Walzer tanzt man im Dreivierteltakt. Das ist ein alter Hut und juckt wirklich niemanden. Es muss was Neues her! Wie wär´s mit dem Dreivierteljahr?
Interessante Idee! Warum sollte man auch alle möglichen Dinge immer nur auf volle Jahre, Jahrzehnte oder Jahrhunderte beziehen? Ein Dreivierteljahr tut´s auch. Und wenn sich daraus eine reißerische Story machen lässt, dann ist der Spiegel nicht weit.
Nun, reißerisch ist alles, was nur irgendwie rekordverdächtig ist. Da passt es gut, dass - nach einem jüngsten Spiegel-Bericht - das vergangene Dreivierteljahr das heißeste seit Beginn der Messungen ist. Passend zu diesem erschütterndem Befund sagen Meterologen - in gewohnter Dienstfertigkeit - Wetterkapriolen voraus. Mein Gott, was uns nicht noch alles bevorsteht! Wetterkapriolen!! So was hatten wir in unserem ganzen Leben noch nie! Und jetzt kommen sie! Uns bleibt aber auch nichts erspart!
Da hilft nur eins: Tut Buße und kehrt um, bevor Euch die zornige Natur für Eure Sünden züchtigt! Wir sind eben CO2-Schweine und haben es nicht besser verdient!
Doch bevor wir uns in hilflosem Lamentieren verzehren, wollen wir noch den einen oder anderen Gedanken an die böse Nachricht aus dem Qualitätsmedium verschwenden.
Und dann fragt man sich, warum denn - wahrscheinlich erstmals in der Geschichte der Spiegel-Storys - ein Dreivierteljahr zu so unvermuteten Ehren kommt. Des Rätsels Lösung wird dankenswerter Weise gleich mitgeliefert. Denn während die globale Temperaturkurve neun MOnate hindurch in olympischer Manier neuen Spitzenwerten entgegenstrebte, droht Ungemach die erhoffte Jahresbilanz zu versauen! Die Abkühlung des Pazifiks macht allen Ernstes den Trend kaputt, der zu den lang ersehnten Schreckensnachrichten am Beginn des nächsten Jahres Anlass gegeben hätte. Da muss man sich schon beeilen und rasch die Ernte eines Dreivierteljahres einfahren! Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach, so muss wohl der Autor gedacht haben. Lieber eine Dreiviertelsensationsmeldung jetzt als gar keine Story in drei Monaten!
Es ist wie im Sport: Sagen wir, Hermann Maier liegt bei der vorletzten Zwischenzeit noch um fünf Hundertstel Sekunden in Führung. Dann sollte man doch schon jetzt den Sekt öffnen, denn wer weiß, ob er im Ziel immer noch vorne liegt. Oder denken wir an den Fußball: Eine Viertelstunde vor Schluss führt Österreich gegen wen auch immer mit 1:0. Dann sollte man in der Tat den Fernseher ausschalten und sich den Rest des Spiels nicht von unvorhergesehenen Ereignissen kaputt machen lassen.
Aber: Der Ball ist rund und ein Spiel dauert 90 Minuten, lautet die goldene Regel im Fußball. In der Klimaforschung gilt dies jedoch nicht. Hier heißt es: Wenn Du Grund zu der Annahme hast, dass Deine insgeheim erhofften Rekordtemperaturen am Ende des Jahres nicht zustande kommen, dann passe einfach den Messzeitraum so an, dass eine schlagzeilenträchtige Meldung daraus wird.
Bei soviel Sportgeist warten wir schon gespannt auf die Bilanz am Jahresende. Und auf das nächste Dreivierteljahr.
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