2011/02/23

Von Beckmessern und Wadlbeissern

Ich habe es schon in meinem letzten Blogeintrag angedeutet: Während in Afghanistan deutsche Soldaten unter widrigsten Umständen ihren Auftrag erfüllen (müssen), sind in Deutschland die Medien gerade damit beschäftigt, die Echtheit einer Doktorarbeit, nämlich der des amtierenden Verteidigungsministers, zu diskutieren.

Auch wenn die Sache inzwischen entschieden ist - Guttenberg verzichtet auf seine beiden Buchstaben und räumt damit indirekt ein, dass die Vorwürfe nicht aus der Luft gegriffen waren -, so bleibt doch ein unangenehmer Nachgeschmack zurück. Und zwar weniger wegen der Plagiatsgeschichte, sondern vor allem wegen der Umstände, die diese erst ins Leben gerufen haben.

Kurz die Fakten: die CDU/CSU schaffte es quasi über Nacht ein neues Polittalent aus dem Hut zu zaubern. Während die weitaus überwiegende Mehrzahl ihrer Führungsfiguren dem üblichen Mittelmaß der heutigen "Eliten" zuzurechnen sind, haftet dem ehemaligen Wirtschaftsminister gleich nach seinem Amtsantritt ein besonderer Nimbus an: er genießt die Wertschätzung der Bevölkerung in einem Maße, das die Normalos unter den Politiker, und zwar aller Parteien, nur so vor Neid erblassen lässt. Auch der Wechsel in das sensible Verteidigungsressort tut diesem Nimbus keinen Abbruch: Die Kunduz-Affäre und die Gorch-Fock-Affäre sind nur zwei weitere Beispiele, wie es dem CSU-Mann gelingt, selbst brandheiße Kartoffeln unbeschadet aus dem Feuer zu holen.

Das ist insofern erstaunlich, als er in den genannten Fällen keineswegs fehlerlos agiert hat: die Entlassung von Militärpersonal zur Ruhigstellung der Medien ist nicht unbedingt etwas, das man als nachahmenswert betrachten sollte. Es gibt also durchaus Grund, den Minister für die Ausübung seines Amtes zu kritisieren. Doch alles schien an diesem Teflonpolitiker abzugleiten.

Wer so erfolgreich ist, braucht nicht erst darauf zu warten, bis seine Feinde eine Schwachstelle gefunden haben. Und sie bot sich an einer gänzlich unerwarteten Stelle: Ein eifriger Schnüffler legte sich in Stasi-Manier ins Zeug und wurde schließlich fündig. Guttenbergs Doktorarbeit bot endlich die Gelegenheit, dem Strahlemann erfolgreich ans Bein zu pinkeln. Der Minister selbst hatte die Vorlage geliefert, indem er bei der Abfassung seiner Dissertation offenbar nicht die nötige Sorgfalt walten ließ. Doch das Kind war bereits in den Brunnen gefallen und wartete nur darauf, dass irgend jemand es heraus zog. Was sich anschloss, war eine mediale Hetzjagd, bei der sich laut Spiegel viele "Plagiatjäger" daran beteiligten, die abgekupferten Stellen aufzuspüren. Auch dafür lässt sich die Generation Internet mobilisieren.

Trotz der offensichtlichen Plagiate, die Guttenbergs Doktorarbeit aufwies, bleibt an dieser Geschichte der Beigeschmack der bewusst aufgebauschten Inszenierung haften. Und wie bereits früher bemerkt: in dieser Zeit der umtriebigen und medial breit ausgewalzten Plagiatejagd fielen drei Soldaten der Bundeswehr einem heimtückischen Anschlag zum Opfer, ein Umstand, der den Medien nur einen Bruchteil der Aufmerksamkeit wert war, die sie irgend welchen abgekupferten Stellen einer juristischen Dissertation widmeten. Mehr muss man über die Prioritäten im gegenwärtigen Medienbetrieb nicht sagen.

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