kommt das Geschäft zustande. Genau umgekehrt verhält es sich mit den durstigen Bäckern.

Nach einiger Zeit sinnen die Bürger unserer Modellwirtschaft auf eine Vereinfachung ihres Warenaustausches. Es ist schlichtweg zu umständlich, wenn man zum Broteinkauf ständig ein paar Flaschen Wein mitschleppen muss. Und so einigen sich die Leute darauf, eine Geldwährung einzuführen, die den Namen Teuro führen soll. Laut Beschluss der Bürgerversammlung sollen genau 2000 Teuro in Umlauf gebracht werden. Damit ist sichergestellt, dass jeder der gleichwertigen Gütereinheiten (1000 Liter Wein und 1000 Laibe Brot) genau ein Teuro entspricht. Der Weinbauer steckt also einen Teuro in die Hosentasche, wenn er zum Bäcker geht und einen Laib Brot kaufen will. Umgekehrt kostet ein Liter Wein ebenfalls genau einen Teuro.

Die Menge des Geldes wird also im Verhältnis 1:1 auf die Menge der Güter "abgebildet", wie man im mathematischen Jargon sagt. Diese Zuordnung "Geld gegen Güter" ist rein willkürlich und a priori nicht an irgend welche materiellen Werte geknüpft. Die Größe der Abbildung hängt einzig und allein von der Anzahl der verfügbaren Geldeinheiten und von der Anzahl der handelbaren Güter ab.

Angenommen, die Bürger hätten beschlossen, 20 000 Teuro in Umlauf zu setzen. Dann wäre der entsprechende Preis für einen Liter Wein bzw. einen Laib Brot eben 10 Teuro. Keinesfalls bedeutet das aber, dass Wein oder Brot jetzt teurer wären als im erstgenannten Fall. Wir verwenden lediglich eine andere Skala. Auf den faktischen Wert der Güter hat die Wahl der Skala keinen Einfluss. Denn nach wie vor entspricht der "Wert" von einem Liter Wein dem eines Brotlaibes. Das ist es, was man mit dem Begriff "Skalierung" bezeichnet.

Man kann sich die Skalierung an folgendem Beispiel verdeutlichen. Die Entfernung zwischen München und Hamburg beträgt rund 800 km. Das entspricht knapp 500 englischen Meilen oder etwas mehr als 100 preußischen Meilen. Kilometer, englische und preußische Meilen: Die Zahlenwerte für diese Längeneinheiten sind höchst unterschiedlich, an der faktischen Entfernung zwischen den beiden Städten ändern sie jedoch überhaupt nichts.

Genauso wie die Wahl eines Längenmaßes ist die Wahl einer Geldeinheit willkürlich und sagt zunächst nichts über den "wahren Wert" des Geldes aus. Erst durch die Zuordnung zwischen Geld und Gütereinheit entsteht entsteht für uns der Eindruck des "Wertes". Doch dieses Denken ist verhängnisvoll, weil es uns des öfteren in die Irre führt.

Beispiel gefällig? Bestimmt haben Sie im Fernsehen schon oft von armen Ländern gehört, wo die Menschen nicht mehr als einen Dollar pro Tag verdienen. Das ist natürlich schockierend wenig, aber im Grunde genommen vermag uns diese nackte Zahl nichts darüber zu sagen, wie es um die Lebensverhältnisse dieser Menschen tatsächlich bestellt ist. In diesem Zusammenhang ist es unabdingbar, etwas über das entsprechende Preisniveau zu sagen. Schließlich gehen diese Leute ja nicht bei uns in Mitteleuropa einkaufen, sondern in ihren Ländern. Man müsste also fairerweise dazu sagen, was beispielsweise ein Laib Brot kostet, wie hoch die Mieten sind etc. Mit anderen Worten: Wir wollen etwas über die Kaufkraft der Tagelöhner vor Ort erfahren und eben nicht über deren Kaufkraft in Deutschland.

Zusammenfassend stellen wir fest: Wenn sich die Geldmenge in einer Volkswirtschaft erhöht, dann werden den vorhandenen Gütern einfach höhere "Geldwerte" zugeordnet. Dies drückt sich wiederum in höheren Preisen aus und nennt sich dann Inflation. Aus der Sicht der Güter bedeutet das: Für den Erwerb eines bestimmten Gutes, z. B. eines Autos, muss heute eine größere Anzahl von Geldscheinen auf den Tisch gelegt werden als zu einem früheren Zeitpunkt. Das Auto ist "teurer" geworden. Aus der Sicht des Geldes sieht die Sache so aus: Für eine Geldeinheit (einen Teuro) bekommt man weniger "Warenwert" als früher.





2011/08/19

Grüne Bettlektüre

Aus dem Bezirkswahlprogramm 2011 der Grünen für Friedrichshain-Kreuzberg:
Auch Sondermerkmale bei Nachmodernisierung wie Parkettböden oder Vollverkachelung von Bädern können verhindert werden, allerdings unterliegen viele dieser Maßnahmen keiner Meldepflicht. Hier sind die BewohnerInnen aufgerufen, dem Bezirk entsprechende Vorhaben zu melden. 
Abgesehen von der Blockwartmentalität, die sich hinter solchen Sätzen verbirgt und auf die Götz Aly zu Recht hingewiesen hat, erstaunt vor allem das Faktum, dass nunmehr der Einbau von Parkettböden oder die qualitative Aufwertung von Badezimmern zu (beinahe) meldepflichtigen Vergehen mutierten. Was ist eigentlich der Judaslohn für so eine Meldung? Man möchte doch schließlich etwas davon haben, wenn man seinen Nachbarn anzeigt, nicht wahr? Leider schweigt sich das Wahlprogramm dazu aus. Stümperhaft!

Doch halt! Das wäre wohl allzu kapitalistisch gedacht und selbstredend entgegen dem Geist des grünen Wahlmanifests. Verraten, pardon: gemeldet, wird natürlich nur gegen gutes Gewissen. Wir wollen doch kein Kapital daraus schlagen, dass ein Anderer sein Eigentum verbessert.

Nächstes Zitat:
Für Milieuschutzgebiete verlangen wir die Einführung gebietstypischer Mieten, bei denen die ansässige Bevölkerung Maßstab ist.
Heißt das, dass in Zukunft die Mieter bestimmen, wie hoch die Miete zu sein hat? Hier scheint sich ein wahres Mieterparadies anzukündigen. Einfach toll ! So wird das Geschehen am Wohnungsmarkt völlig neu definiert. Aber eines ist durch eine derartige Politik zugegebener Maßen sichergestellt: Die sogenannten Milieuschutzgebiete bleiben erhalten. Ich liebe diesen Ausdruck, klingt irgendwie nach Naturschutzgebiet. Möglicherweise geht es ja hierbei um den Schutz einer bedrohten Art, die vor dem Aussterben gerettet werden muss. Wer weiß?

Konkret geht es wohl darum, dass - überspitzt formuliert - Leute, die bereits jetzt in einem Drecksloch wohnen, künftig so geschützt werden sollen, dass dieses Drecksloch auch weiterhin unverändert schäbig bleibt und sich nur ja nichts zum Besseren wendet. So erfüllen die Milieuschutzgebiete ihren Zweck.

Aber warum das Ganze? Hier der Hintergrund:
Die Verdrängung von Zahlungsschwachen durch höhere Einkommensgruppen (Gentrifizierung) ist keine akzeptable Entwicklung. 
Im Klartext bedeutet das: eine Gegend, die herunter gekommen ist, soll auch in Zukunft herunter gekommen bleiben. Nur nix ändern! Und schon gar nicht zum Besseren. Es gibt in Europa tausende Beispiele für Stadtteile, die einmal in voller Blüte standen und irgendwann im Lauf der Zeit einen markanten Abstieg erlebten. Und zwar in der Weise, dass sich nur eine bestimmte Klientel dort ansiedelte, was für die ursprünglich ansässige Bevölkerung schwerwiegende Konsequenzen hatte (bis hin zum faktischen Wertverlust der eigenen Wohnung). Mir ist nicht bekannt, dass sich irgend ein Wahlprogramm der Grünen jemals mit dieser Problematik auseinander gesetzt hätte. Wenn es jedoch darum geht, ein abgewirtschaftetes Viertel wieder mit neuem Leben zu erfüllen, dann regt sich der grüne Widerstand.

Noch eine Kostprobe:
Zur Demokratie gehört außerdem Entscheidungen zu ändern, wenn sich deren Grundlagen verändert haben.
Dieser Satz hat es in sich und bedeutet in letzter Konsequenz das Ende jeder Planungssicherheit. Ja mehr noch, das Ende jeder Rechtssicherheit. Denn wenn in Japan die Erde bebt, ändern sich bekanntlich in Deutschland die "Grundlagen" und demokratische Entscheidungen, die bereits unter Dach und Fach waren, werden einfach - schwupp-di-wupp - revidiert. Auch in Stuttgart haben sich erwiesener Maßen die "Grundlagen" geändert, als ein gewalttätiger Mob den Juchtenkäfer als schützenswerte Spezies entdeckte und somit die Früchte eines jahrzehntelangen demokratischen Entscheidungsprozesses einfach so zur Makulatur erklärte.

Wir sind schon gespannt, welche weiteren Änderungen von Grundlagen wir in Zukunft erwarten dürfen. Es werden jedenfalls spannende Zeiten.



2011/08/16

Äpfel und Birnen gemischt

...ergeben noch lange keine verdauliche Kost.

Zugegeben, es ist August, die klassische Sauregurkenzeit, wo man für jede Schlagzeile dankbar ist, weil es ja sonst nicht viel zu berichten gibt. Die Politiker sind im Urlaub, die meisten Medienleute auch. Und in den Redaktionsstuben sitzen scheinbar nur noch Praktikanten.

So ist wohl die Kraut-und-Rüben-Meldung des Handelsblattes über die schlimmste Havarie in der Nordsee seit 11 Jahren zu verstehen. (In einer früheren Ausgabe war von "Ölkatastrophe" die Rede). Was für eine Meldung! Und was für ein Superlativ!

Doch sehen wir uns das journalistische Meisterwerk etwas mehr im Detail an. Es ist als hätte der Autor einfach alles sofort in die Tastatur geklopft, was ihm während des Schreibens durch den Kopf jagte. Ungefiltert, ohne logischen Aufbau. Ein journalistischer Flickenteppich.

Gleich zu Beginn heißt es, aus der Ölplattform Gannet Alpha sei viel mehr Öl ins Meer geflossen "als bisher angenommen"

Und bereits im ersten Absatz beginnt es spannend zu werden. Royal Durch Shell sprach am Montag von 215 Tonnen Öl, die ins Meer geflossen seien. Am Ende desselben Absatzes wird auf das britische Energie- und Klimaministerium verwiesen, wo man - in sicherer Entfernung - die ausgelaufene Menge auf "einige hundert Tonnen Öl" schätzt. Da fragt man sich natürlich, wer die Lage besser einzuschätzen weiß: der Betreiber der Plattform (also Shell) oder die Ministerialmitarbeiter in ihren Londoner Amtsstuben. Die unterschiedlichen Angaben von "215 Tonnen" und "einigen hundert Tonnen" lassen auf ebenso unterschiedliche Kenntnisstände schließen.

Der zweite Absatz der Meldung bietet einen gemischten Salat vom Feinsten. Zitat:
Nach Angaben der britischen Behörden handelt es sich um den größten Störfall dieser Art seit mehr als einem Jahrzehnt: Im Jahr 2000 waren 500 Tonnen in die Nordsee geströmt. Im Jahr 2009 beispielsweise habe die komplette Menge Öl, die in die Nordsee geflossen sei, bei 50,93 Tonnen gelegen. Das Leck zwischen der Ölplattform „Gannet Alpha“ und einer Leitung war am vergangenen Mittwoch entdeckt worden.
Hier also die Zutaten:

- größter Störfall seit mehr als einem Jahrzehnt
- 500 Tonnen Öl in der Nordsee im Jahr 2000
- 50,93 Tonnen (welche Präzision!) im Jahr 2009
- das Leck wurde am Mittwoch letzter Woche entdeckt

Warum wird gerade auf das Jahr 2009 verwiesen? Wie sah es in den Jahren 2001 bis 2008 aus? Gab es da keine Öllecks? Was hat das Ganze damit zu tun, dass das Leck vergangenen Mittwoch entdeckt wurde?

Ein paar Absätze weiter wird ein interessanter Vergleich gezogen: Die Havarie der BP-Ölplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko, die sich am 20. April 2010 ereignete, hätte das Austreten von 5 Mio. Barrel zur Folge gehabt. Die Dimension des Shell-Unglücks beträgt nach gegenwärtigen Angaben etwa 1300 Barrel. Allerdings muss man sich die unterschiedliche zeitliche Dimension der beiden Fälle vor Augen halten. Bei BP dauerte es fast drei Monate, bis die Lage unter Kontrolle war, bei Shell ist es bislang weniger als eine Woche. Aber das verschweigt der Handelsblatt-Schreiber dezent.

Zu guter letzt muss natürlich das Sündenregister des Shell-Konzerns aufgeführt werden. Wahrscheinlich um die Dramatik zu steigern.
Der Mineralölkonzern hatte auch um das Jahr 1995 herum massive Kritik auf sich gezogen mit dem Plan, die ausrangierte Ölplattform „Brent Spar“ im Nordatlantik 2000 Meter tief zu versenken. Umweltschützer hatten den 15.000 Tonnen schweren und fast 140 Meter hohen Stahlkoloss vor den Shetland-Inseln besetzt. Der Konzern gab dem Druck schließlich nach und ließ „Brent Spar“ an Land zerlegen.
Der Praktikant (?) beim Handelsblatt ist wahrscheínlich zu jung, um ermessen zu können, was damals abging. Vielleicht war er ja auch einfach nur zu faul, um nach dem Eintrag Brent Spar zu googlen.  Dann hätte der Schreiberling nämlich erfahren, dass es sich bei der Brent Spar nicht um eine Ölplattform handelte, sondern um einen schwimmenden Öltank. Aber das nur als lästiges Detail am Rande.

Wie dem auch sei. Es schadet nicht, sich die damaligen Ereignisse kurz in Erinnerung zu rufen. Der Ölgigant Shell wollte seinen ausgedienten Hochseeöltank im Meer westlich von Irland versenken. Das war der Auslöser für die wohl größte Propagandashow, die jemals von Greenpeace abgezogen wurde. Dazu war scheinbar jedes Mittel recht. So behauptete die Umweltorganisation, an Bord der Brent Spar befänden sich nicht weniger als 5500 Tonnen giftiger Ölrückstände. Eine später durchgeführte Studie durch die unabhängige norwegische DNV (Det Norske Veritas) ergab eine Rückstandsmenge von maximal 100 Tonnen, was den von Shell gemachten Angaben entsprach. Greenpeace hat also, vermutlich um des propagandistischen Effekts wegen, die Gefahr um mehr als das 50-fache übertrieben. Alles in allem wäre der Umweltschaden bei einer Versenkung minimal gewesen, im Gegensatz zu dem von Greenpeace beschworenen Katastrophenszenario.

Kurz gesagt: Die Brent Spar-Geschichte eignet sich eben NICHT als Beleg für das umweltschädigende Verhalten der Royal Dutch Shell. Merkwürdig nur, dass sich die Greenpeace-Lügen bis heute in den Köpfen der Menschen gehalten haben. Lügen haben offenbar doch längere Beine, als man denkt.

Doch zurück zum Handelsblatt-Artikel. Man erinnert sich an den Beginn, wo es hieß, es sei viel mehr Öl ins Meer geflossen "als bisher angenommen." Allzu gerne hätte man in diesem Zusammenhang gewusst, wie hoch denn die Menge war, die man "bisher angenommen" hatte. Die Antwort darauf bleibt allerdings im Dunkeln. So kann man ungehemmt seiner Phantasie freien Lauf lassen. Eines ist immerhin sicher: Es ist alles schlimmer als "bisher angenommen".

Wie sagte schon Johann Nestroy vor mehr als 150 Jahren:

Die Welt steht auf kein´ Fall mehr lang. 





2011/08/14

Mit Oliven aus der Krise

Zugegeben, kürzlich war ich recht kritisch gegenüber der Art und Weise, wie Griechenland mit seiner selbstverschuldeten Schuldenkrise umgeht. Und vielleicht mag der eine oder (gender-gerecht) die andere gedacht haben, es ginge mir nur darum, die Griechen schlecht zu reden. Doch dabei kann es sich naturgemäß nur um ein "Missverständnis" handeln, wie man sich in solchen Fällen, wo es eigentlich nichts misszuverstehen gibt, üblicher Weise auszudrücken pflegt.

Ich habe mir deshalb Gedanken darüber gemacht, wie Griechenland sich in echter Münchhausenmanier selbst aus dem Schuldensumpf herausziehen könnte, ohne dass die Steuerzahler anderer Länder von ihren Politikern zum Narren gehalten werden müssten (z. B. mit phantasievollen Renditeversprechen).

Die Grundüberlegung besteht darin, herauszufinden, worin die wirtschaftlichen Stärken der Ostmittelmeeranrainer bestehen. Nun Autos griechischer Hersteller sind relativ selten auf Europas Straßen zu sehen, und in meinem Arzneimittelschrank finden sich keinerlei Pillen aus griechischer Produktion. Was mir allerdings spontan einfällt, sind die berühmten Oliven.

Analysieren wir also den griechischen Patienten aus der Olivenperspektive. Natürlich muss mein im Folgenden entwickeltes Modell da und dort gewisse Vereinfachungen aufweisen. Im Großen und Ganzen sind meine Überlegungen jedoch auf solider Mathematik und ebenso soliden Fakten aufgebaut.

Die Frage, wie wir uns stellen, lautet folgendermaßen: Könnte Griechenland allein durch Steigerung der Olivenproduktion seinen Schuldenberg abbauen? Und wenn ja, welche Maßnahmen wären dazu erforderlich? Insbesondere: wie sehr müsste die Produktion ausgeweitet werden?

Das griechische BIP betrug 2009 etwa 237,5 Mrd. Euro. Davon entfielen 3,4 % auf Land- und Fischereiwirtschaft. Nehmen wir also an, dass 2% des BIP allein auf den Agrarbereich, und dieser wiederum vollständig auf den Olivenanbau entfielen. Das bedeutet, dass die Olivenwirtschaft geschätzte 5 Mrd. EUR im Jahr umsetzt.

Wir fragen uns als nächstes, wie viele Olivenbäume es überhaupt in der Wiege Europas gibt. Nun denn, die Rechnung ist einfach. Ein durchschnittlicher Olivenbaum liefert einen jährlichen Ertrag von ca. 20 kg. Für den europäischen Verbraucher liegt der Kilopreis bei etwa 25 EUR. Wir nehmen an, dass etwa 10 EUR pro kg beim Erzeuger bleiben. Der Rest sind Steuern, bzw. geht an die Zwischenhändler. Mithin liefert jeder Olivenbaum einen mittleren Ertrag von 200 EUR pro Jahr. Aus dieser Zahl und dem oben abgeschätzten Umsatz lässt sich somit die Anzahl griechischer Olivenbäume zu etwa 25 Mio. berechnen.

Nun welche Fläche nehmen diese Bäume insgesamt ein? Nehmen wir an, jeder Baum beanspruche ca. 2 x 2 m, also 4 Quadratmeter für sich. Dann beträgt die gesamte Olivenfläche rund 100 Mio Quadratmeter oder, was dasselbe ist, 100 Quadratkilometer. Dies wiederum entspricht 0,1 % der Festlandsfläche Griechenlands.

Mit anderen Worten: 0,1 % des griechischen Festlandes erwirtschaften etwa 2 % des BIP. Hier steckt noch ein gewaltiges Potenzial!

Und nun können wir die brennende Frage beantworten, welche Steigerung die Olivenwirtschaft des Landes erfahren müsste, um den Schuldenberg abzubauen. Der Schuldenstand der griechischen Götter betrug 2009 273,4 Mrd. EUR, das ist in etwa das 55-fache des Umsatzes aus dem Olivenanbau. Mit anderen Worten: Eine 55-fache Steigerung der Olivenproduktion könnte für einen raschen Abbau des Staatsdefizits sorgen. Entsprechend müsste die Anbaufläche auf etwas mehr als 5% der Festlandsfläche ausgedehnt werden. Das sollte machbar sein.

Soweit meine Berechnungen. Ob sich allerdings genügend Arbeitskräfte für die gesteigerte Ernte bzw. kaufbereite Konsumenten für die vollen Olivenregale finden werden, steht auf einem anderen Blatt. Aber wie sagte mein Großvater immer: Wo ein Wille ist, findet sich auch ein Weg!








2011/08/11

Zitat des Tages

Instead of being attracted by the opportunity to work, some immigrants are attracted by the opportunity not to work but still to receive money for this.
Greg Sheridan in The Australian.


2011/08/10

Pistole zum Laufen

Waren Sie dabei, als Mark Duggan (ein vierfacher Familienvater, wie von bestimmten Medien wie dem STERN unermüdlich hervorgehoben wird. Dass er - ganz nebenbei - ein ausgebuffter Drogendealer war, wird hingegen dezent verschwiegen) tödlich von einer Polizeikugel getroffen wurde? Na bitte! Ich auch nicht!

Und genau deswegen sind wir bei dem Versuch herauszufinden, was genau hinter den Unruhen in England steckt, auf die tätige Mithilfe eben jener Medien angewiesen. STERN, Spiegel und Konsorten kochen uns dann ein Süppchen vor, das wir gefälligst unhinterfragt zu verdauen haben.

Das führt dann zu einer Ansammlung von Versatzstücken mit dem Ziel, unser Urteil in eine bestimmte Richtung zu lenken. Denn tödliche Schüsse auf einen Familienvater toleriert man eben nicht so leicht wie jene auf einen Drogenkriminellen. Alles eine Frage der Perspektive! Denn Gangster sind bekanntlich immer unschuldig und Opfer von Polizeigewalt. Nicht wahr?

Ein Versatzstück der besonderen Art ist ein Auszug aus dem Guardian, der auf der Achse des Guten wiedergegeben ist. Da behauptet Semone Wilson, die Verlobte des getöteten Ganoven, unter anderem:
Wilson said her partner was not a gangster and would run from trouble rather than shoot at police. “If he did have a gun – which I don’t know – Mark would run. Mark is a runner. He would run rather than firing and that’s coming from the bottom of my heart,” she said.
Warum, so fragt sich der verblüffte Leser, führt einer eine Waffe mit sich, wenn er gar nicht die Absicht hat, sie einzusetzen? Vielleicht hat ihm ja keiner erklärt, wie das Ding funktioniert. Oder meinte er, dass er im Besitz einer Waffe schneller laufen könnte? Er scheint ja ein passionierter Läufer gewesen zu sein. Wer weiß? Jedenfalls fanden sich Medienleute, die solchen Stuss gerne wiedergeben.

Das Ganze erinnert mich übrigens an einen alten Witz: Ein Mann versucht mit einer Bombe an Bord eines Flugzeugs zu gelangen. Von der Polizei festgenommen und verhört, bestreitet er, die Bombe zünden zu wollen. Vielmehr habe er sie nur zu seiner Sicherheit mitgenommen. Statistisch gesehen sei es nämlich extrem unwahrscheinlich, dass sich zwei Bomben gleichzeitig an Bord eines Flugzeuges befänden. Wenn er also eine dabei hätte, dann sei es so gut wie ausgeschlossen, dass ein anderer dasselbe tun würde.

So ist die Welt: Der eine hat eine Bombe dabei mit dem Ziel sie nicht detonieren zu lassen. Und der andere hat eine Pistole in der Tasche mit der Absicht, sie nicht einzusetzen. Leider ist nicht bekannt, ob sich der Londoner Ganove auch auf ein Wahrscheinlichkeitsargument berufen hätte.










2011/08/09

Welfare-state mob

Während sich die meisten Medien in den üblichen Erklärungsritualen ergehen (Tottenham sei eine der ärmsten Gegenden Londons, die Jugendlichen hätten keine Perspektive, außerdem - needless to say - der
allgegenwärtige weiße Rassismus etc.), kommt Brendan O´Neill mit erstaunlicher Frische zur Sache:

What we have on the streets of London and elsewhere are welfare-state mobs. The youth who are ‘rising up’ – actually they are simply shattering their own communities – represent a generation that has been more suckled by the state than any generation before it. They live in those urban territories where the sharp-elbowed intrusion of the welfare state over the past 30 years has pushed aside older ideals of self-reliance and community spirit. The march of the welfare state into every aspect of less well-off urban people’s existences, from their financial wellbeing to their childrearing habits and even into their emotional lives, with the rise of therapeutic welfarism designed to ensure that the poor remain ‘mentally fit’, has helped to undermine such things as individual resourcefulness and social bonding. The anti-social youthful rioters look to me like the end product of such an anti-social system of state intervention.
Wenn der Sozialstaat antisoziales Verhalten züchtet. Genau das ist die ultima ratio all jener Heerscharen von Sozialingenieuren, die im Grunde genommen gar nicht daran interessiert sind, bestehende Probleme zu lösen, weil sie schlicht und einfach aus der schieren Existenz dieser Probleme ihren gesamten Lebensunterhalt bestreiten.

Vor zwei, drei Jahren sah ich in einer Fernsehdokumentation, wie sich ein Sozialarbeiter abmühte, einen völlig uneinsichtigen Kerl dazu zu bringen, sein nacktes Baby NICHT auf den dreckigen Fußboden zu legen, um es zu wickeln. Ja, und dass man ein wenige Wochen altes Kind nicht mit schmutzigen Händen anfasst, auch dieser Lernprozess bedurfte einer geduldigen Einübung. Für einen Außenstehenden war jedenfalls klar, wer hier der Herr und wer der Knecht war. Über funktionierende Druckmittel gegen seinen widerspenstigen Counterpart schien der Sozialarbeiter jedenfalls nicht zu verfügen. Nicht einmal die Androhung des Entzugs der Sozialhilfe kam dem Knaben über die Lippen. So war immerhin sichergestellt, dass er auch in den kommenden Monaten viel Arbeit mit dieser "Familie" haben würde.

Ein Einzelfall, bestimmt. Die Frage ist aber berechtigt, wie viele solcher Einzelfälle es wohl geben mag. Unstrittig dürfte aber immerhin sein, dass dieser Fall weitaus mehr ist als nur ein isoliertes Ereignis. Er ist vielmehr symptomatisch für den Zustand einer Gesellschaft, die den Anspruch erhebt, der Einzelne könne alle seine Probleme und Befindlichkeiten an den Staat delegieren. Und der Staat würde auch eine passende Lösung anbieten.

Was auf den ersten Blick verlockend aussehen mag, kann leicht ins sozialstaatliche Nirvana führen. England liefert gerade viel Anschauungsmaterial für diese verderbliche Entwicklung. Wann folgen andere Länder?

Übrigens: den Ausdruck welfare-state mob sollte man sich merken!





2011/08/04

"Dann brennt die Republik"

Es ist viel von Brandstiftern die Rede in den letzten Tagen. Nicht, dass die Feuerwehr öfter ausgerückt wäre als sonst. Gemeint sind natürlich geistige Brandstifter, also jene, die vermeintlich oder tatsächlich den Nährboden schaffen für Dinge, auf die man gerne verzichten würde.

Es war absehbar, dass das linke politische Spektrum die Gelegenheit ergreifen würde, nach den Anschlägen von Oslo und Utoya den ausgestreckten Finger auf jene zu richten, die sich nicht der vorherrschenden Ideologie unterwerfen und - horribile dictu - das auch noch offen aussprechen. Wer sich so exponiert, darf sich nicht wundern, wenn er eines Tages selbst ins Fadenkreuz gerät. So kommt es, dass Leute wie Sarrazin, Broder und andere jetzt auf der Anklagebank der Wohlmeinenden und Gutmenschen sitzen. Und natürlich, die Medien tun alles dafür, den Tunnelblick auf die vermeintlichen Brandstifter so weit zu verengen, dass nur noch "rechte" Delinquenten ins Blickfeld passen. Kurz gesagt: Die Brandstifter sind alle "rechts".

Ist dem wirklich so? Sind tatsächlich nur Rechtsradikale, Rechtsextremisten, Rechtspopulisten und (nicht zu vergessen!) Rechtskonservative mit virtuellen Brandbeschleunigern unterwegs, um alles in ein Flammenmeer zu tauchen? Wer hat eigentlich die linken Terroristen der 1970er und 1980er Jahre inspiriert? Waren es nicht häufig die gleichen Denker, die auch den Nährboden für die Studentenbewegung geschaffen haben? Also Leute wie Adorno, Marcuse, Horkheimer, Sartre. Letzterer besuchte sogar Andreas Baader im Gefängnis. Die Genannten gelte heute als respektable Persönlichkeiten, ja als intellektuelle Koryphäen des 20. Jahrhunderts. Natürlich hat keiner von diesen zu Mord und Totschlag aufgerufen. Aber das haben Sarrazin und Broder auch nicht.

Wie sieht es mit den Gewaltausbrüchen aus, die während der Castor-Transporte regelmäßig aufflammten. Zur Erinnerung: Zehntausende Polizisten waren jedes Mal im Einsatz, um ein paar Eisenbahnwaggons zu schützen. Wer waren die geistigen Brandstifter dahinter? Also jene Leute, die die Stimmung so weit anheizten, dass eine Eskalation wohl billigend in Kauf genommen wurde. Alles Rechte?

Als in den ersten Monaten des Jahres 2000 eine neue Regierung in Österreich angelobt wurde, befand sich das Land im Schockzustand. Erstmals seit 30 Jahren würde es keinen sozialdemokratischen Kanzler geben. Ja schlimmer noch, die Sozialdemokraten würden nicht einmal als Juniorpartner in der Regierung sein. Das konnte natürlich nicht hingenommen werden, und so begann eine Welle der Agitation im In- und Ausland. Sehr erfolgreich übrigens. Im Inland gab es schwere Zusammenstöße zwischen Polizei und gewaltbereiten Demonstranten, und im Ausland glaubten viele Leute allen Ernstes, in Österreich würden wieder die braunen Horden im Stechschritt paradieren.

Es gab damals eine Unmenge von Äußerungen unterschiedlichster Qualität, um die weltbewegenden Ereignisse der Donaurepublik in Worte zu fassen. Mein Lieblingszitat ist folgendes:
Wenn das Arbeitslosenheer marschiert, dann brennt die Republik. 
Diese Aussage stammt von Rudolf Kaske, damals Vorsitzender einer Teilgewerkschaft des ÖGB (Österreichischer Gewerkschaftsbund) und, selbstredend, Mitglied der Sozialdemokratischen Partei.

Keine Ahnung, warum mir dieses Zitat gerade jetzt wieder einfällt, wo überall von Brandstiftern die Rede ist.

2011/08/02

Prognosen 2

Im Jahr 2000 prognostizierte die US Energy Information Administration, dass der Rohölpreis bis zum Jahr 2020 relativ stabil bei etwa 22 USD pro Barrel liegen würde (Quelle: B. Lomborg, The Skeptical Environmentalist).

Die folgende Graphik zeigt die Entwicklung der jährlichen Durchschnittspreise für die erste Dekade des Jahrhunderts, basierend auf Daten der EIA.

Der Durchschnittspreis für die betrachtete Periode liegt bei knapp unter 50 USD. Selbst wenn in den kommenden Jahren bis 2020 der Rohölpreis auf sagenhafte 0,0 USD fiele, läge der mittlere Preis für den Prognosenzeitraum immer noch bei 26 USD. Da letzteres jedoch nicht zu erwarten ist, können wir bereits jetzt feststellen, dass die Vorhersage der EIA etwas zu optimistisch war.

Multikultur vs. Monokultur

Immer wenn ich den Begriff Multikulturhaus höre, frage ich mich, wie viele Kulturen sich wohl darin befinden mögen. Vielleicht täusche ich mich ja, aber dieser Begriff gab in den letzten Jahren reichlich Anlass zu unangenehmen Assoziationen. Unter diesem Dach der vorgeblichen Offenheit tummelten sich allerlei dunkle Gestalten. Also nochmal: Wie viele Kulturen steckten unter diesem Dach? Wie viel Völkerverständigung fand darin statt? Waren Christen, Juden, Buddhisten, Sikhs und Hindus mit von der Partie? Oder handelte es sich nicht vielmehr um ein Haus mit einer ausgeprägt monokulturellen Ausrichtung?

Nach den Mordtaten von Oslo und Utoya geriet der Multikulturalismus wieder einmal in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Die Anschläge galten zwar explizit der sozialdemokratischen Regierungspartei, indirekt war jedoch die multikulturelle Gesellschaft das Ziel. Doch welche Kulturen waren gemeint? Die Juden bestimmt nicht, denn dann wäre dem Täter der Beifall linker Kreise sicher gewesen (sind doch selbst schuld, die Juden, nicht wahr?). Außerdem ist der Einfluss jüdischer Kreise auf das öffentliche Leben der skandinavischen Länder relativ bescheiden, um es mal vorsichtig zu sagen. Mir ist auch nicht bekannt, dass jüdische Jugendliche einen signifikanten Anteil der zahlreichen Vergewaltiger in Norwegen ausmachen, die sich mit Vorliebe über Blondinen hermachen. Falls überhaupt einer darunter ist. Vielmehr ist es so, dass diese Vergewaltiger fast ausschließlich einer bestimmten Gruppierung zuzurechnen sind. (Hinweis: Hier beginnt der Bereich der Volksverhetzung, weshalb eine weitere Spezifizierung der Tätergruppe unterbleibt. Allfällige Assoziationen, auch wenn sie faktisch zutreffen, bleiben allein dem Leser vorbehalten!)

Doch zurück zu den Multikulturen. Waren die Buddhisten gemeint, die uns bei jeder Gelegenheit ihre Lebensgewohnheiten aufdrücken wollen, und immer dann, wenn wir nicht mitspielen, furchtbar beleidigt sind? In Breiviks Manifest findet sich zwar keinerlei Hinweis auf eine drohende Buddhisierung Europas, aber wer weiß, vielleicht war er nur schlau genug, es geschickt zu verbergen. Dem ist schließlich alles zuzutrauen!

Oder hatte Breivik etwas gegen Hindus und Sikhs? Auch deren Einfluss auf die eingeborene Bevölkerung scheint ja überwältigend zu sein. Doch ist nicht bekannt, dass der Attentäter ausdrücklich diese beiden Religionsgemeinschaften im Auge hatte.

Merkwürdig, von all den genannten Gruppen, also Juden, Buddhisten, Hindus und Sikhs, ist in den Medien nie die Rede. Keiner der selbsternannten Moralprediger aus sicherer Entfernung verliert auch nur ein Wort über sie. Dies lässt nur einen Schluss zu: Sie sind offenbar nicht Teil der multikulturellen Gesellschaft.

Bleibt noch die Frage: Wer in aller Welt ist denn nun die multikulturelle Gesellschaft? In den Medien dreht sich alles nur um eine einzige Bevölkerungsgruppe, die in erster Linie unter den Anschlägen zu leiden habe. Und das, obwohl sie nicht ausdrücklich Ziel des Anschlages war. So entsteht ein Opfermythos. Um welche Gruppe es geht? Es sind die..... (Hinweis: Hier beginnt der Bereich der Volksverhetzung. Siehe oben!)

So kommen wir von der Multikultur zur Monokultur. Schöne neue Welt.