2011/02/11

Gleichschaltung einmal anders

In der Schule haben wir´s gelernt, wie das war mit der Gleichschaltung im NS-Staat: Kaum waren die Nazis an der Macht, haben sie die Medien (damals nur Zeitungen und Radiostationen) unter ihre Kontrolle gebracht. Fortan waren diese Informationskanäle gleichgeschaltet, d.h. es durfte nur noch berichtet werden, was den Machthabern genehm war.

Natürlich wollten sich nicht alle Zeitungen auf Linie bringen lassen, weshalb da und dort wohl auch ein bisschen nachgeholfen wurde. Und es soll auch vorgekommen sein, dass sich der eine oder andere Medienvertreter mangels Kooperation im Gefängnis wiedergefunden hat. Jedenfalls dauerte es nicht lange, bis alle Medien stramm im gleichen Schritt einher marschierten.

Doch das ist lange her, sollte man meinen. Schließlich habe wir unabhängige und starke Medien, die sich von der Politik nichts vorschreiben lassen. Sollte man meinen. Und es stimmt, die Medien sind stark, und etliche Politiker zittern vor ihnen. Also keine Gleichschaltung mehr möglich?

Kommt auf die Mittel an! Nehmen wir als Beispiel die auflagenstärkste und mächtigste Zeitung Österreichs, die Kronenzeitung, vulgo: Krone genannt. Vor nicht allzu langer Zeit ist dieses einstmals unabhängige Medium zu einem würdigen Nachfolger der schon vor etlichen Jahren untergegangenen Arbeiterzeitung geworden. Letztere wiederum war das offizielle Parteiorgan der SPÖ. Es spricht für den wirtschaftlichen Optimismus der Kronenzeitungsmacher, wenn sie (wenn auch inoffiziell) in die Fußstapfen eines Blattes treten, das schon zu Zeiten dem Untergang geweiht war, als die SPÖ noch ein weitaus größeres Wählerpotenzial ansprach, als dies heute der Fall ist.

Jedenfalls mauserte sich die Krone flugs zum Lobhudelorgan einer der beiden Regierungsparteien, nämlich der Kanzlerpartei. Schon erstaunlich wie flexibel Journalismus heutzutage sein kann. Aber natürlich liegt es uns fern, den Linksschwenk der Krone zu kritisieren. Schließlich ist es deren Sache, in welche Richtung sie ihren Rücken krümmt. Andererseits wundert man sich eben manchmal über Dinge, die man nicht für möglich gehalten hätte. Es ist so, als würde der traditionell linkslastige Standard über Nacht zum inoffiziellen Parteiorgan der FPÖ mutieren.

Doch zurück zu unserem Ausgangspunkt, der Gleichschaltung. Natürlich würden wir die neue Ausrichtung der Kronenzeitung niemals als Gleichschaltung im oben genannten Sinne bezeichnen. Schließlich wurde dabei (so weit wir wissen) keinerlei Gewalt angewendet, und ins Gefängnis wanderte auch niemand. Gleichwohl wurde die geistige Unabhängigkeit des Blattes zugunsten einer dezidierten politischen Richtung aufgegeben. Man hat sich also quasi selbst gleichgeschaltet. Das spricht für den methodischen Fortschritt, den man seit den 1930er Jahren in dieser Hinsicht erreicht hat. Es geht eben auch ohne Folter und Gefängnis.

Nun sollte man meinen, die Sache sei damit erledigt. Doch weit gefehlt. Der Kasus wartet noch mit einer wirklichen Überraschung auf. Sollte der unbefangene Beobachter annehmen, die Krone würde nunmehr einzig und allein willfährig ihre Order aus der SPÖ-Parteizentrale entgegen nehmen, so muss dem energisch widersprochen werden. Vielmehr ist es so, dass das Boulevardblatt genug Einfluss besitzt, um selbst das Verteidigungsministerium nach seiner Pfeife tanzen zu lassen.

Dies legt zumindest ein Bericht in der Presse nahe, der sich mit der Debatte über die Zukunft der Wehrpflicht in Österreich beschäftigt. Danach wurden im Generalstab des Heeres fünf verschiedene Szenarien über die künftige Armeestruktur durchgerechnet. Als nun das Verteidigungsministerium Informationen über diese Modelle an das Lobhudelorgan weitergab, war versehentlich von sieben Modellen die Rede, zwei mehr als tatsächlich existierten.

Anstatt nun den einmal gemachten Fehler einfach richtig zu stellen, ging man im Ministerium einen Weg, der schon den Schildbürgern nicht besser hätte einfallen können: Man rechnete einfach zwei Modelle mehr durch als ursprünglich vorgesehen, und damit ersparte man der Krone die umständliche Korrektur der Ziffern von sieben auf fünf.

Es stimmt schon: Gleichschaltung ist nicht mehr. Aber wie soll man es nennen, wenn die höchsten Politiker des Landes dienstfertig dabei sind, den (oder besser: ihren) Medien in Worten und Taten entgegen zu kommen? Wie wär´s mit Gleichschaltung einmal anders?

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