2011/02/28

Das Kapital der akademisch-arrivierten Mittelschichten...

...sei bedroht, salbadert der Politik"wissenschaftler" Franz Walter im Spiegel.

Eigentlich wollte ich zur Causa Guttenberg nichts mehr schreiben. Aber wenn ich so einen Blödsinn lese, dann jagen meine Finger über die Tastatur. Da wird doch allen Ernstes ein Minister, dem die Würde des Amtes nicht genug war und der deshalb auf die Schnelle noch einen Doktortitel dazu haben wollte, zum Sargnagel der Akademikerzunft, ja der gesamten Wissenschaftlergilde hochstilisiert.

Mein Gott, Walter! Ja es stimmt, der Minister hat offenbar geschummelt, dass sich die Balken biegen. Dafür gibt es Konsequenzen, nämlich den Entzug des Doktorgrades. Dies ist geschehen. Aber dass sich von diesen Ereignissen die Tausenden von Wissenschaftler, die täglich saubere und korrekte Arbeit leisten, betroffen fühlen müssten, ist einfach nur aus der Luft gegriffen!

Es gab schon vor Guttenbergs Kopierorgie eine Reihe von Schummelaffären und es wird sie auch nachher geben. Der Wissenschaft als solcher hat das bislang nicht geschadet. Im Gegenteil, solange die Selbstheilungskräfte funktionieren, wird die Wissenschaft nicht in ihrer Substanz gefährdet.

Viel schädlicher als das Missverhalten Einzelner im Wissenschaftsbetrieb ist allerdings etwas anderes: die inflationären Tendenzen, die durch politische Zielvorgaben in genau diesem Bereich ausgelöst werden. Da heißt es immer, wir bräuchten mehr Akademiker und mehr Doktoren. Gut und schön! Heißt das dann auch, dass wir als Population klüger werden, wenn wir einen höheren Anteil von Doktoren in unserer Mitte wissen? Wenn wir, verglichen mit der Situation vor 100 Jahren, die Akademikerquote um sagen wir 300 % erhöhen, bedeutet das auch, dass wir dreimal so viele Einsteins in der Wissenschaft haben wie damals? Wenn man sich die Verteilung der Intelligenz in der Bevölkerung ansieht, wird schnell klar, dass dem nie und nimmer so sein kann. Einsteins sind selten, und sie werden auch dadurch nicht mehr, dass man die Akademikerquote mit politischen Vorgaben erhöht.

Und dabei ist die Frage noch gar nicht gestellt, was man mit all diesen Doktoren eines Tages anzustellen gedenkt. Es können ja nicht alle Minister werden.

2011/02/26

Die Treibjagd geht weiter

Die Affäre Guttenberg trägt alle Züge einer klassischen Treibjagd, deren Ziel es ist, das Opfer zur Strecke zu bringen. Selber schuld, könnte man sagen, warum musste er auch abschreiben und damit - gerade in seiner exponierten Position - seine Reputation untergraben.

Inzwischen melden sich auch sogenannte Spitzenforscher zu Wort (das sind solche, die zwar heute ein gewisses Maß an Bekanntheit besitzen, von denen aber in hundert Jahren höchstwahrscheinlich keiner mehr reden wird), wobei das Gezeter um eine weitere Nuance bereichert wird. Guttenberg sei als Wissenschaftler erledigt, behauptet da der ehemalige Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Na sowas! Und wir dachten, Guttenberg strebte eine politische Karriere an! Hat er im Hinterkopf etwa gar eine wissenschaftliche Laufbahn geplant und damit die Öffentlichkeit ein weiteres Mal getäuscht? Ja, so ist es, wenn der Stein erst mal rollt. Vielleicht war es ja auch so, dass er sowohl politisch als auch wissenschaftlich aktiv sein wollte. Dann würden sich ja durchaus Parallelen zu einigen Klimaforschern wie Herrn Schellnhuber ergeben, der auch immer zwischen wissenschaftlichem und politischem Tun hin und her pendelt.

Apropos Klimaforschung. War da nicht auch mal was mit Fälschungen etc.? Und zwar auch bis in die obersten Ränge der Klimaforschergemeinde! Ist deren wissenschaftlicher Ruf ebenfalls ruiniert? Climategate ist noch in lebhafter Erinnerung, und hier ist jedenfalls die betrügerische Absicht dahinter klar, wie sie ja auch inzwischen dem deutschen Verteidigungsminister unterstellt wird.

Es bleibt abzuwarten, wie es weitergeht. Dass der Minister einstweilen noch im Amt ist, grenzt schon fast an ein Wunder. Der Bursche ist hart im Nehmen. Aber der Sturm tobt weiter, und die Meute, die Blut geleckt hat, wird nicht ruhen, bis sie ihr Ziel erreicht hat.

Cui bono?

2011/02/24

Wohin mit Gaddafi?

Die Tage des libyschen Langzeitherrschers scheinen gezählt. Dies lässt sich schon daraus erahnen, wie die westlichen, insbesondere deutschsprachigen Medien über die jüngsten Ereignisse berichten. War früher neutrale Distanz gegenüber dem Diktatoren angesagt, die in manchen Blättern gelegentlich in ein kumpanenhaftes Augenzwinkern übergehen konnte, vor allem dann, wenn er wieder einmal dem alten Erzfeind USA die Stirn geboten hatte, so ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, wo man ungestört die Schmutzwäsche auspacken kann. So als wäre im Regime Gaddafis niemals auch nur eine Fliege erschlagen worden, berichten die Medien nunmehr diensteifrig über hunderte, wenn nicht gar tausende Tote, nicht ohne dabei mit gutmenschlichem Tonfall auf das menschenrechtswidrige Vorgehen des Alleinherrschers hinzuweisen.

Und noch etwas völlig Unerwartetes kommt jetzt ans Licht, wie SpiegelOnline zu berichten weiß: das Milliardenvermögen des Potentaten! Wer hätte das gedacht! Hat sich dieser Schlawiner doch mehr unter den Nagel gerissen, als ihm eigentlich zu stünde! Schon wird darüber nachgedacht, Gaddafis Konten im Westen einzufrieren. Gut und schön, sagt man sich dann, und es bleibt nur zu hoffen, dass der zukünftige Eigentümer dieses Schatzes sorgsamer mit diesem umgeht. Aber wahrscheinlich will man das auch gar nicht so genau wissen. Es genügt ja schließlich, wenn man hinterher und aus sicherer Distanz auf die Verfehlungen abtretender Herrscher hinweist.

Auch wenn Gaddafi mit großer Geste auf seinen bevorstehenden Märtyrertod hinweist, insgeheim wird er sich wohl den Kopf darüber zerbrechen, wo er seine Rentnerjahre verbringen soll. Zu dumm auch, dass sein alter Spezi Jörg Haider vor nicht allzu langer Zeit tödlich verunglückt ist. Ansonsten hätte er vielleicht sein Beduinenzelt im Kärntner Bärental aufstellen können. Ob die Menschen in Kärnten ermessen können, was ihnen durch die Macht des Schicksals erspart geblieben ist?

2011/02/23

Wunschdenken à la CNN

Absolut lesenswertes Interview in der FR zur Situation in Libyen!

Von Beckmessern und Wadlbeissern

Ich habe es schon in meinem letzten Blogeintrag angedeutet: Während in Afghanistan deutsche Soldaten unter widrigsten Umständen ihren Auftrag erfüllen (müssen), sind in Deutschland die Medien gerade damit beschäftigt, die Echtheit einer Doktorarbeit, nämlich der des amtierenden Verteidigungsministers, zu diskutieren.

Auch wenn die Sache inzwischen entschieden ist - Guttenberg verzichtet auf seine beiden Buchstaben und räumt damit indirekt ein, dass die Vorwürfe nicht aus der Luft gegriffen waren -, so bleibt doch ein unangenehmer Nachgeschmack zurück. Und zwar weniger wegen der Plagiatsgeschichte, sondern vor allem wegen der Umstände, die diese erst ins Leben gerufen haben.

Kurz die Fakten: die CDU/CSU schaffte es quasi über Nacht ein neues Polittalent aus dem Hut zu zaubern. Während die weitaus überwiegende Mehrzahl ihrer Führungsfiguren dem üblichen Mittelmaß der heutigen "Eliten" zuzurechnen sind, haftet dem ehemaligen Wirtschaftsminister gleich nach seinem Amtsantritt ein besonderer Nimbus an: er genießt die Wertschätzung der Bevölkerung in einem Maße, das die Normalos unter den Politiker, und zwar aller Parteien, nur so vor Neid erblassen lässt. Auch der Wechsel in das sensible Verteidigungsressort tut diesem Nimbus keinen Abbruch: Die Kunduz-Affäre und die Gorch-Fock-Affäre sind nur zwei weitere Beispiele, wie es dem CSU-Mann gelingt, selbst brandheiße Kartoffeln unbeschadet aus dem Feuer zu holen.

Das ist insofern erstaunlich, als er in den genannten Fällen keineswegs fehlerlos agiert hat: die Entlassung von Militärpersonal zur Ruhigstellung der Medien ist nicht unbedingt etwas, das man als nachahmenswert betrachten sollte. Es gibt also durchaus Grund, den Minister für die Ausübung seines Amtes zu kritisieren. Doch alles schien an diesem Teflonpolitiker abzugleiten.

Wer so erfolgreich ist, braucht nicht erst darauf zu warten, bis seine Feinde eine Schwachstelle gefunden haben. Und sie bot sich an einer gänzlich unerwarteten Stelle: Ein eifriger Schnüffler legte sich in Stasi-Manier ins Zeug und wurde schließlich fündig. Guttenbergs Doktorarbeit bot endlich die Gelegenheit, dem Strahlemann erfolgreich ans Bein zu pinkeln. Der Minister selbst hatte die Vorlage geliefert, indem er bei der Abfassung seiner Dissertation offenbar nicht die nötige Sorgfalt walten ließ. Doch das Kind war bereits in den Brunnen gefallen und wartete nur darauf, dass irgend jemand es heraus zog. Was sich anschloss, war eine mediale Hetzjagd, bei der sich laut Spiegel viele "Plagiatjäger" daran beteiligten, die abgekupferten Stellen aufzuspüren. Auch dafür lässt sich die Generation Internet mobilisieren.

Trotz der offensichtlichen Plagiate, die Guttenbergs Doktorarbeit aufwies, bleibt an dieser Geschichte der Beigeschmack der bewusst aufgebauschten Inszenierung haften. Und wie bereits früher bemerkt: in dieser Zeit der umtriebigen und medial breit ausgewalzten Plagiatejagd fielen drei Soldaten der Bundeswehr einem heimtückischen Anschlag zum Opfer, ein Umstand, der den Medien nur einen Bruchteil der Aufmerksamkeit wert war, die sie irgend welchen abgekupferten Stellen einer juristischen Dissertation widmeten. Mehr muss man über die Prioritäten im gegenwärtigen Medienbetrieb nicht sagen.

2011/02/20

Wehrkraftzersetzung...

...war früher ein schlimmes Vergehen, das einen in jedem Fall vor das Kriegsgericht und in den allermeisten Fällen um den Kopf brachte. Nun, soweit wollen wir natürlich nicht gehen.

Nichtsdestotrotz fühlt man sich an diesen unseligen Begriff erinnert, wenn man im Handelsblatt liest, dass sich immer weniger Männer für den Soldatenberuf interessieren.

Verwunderlich ist das indes nicht. Ein Blick auf die gerade vergangene Woche genügt: Während in Afghanistan zwei Bundeswehrsoldaten von einem "Kameraden" der afghanischen Armee hinterrücks erschossen und mehrere weitere schwer verletzt wurden, ist man an der "Heimatfront" eifrig mit dem Korrekturlesen der Doktorarbeit des Verteidigungsministers beschäftigt. Vor allem die SZ und der Spiegel sind an vorderster Front aktiv, wenn es um das Auffinden nicht korrekt zitierter Textstellen geht. Soviel Textkritik war selten.

Aber das ist sozusagen nur die Spitze des Eisberges. Wenn bei jedem Schuss, den ein deutscher Soldat abgibt, sofort der Staatsanwalt in der Heimat aktiv wird, dann ist es wirklich besser, man bleibt zu Hause und lebt von Hartz IV, anstatt sich im afghanischen Dreck zu wälzen. Wenn ein befehlshabender Offizier monatelang dafür kritisiert wird, dass er in einer Gefechtssituation Luftunterstützung anfordert, um Gefahren für seine Kameraden abzuwenden, wobei die friedliebenden Kritiker in ihren kuscheligen Redaktionsstuben alle Zeit der Welt haben, um das, was damals innerhalb weniger Minuten geschah, in allen Details zu analysieren, dann ist es in der Tat besser zu sagen: Macht doch Euren Mist alleine!

Und dann können die Pazifisten in der warmen Stube einer friedlichen Zukunft entgegen träumen.

2011/02/19

Zwischenfrage

Nun, da der Prozess gegen Elisabeth Sabaditsch-Wolff zu seinem Abschluss gekommen ist, würde mich vor allem Folgendes interessieren:

Wie oft wurde der Paragraph über die Herabwürdigung religiöser Lehren in den letzen, sagen wir zehn, Jahren angewandt?

Zweckdienliche Hinweise werden gerne entgegen genommen.

2011/02/18

Verbrechen und Strafe

Auf jedes Verbrechen muss eine (gerechte) Strafe folgen. Diesem Grundsatz würde wohl jeder zustimmen. Was aber ein Verbrechen ist, kann man üblicherweise in den Gesetzbüchern nachschlagen. Dort finden sich dann auch die für die jeweiligen Vergehen vorgesehenen Strafen. Dies kann im einen oder anderen Fall zu kuriosen Konsequenzen führen.

Nehmen wir als Beispiel das schwedische Strafrecht. Darin gibt es folgenden denkwürdigen Paragraphen: Prostitution ist nicht verboten, auch deren Ausübung durch Frauen nicht. Allerdings ist es nach diesem Gesetz den Männern verboten, als Freier in Erscheinung zu treten.

Es ist hier nicht der Ort, um über Sinn und Unsinn einer derartigen Gesetzeslage zu räsonieren. Nun mag die Aussicht auf eine saftige Geldstrafe tatsächlich den einen oder anderen davon abhalten, horizontale Dienste in Anspruch zu nehmen. Meiner Meinung nach weitaus wirksamer als die juristischen Verwicklungen ist jedoch eine andere Konsequenz, die dem ertappten Freier in der Praxis droht: Er wird öffentlich an den Pranger gestellt. Die (lokalen) Zeitungen berichten über ihn mit Foto, Namensnennung etc. Solches Ungemach will wohl jeder vernünftig denkende Mensch sowohl sich selbst als auch seiner Familie ersparen.

Egal wie man zu diesem Gesetz steht, es wirkt! Diese Tatsache könnte einen zu dem Schluss führen, dass ähnliches auch für "normale" Kriminelle gelten müsste. Wenn also Verbrecher, wie kürzlich vier Muhigru-Jugendliche in Berlin, einen völlig unschuldigen Zeitgenossen so nebenbei ins Koma prügeln, dann könnte man doch vielleicht auch deren Bilder, vollständige Namen und sonstige Details in den Medien veröffentlichen. Der Abschreckungseffekt dieser Maßnahme wären jedenfalls bedeutend größer als die paar Stunden Sozialarbeit, die dann möglicherweise als Strafe herauskommen.

Natürlich ist mir bekannt, dass die herrschende Gesetzeslage dies nicht zulässt. Aber ich frage mich, warum hier mit zweierlei Maß gemessen wird.

2011/02/15

Multikultureller Unterricht

"They drink the piss of a cow." Mit solchen und ähnlichen geschmackvollen Bemerkungen werden Schüler einer muslimischen Schule in England über die ungläubigen Hindus unterrichtet. Man fragt sich natürlich sofort, wann hier die österreichische Staatsanwaltschaft einschreitet wegen "Herabwürdigung religiöser Lehren". Oder gibt es solche Verfahren nur in einer bestimmten Richtung?

Übrigens: Besagte Schule wurde von den britischen Schulbehörden ausdrücklich dafür gelobt, dass hier der "Respekt gegenüber anderen Weltreligionen" gelehrt werde. Zitat: "Pupils learn about the beliefs and practices of other faiths and are taught to show respect to other world religions."

Videos zu diesen Perlen der Religion des Friedens finden sich hier bzw. hier.

Umgekehrte Gleichschaltung

Die umgekehrte Gleichschaltung, also die Ausrichtung der österreichischen Politik nach den Vorgaben der Medien, oder besser gesagt: eines bestimmten Leitmediums, nämlich der Kronenzeitung, schreitet munter voran. Das hat jetzt auch der Standard erkannt. Dass dieses Machtspielchen mitunter zu unerwarteten Wendungen führt, wirkt zwar einerseits belustigend, ist aber andererseits nur konsequent. So ruft die Krone offen zur Wehrdienstverweigerung auf! Wer hätte das noch vor wenigen Jahren gedacht? Wandelt die auflagenstärkste Zeitung des Landes auf den Spuren des anarchistischen Schwarzen Blocks?

Der Wurmfortsatz der Krone, die immer noch staatstragende SPÖ, gerät immer mehr in die Rolle des Erfüllungsgehilfen und ihr Chef, der Kanzler, zum Schoßhündchen der Zeitungsmacher. Wer sich so an ein mächtiges Medium bindet, der kann zwar von dessen Meinungsmacht profitieren, aber wehe, wenn sich die Wege eines Tages trennen....

2011/02/14

Zahlen zu Ägypten

Nun, da der böse Diktator, Tyrann und Pharao des Nilstaates aus dem Amt gejagt ist, können sich die in den letzten Wochen aufgestauten emotionalen Überkapazitäten langsam wieder auf normales Niveau einpendeln.

Diese Phase gilt es zu nutzen, um ein paar ganz unemotionale Fakten über Ägypten und seine Bevölkerung auf den Tisch zu legen. Im Jahr 2008 waren 32% der Ägypter unter 15 Jahre und ganze 5% über 65 Jahre alt. Bei einer Gesamtbevölkerung von 81,5 Millionen entspricht das 27 Millionen Jugendlichen bzw. knapp 5 Millionen Rentnern.

Zum Vergleich: Die entsprechenden Werte für Deutschland, das mit 82 Mio. Einwohnern fast genau so viele Einwohner aufweist, lauten: 14% (11,5 Mio.) unter 15 Jahren und 20 % (16,5 Mio.) über 65 Jahre. Ähnliche prozentuale Werte gelten übrigens auch für andere europäische Staaten.

Weitere Vergleichsgrößen: Die Fruchtbarkeitsrate lag 2008 in Ägypten bei 2,9, und damit mehr als doppelt so  hoch wie in Deutschland (1,4). Die Geburtenrate, also die Zahl der Geburten pro 1000 Einwohner, betrug am Nil 25 (Deutschland: 8).

Mit anderen Worten: Die Bevölkerungskurve zeigt in Ägypten steil nach oben, während sie in Europa stagniert. Die sich daraus ergebenden Probleme dürften sich also in den nächsten Jahren noch weiter verschärfen, wenn nicht ein kleines Wirtschaftswunder die meisten der jungen Menschen in Lohn und Brot bringt. Darauf deutet aber im Moment nichts hin.

(Daten: Fischer Weltalmanach 2011)



 

2011/02/13

Ende eines Alptraums

Nein, ich rede nicht von Ägypten. Dort steht uns der wahre Alptraum erst noch bevor. Fragt sich nur, wann die politkorrekte Klasse der europäischen Medien und ihrer angehängten Entscheidungsträger, auch Politiker genannt, das merken.

Nein, heute keine Politik, sondern Wissenschaft und Technik. Den meisten Lesern dieses Blogs dürften die jüngsten Probleme der Automarke Toyota noch lebhaft im Gedächtnis sein. Da war von Fahrzeugen die Rede, die plötzlich wie von Geisterhand beschleunigt wurden und einfach nicht mehr anzuhalten waren. Mehrere Toyotalenker und Fahrzeuginsassen kamen bei solchen Zwischenfällen ums Leben. Millionen Autos wurden in die Werkstätten zurückgerufen und auf Herz und Nieren geprüft. Der Imageschaden für die Marke Toyota war beträchtlich.

Inzwischen ist einige Zeit ins Land gegangen, die zur eingehenden Untersuchung dieser merkwürdigen Unfallserie genutzt wurde. Und die Ergebnisse liegen nunmehr auf dem Tisch. Ein Untersuchungsbericht der US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA schließt technische Probleme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus. Vielmehr deutet alles darauf hin, dass die Fahrer schlicht und einfach Gas- und Bremspedal verwechselt hätten.

Wie immer in solchen Fällen, wenn die Ergebnisse nicht in das Erwartungsbild der Medien passen, werden diese weitgehend ignoriert. Und damit entsteht eine krasse Asymmetrie zwischen der aufgeregten Berichterstattung über die "technischen Probleme" der Autos und dem vielsagenden Schweigen danach, wenn sich herausstellt, dass alles gar nicht so ist, wie ursprünglich gedacht.

Trotzdem stellen sich nach dem jetzigen Befund weitere Fragen, die einer Beantwortung würdig wären. Wenn Autolenker in den USA Gas und Bremse miteinander verwechseln, dann sollte das statistisch gesehen auch entsprechend oft in Europa und anderswo vorkommen. Gibt es hierfür Vergleichsmaterial? Ebenso sollte man meinen, dass auch die Fahrer anderer Marken zu diesem fatalen Fehler neigen. Man hat aber noch nie davon gehört, dass Chevrolet oder Dodge ähnliche Probleme gehabt hätten. Oder liegt es schlicht und einfach daran, dass diese medial hochgepushte Story ganz einfach nur unseren Blick verengt hat? Plötzlich kamen solche merkwürdigen Unfälle nur bei einer Automarke vor, nicht jedoch bei den anderen.

Übrigens: Ich fahre nicht Toyota, sondern Volkswagen.

2011/02/11

Gleichschaltung einmal anders

In der Schule haben wir´s gelernt, wie das war mit der Gleichschaltung im NS-Staat: Kaum waren die Nazis an der Macht, haben sie die Medien (damals nur Zeitungen und Radiostationen) unter ihre Kontrolle gebracht. Fortan waren diese Informationskanäle gleichgeschaltet, d.h. es durfte nur noch berichtet werden, was den Machthabern genehm war.

Natürlich wollten sich nicht alle Zeitungen auf Linie bringen lassen, weshalb da und dort wohl auch ein bisschen nachgeholfen wurde. Und es soll auch vorgekommen sein, dass sich der eine oder andere Medienvertreter mangels Kooperation im Gefängnis wiedergefunden hat. Jedenfalls dauerte es nicht lange, bis alle Medien stramm im gleichen Schritt einher marschierten.

Doch das ist lange her, sollte man meinen. Schließlich habe wir unabhängige und starke Medien, die sich von der Politik nichts vorschreiben lassen. Sollte man meinen. Und es stimmt, die Medien sind stark, und etliche Politiker zittern vor ihnen. Also keine Gleichschaltung mehr möglich?

Kommt auf die Mittel an! Nehmen wir als Beispiel die auflagenstärkste und mächtigste Zeitung Österreichs, die Kronenzeitung, vulgo: Krone genannt. Vor nicht allzu langer Zeit ist dieses einstmals unabhängige Medium zu einem würdigen Nachfolger der schon vor etlichen Jahren untergegangenen Arbeiterzeitung geworden. Letztere wiederum war das offizielle Parteiorgan der SPÖ. Es spricht für den wirtschaftlichen Optimismus der Kronenzeitungsmacher, wenn sie (wenn auch inoffiziell) in die Fußstapfen eines Blattes treten, das schon zu Zeiten dem Untergang geweiht war, als die SPÖ noch ein weitaus größeres Wählerpotenzial ansprach, als dies heute der Fall ist.

Jedenfalls mauserte sich die Krone flugs zum Lobhudelorgan einer der beiden Regierungsparteien, nämlich der Kanzlerpartei. Schon erstaunlich wie flexibel Journalismus heutzutage sein kann. Aber natürlich liegt es uns fern, den Linksschwenk der Krone zu kritisieren. Schließlich ist es deren Sache, in welche Richtung sie ihren Rücken krümmt. Andererseits wundert man sich eben manchmal über Dinge, die man nicht für möglich gehalten hätte. Es ist so, als würde der traditionell linkslastige Standard über Nacht zum inoffiziellen Parteiorgan der FPÖ mutieren.

Doch zurück zu unserem Ausgangspunkt, der Gleichschaltung. Natürlich würden wir die neue Ausrichtung der Kronenzeitung niemals als Gleichschaltung im oben genannten Sinne bezeichnen. Schließlich wurde dabei (so weit wir wissen) keinerlei Gewalt angewendet, und ins Gefängnis wanderte auch niemand. Gleichwohl wurde die geistige Unabhängigkeit des Blattes zugunsten einer dezidierten politischen Richtung aufgegeben. Man hat sich also quasi selbst gleichgeschaltet. Das spricht für den methodischen Fortschritt, den man seit den 1930er Jahren in dieser Hinsicht erreicht hat. Es geht eben auch ohne Folter und Gefängnis.

Nun sollte man meinen, die Sache sei damit erledigt. Doch weit gefehlt. Der Kasus wartet noch mit einer wirklichen Überraschung auf. Sollte der unbefangene Beobachter annehmen, die Krone würde nunmehr einzig und allein willfährig ihre Order aus der SPÖ-Parteizentrale entgegen nehmen, so muss dem energisch widersprochen werden. Vielmehr ist es so, dass das Boulevardblatt genug Einfluss besitzt, um selbst das Verteidigungsministerium nach seiner Pfeife tanzen zu lassen.

Dies legt zumindest ein Bericht in der Presse nahe, der sich mit der Debatte über die Zukunft der Wehrpflicht in Österreich beschäftigt. Danach wurden im Generalstab des Heeres fünf verschiedene Szenarien über die künftige Armeestruktur durchgerechnet. Als nun das Verteidigungsministerium Informationen über diese Modelle an das Lobhudelorgan weitergab, war versehentlich von sieben Modellen die Rede, zwei mehr als tatsächlich existierten.

Anstatt nun den einmal gemachten Fehler einfach richtig zu stellen, ging man im Ministerium einen Weg, der schon den Schildbürgern nicht besser hätte einfallen können: Man rechnete einfach zwei Modelle mehr durch als ursprünglich vorgesehen, und damit ersparte man der Krone die umständliche Korrektur der Ziffern von sieben auf fünf.

Es stimmt schon: Gleichschaltung ist nicht mehr. Aber wie soll man es nennen, wenn die höchsten Politiker des Landes dienstfertig dabei sind, den (oder besser: ihren) Medien in Worten und Taten entgegen zu kommen? Wie wär´s mit Gleichschaltung einmal anders?

2011/02/09

Durch Zwang zu Multikulti

Die niederländische Zeitung De Telegraaf berichtet über eine bemerkenswerte Maßnahme zur Förderung des Multikulturalismus. In Amsterdam-West wurde jetzt das Recht der Eltern auf freie Schulwahl eingeschränkt, um zu verhindern, dass Eltern ihre Kinder in solchen Gegenden zur Schule gehen lassen, wo sie weniger den Segnungen der postmodernen Multikulti-Szene ausgesetzt sind. Amsterdam-West ist offenbar eine jener liebreizenden Gegenden, wo man sich als friedliebender Mitteleuropäer so wenig wie möglich aufhalten möchte. Man kann verstehen, dass die Eltern ihren Sprösslingen es nicht zumuten wollen, hier ihre bereicherte Schulzeit mit Ramadan etc. zu verbringen.

Die Stadtverwaltung sieht das offenbar ganz anders. Aber wahrscheinlich haben die ja schon ihre Kinder auf gute Privatschulen in sicheren Gegenden geschickt, und nun müssen eben die Normalsterblichen vom Multikultikuchen naschen.

Es stimmt schon: manche Leute müssen eben zu ihrem Glück gezwungen werden, und Amsterdam geht mit guten Beispiel voran. Bin schon gespannt, wann andere Städte folgen. Bekanntlich muss man jeden Wahnsinn so weit treiben, bis auch der Letzte merkt, dass es so nicht weitergehen kann.

Übrigens: eine englische Übersetzung des Telegraaf-Artikels findet man hier.

2011/02/05

Panikmache im Qualitätsmedium

SpiegelOnline wartet wieder mit einer Sensation auf: Bahn und Ministerium wussten seit Jahren von den Gefahren der Strecke.

Es sind Schlagzeilen wie diese, die ich über alles liebe. Und der Artikel, der sich dahinter verbirgt, bestätigt meine sämtlichen Erwartungen an die unterste Schublade der Journalistik. Es geht um das Zugsunglück, das sich kürzlich in Ostdeutschland ereignete und bei dem 10 Menschen zu Tode kamen. Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen handelt es sich bei der Ursache für dieses Unglück ganz klar um menschliches Versagen. Das ist bedauerlich, aber nicht zu ändern. Menschen machen Fehler. Daran wird sich solange nichts ändern, bis die genetische Ausstattung des Menschengeschlechts signifikant zum Besseren ändert. Das könnte aber noch ein wenig dauern....

Nach dem Spiegel-Bericht war die entsprechende Gefahrenlage bereits seit dem Jahr 1997 bekannt. Und was folgt daraus? Gar nichts. Denn die Strecke war vorschriftsmäßig mit einer Signalanlage ausgestattet, die genau dafür vorgesehen war, derartige Unglücke zu verhindern. Insofern geht es also für alle Lokführer nur darum, entsprechend aufzupassen. Das Gleiche gült übrigens auch für ganz normale Verkehrsampeln im Straßenverkehr. Wenn die bei Rot überfahren werden, bedeutet das auch erhebliche Gefahren für alle Verkehrsteilnehmer. Weiß das Ministerium nichts davon? Warum tun die nichts dagegen, uns von diesen unabsehbaren Gefahren zu bewahren?

Wie hoch war das Risiko, auf dieser Unglücksstrecke zwischen Magdeburg und Halberstadt einen tödlichen Unfall zu erleiden? Um das zu erfahren, müssen wir nur ein bisschen im Internet recherchieren und die Grundrechenarten anwenden. Nach der Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn verkehren auf dieser Strecke etwa 40 Züge täglich. Wenn wir (äußert vorsichtig) schätzen, dass in jedem Zug 10 Menschen sitzen, dann sind zwischen Magedburg und Halberstadt täglich mindestens 400 Passagiere unterwegs. Nehmen wir weiterhin das ominöse Jahr 1997 als Referenzjahr, dann haben in den letzten 12 Jahren etwa 1,7 Millionen Bahnreisende die Unfallstrecke passiert. Unsere Schätzung ist geradezu lächerlich niedrig, sodass wir mit Fug und Recht annehmen können, dass die tatsächlichen Passagierzahlen deutlich darüber liegen, vielleicht sogar das Doppelte oder mehr betragen. Aber bleiben wir vorsichtigerweise bei den niedrigeren Zahlen. Dann sind von 1,7 Millionen Passagieren 10 zu Tode gekommen, das entspricht einer Sterbewahrscheinlichkeit von 1:170000 über einen Zeitraum von 12 Jahren. Tatsächlich dürfte die Wahrscheinlichkeit jedoch deutlich geringer sein. Die Wahrscheinlichkeit innerhalb eines Jahres auf der genannten Strecke tödlich zu verunglücken ist somit 1:2000000. Also statistisch gesehen stirbt jedes Jahr einer von 2 Millionen Passagieren auf dieser Strecke.

Entsprechend dem Statistischen Bundesamt sterben jährlich 10 von 1000 Einwohnern in Deutschland. Das bedeutet, dass das über alle Bevölkerungsgruppen und Risiken gemittelte Sterberisiko 1:100 beträgt. Und zwar pro Jahr. Verglichen damit ist das Risiko, sich per Bahn zwischen Magdebrug und Halberstadt zu bewegen, verschwindend gering.

Das jedoch lässt sich beim besten Willen nicht aus dem Spiegel-Bericht entnehmen. Die Geschichte suggeriert vielmehr das genaue Gegenteil. Und das ist ja auch die Absicht des Artikels: die gefühlte Unsicherheit des Lesers zu steigern. Einer nüchternen Analyse hält dessen Botschaft jedoch nicht stand. Und so dürfen wir auch weiterhin beruhigt im Zug Platz nehmen, auch dann, wenn wir von Magdebrug nach Halberstandt oder in die Gegenrichtung fahren.

2011/02/03

Gleichschaltung

Ich habe mich immer gefragt, ob es wo etwas wie den Weltgeist eigentlich gibt. Natürlich nicht als etwas, das - wie der Heilige Geist - den Gang der Welt lenkt, ohne dass wir ein Wörtchen mitzureden hätten. Nein, man findet ihn nicht draußen im Dunkel des Weltalls, sondern mit beiden Beinen auf der Erde. Es ist das Denken der Menschen, das offenbar in entscheidender Weise von kulturellen Faktoren beeinflusst wird. Und zwar auch gegen jede Rationalität und wider besseres Wissen.

Als Jugendlicher wurde mir beigebracht, dass das Denken frei sei und jeder seine Meinung äußern dürfe, ohne Bestrafung fürchten zu müssen. Möglicherweise war das ja damals auch so. Die Schrecken der NS-Zeit lagen  noch nicht allzu weit zurück, und so ist es nur zu verständlich, dass die Menschen ihre neu gewonnene Freiheit in vollen Zügen genossen. Zur wirtschaftlichen Prosperität gesellte sich eine liberale Denkungsart, und alles schien geradewegs auf das Paradies auf Erden zuzulaufen. Auf der Insel der Seligen waren wir jedenfalls schon.

Gefahr für diese Art der Freigeistigkeit schien nur von den rechten und linken Extremen des politischen Spektrums zu drohen. Eine Beschränkung der Meinungs- und Redefreiheit schien es nur wahlweise im Faschismus (bzw. Nationalsozialismus) oder Kommunismus zu geben. Beides waren Systeme, die mit eindeutigen Signaturen versehen waren. Man konnte sie sozusagen von Weitem riechen, und wir würden uns nicht so ohne Weiteres übertölpeln lassen.

Gleichwohl hatte die Linke einige Vorteile auf ihrer Seite: Sie war tonangebend im Kampf gegen Rechts (Stichwort: Antifa, die bekanntlich eine Kopfgeburt des Sowjetkommunismus ist), und deshalb konnte sie auf zweierlei Art und Weise meinungsbildend wirken. Einerseits gegen den Faschismus in seinen unterschiedlichen Ausprägungen als das Böse schlechthin. Andererseits gerieten durch eine fortgesetzte propagandistische Tätigkeit die Abscheulichkeiten des Kommunismus gleichsam ins Hintertreffen und wurden vielfach nicht mehr so deutlich wahrgenommen. Dies galt insbesondere in Intellektuellenkreisen. Als Westeuropa in den 1970er Jahren und später mehrfach von linkextremistischen Terroristen herausgefordert wurde, gab es etliche Intellektuelle, die Verständnis für diese Leute zeigten und deren Wirken wenn schon nicht hoffähig, so doch wenigstens verständlich zu machen suchten.

Diese Tendenz setzt sich bis heute fort. Wenn linke Chaoten randalieren, bemühen sich die Medien immer auffallend, die Gewalttäter möglichst milde zu zeichnen, während die Polizei (trotz Deeskalationsstrategie) regelmäßig den Schwarzen Peter bekommt. Dieses Denken hat eine lange Vorgeschichte, das an einem klassischen Beispiel veranschaulicht sei: Als 1977 eine entführte Lufthansa-Maschine in Mogadischu befreit wurde, waren führende Intellektuelle schnell damit zur Hand, die Befreier von der GSG-9 als Killertruppe zu denunzieren. Damit sollte offenbar vergessen gemacht werden, dass die Terroristen ihrerseits vor Mord (und zwar an wehrlosen Entführungsopfern) nicht zurückschreckten. Diese Strategie ist aufgegangen, und die Medienberichterstattung unserer Tage ist nur die konsequente Fortsetzung des einmal eingeschlagenen Weges.

Nun stellt sich die Frage: Wie konnte es so weit kommen? Wie konnte es geschehen, dass eine Art zu denken, die man eigentlich nur aus kommunistischen Diktaturen kennt, bei uns Einzug halten konnte, und zwar ohne, dass der Kommunismus de facto die Macht übernommen hätte? Wenn man sich die Sache näher ansieht, und zwar in verschiedenen Ländern Europas (aber auch in den USA), so wird deutlich, dass die Strukturen dieses Denkens und seine politische Schlagseite überall die gleichen sind. Es handelt sich in der Tat um eine mediale Gleichschaltung, wie sie auch in der NS-Zeit nicht besser umgesetzt hätte werden können. und das, wie gesagt, ohne äußeren Zwang.

Wenn man annimmt, dies sei der Ausfluss eines langfristigen Planens, dann könnte man tatsächlich von einer genialen Strategie sprechen. Aus meiner Sicht gibt es keinerlei Hinweis, dass irgend ein Mastermind hinter dieser Entwicklung stünde. Vielmehr ist es gelungen, die politisch korrekte Art des Denkens salonfähig zu machen. Wahrscheinlich war es zu Beginn nicht viel mehr als eine Marotte, eine Masche, wie sie so manchem Hirn entspringt. Und etliche sprangen auf den Zug auf, weil es eben gerade im Trend lag. Jeder Trend gebiert eine Vielzahl an Mitläufern. Jedoch viele Modeströmungen verpuffen mit der Zeit und verlieren sich im Nirgendwo. Nicht so die politische Korrektheit. Sie war fest in der Hand von Leuten, die als opinion leader bedeutsam waren. Und darüber hinaus verschaffte sie sich Einzug in die Zirkel der Macht.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand wie Angela Merkel gleichsam von Natur aus politisch korrekt ist. Vielmehr meine ich, dass sich Leute wie sie der vorherrschenden Geistesströmung, also quasi dem Weltgeist, unterordnen, weil sie wissen, dass sie sonst Gefahr liefen, ihre politische Macht zu verlieren. Wahrscheinlich ist das auch einer der Gründe, warum die politische Korrektheit so unerhört erfolgreich ist. Sie ist zwar eindeutig dem linken Politspektrum zuzuordnen, aber andererseits nicht an eine spezifische Partei gebunden. Es ist ohne Zweifel das Parteiübergreifende, was ihre Schlagkraft ausmacht. Sie repräsentiert in gewisser Weise den guten Ton im öffentlichen Diskurs. Damit wird sie auch zu einer Waffe, die sich gegen jeden, der sich gegen den Ton versündigt, richtet. Und dabei sind die Fakten gar nicht mal Ausschlag gebend. Es genügt schon, wenn jemandes Äußerungen bloß falsch verstanden werden könnten. Bereits das macht einen zum Paria. Ein Beispiel dafür ist der ehemalige Bundestagspräsident Philipp Jenninger, dem man beim besten Willen keine Nähe zum Gedankengut der Nazis unterstellen kann. Trotzdem musste er sich den Gesetzen der politischen Korrekheit beugen.

Vereinzelt regt sich Widerstand gegen diese Gedankendiktatur, doch einstweilen sitzt die vorherrschende Denkschablone noch fest im Sattel. Und es wird einer gewaltigen Anstrengung bedürfen, um sich aus ihren Fesseln zu befreien.