2010/11/28

Es geht auch ohne Panik...

...und wie, das zeigt der folgende Artikel auf SpiegelOnline. Während die Mehrzahl der anderen Medien die vermeintliche Schocknachricht um das Atommülllager Asse weidlich auszunutzen versuchten, hielt sich der Spiegel (erstaunlicher Weise, möchte man fast sagen) weitgehend mit Panikmache zurück und ließ auch die besonnenen und kritischen Stimmen zu Wort kommen.

Das Muster ist immer dasselbe: Man findet in der Umgebung eines bestimmten Atomkraftwerks oder - in diesem Fall - einer Lagerstätte für radioaktiven Abfall eine signifikante Häufung von bestimmten Erkrankungen (vorzüglich Leukämie) und schließt daraus mit messerscharfer, aber leider falscher Logik, auf die Gesundheitsgefährdung, die von jenen Anlagen ausgeht.

Dabei soll die Häufung entsprechender Krankheitsfälle gar nicht bestritten werden. Die gibt es durchaus, nur eben nicht nur beim Kernkraftwerk A, sondern auch in der Umgebung der Tankstelle X, der Grundschule Y und des linken Jugendtreffs Z. Also müsste man folgerichtig auf die gesundheitsgefährdende Wirkung von Tankstelle, Grundschulen und linken Jugendtreffs hinweisen. Nur leider hört man nie etwas davon. Das liegt wiederum daran, dass diese Örtlichkeiten nicht zu den üblichen Verdächtigen gehören, wenn es um das Thema Gesundheitsgefahren geht. Aber gleichwohl ließe sich eine entsprechende Häufung feststellen, das ist statistisch gesehen ziemlich sicher.

Aber stellen wir uns vor, jemand würde mit der Nachricht konfrontiert, in der Umgebung des linken Jugendtreffs würde eine signifikant höhere Sterblichkeit an, sagen wir, Lungenkrebs festgestellt. Wie würde dieser Jemand wohl reagieren? Wahrscheinlich würde er diese Häufung für rein zufällig halten und unsere These, es gebe einen Zusammenhang zwischen linken Jungendtreffs und dem Auftreten von Lungenkrebs für absurd halten. Und in der Tat müssten wir ihm recht geben, solange wir nicht auch alle anderen einschlägigen Jugendtreffs unter die Lupe genommen haben. Erst wenn wir zweifelsfrei belegen könnten, dass in der Umgebung ALLER linken Jugendtreffs eine signifikante Zunahme der Lungenkrebsfälle zu verzeichnen ist, könnte man von einer bemerkenswerten Korrelation sprechen. Und dann könnte man sich daran machen, die Ursachen hierfür ausfindig zu machen. Aber eben nur in diesem Fall.

Haargenau gleich stellt sich nun die Situation mit dem Atomlager Asse und den erhöhten Krebsraten dar. Hier wird von einem Einzelfall auf die Gesamtheit geschlossen. Das ist eine klassisch induktive Schlussweise, die allerdings höchst problematisch ist. Genau genommen müssten wir auch hier alle Atomlager unter die Lupe nehmen und die Krebshäufigkeiten in deren Umgebung studieren. Erst dann könnte man, wie oben, an die Ursachenforschung gehen. Aber davon sind wir noch weit entfernt.

Und so können die Panikmacher in Ruhe ihre Schlagzeilen zu Tode reiten, und den Medienkonsumenten läuft weiter der Schauer der tödlichen Gefahr über den Rücken.

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