2011/05/07

Nochmals Osama

In dieser Woche ist vieles geschehen. Und die Welt ist nicht mehr die gleiche wie zuvor. Es ist spürbar, dass etwas fehlt auf diesem Planeten. Aber ein Verlust ist es trotzdem nicht.

Seit dem unfreiwilligen Abgang von OBL hat sich eine Flut der Kritik aufgebaut, ein kleiner moralischer Tsunami sozusagen, weil sich die Amerikaner wieder einmal zu weit vorgewagt haben. Die Kritiker der Tötung OBLs argumentieren hauptsächlich entlang zweier Stränge: einem ethisch-moralischen einerseits und einem juristischen andererseits. Lassen wir die ethische Dimension einmal außer Acht und konzentrieren wir uns auf die juristischen Aspekte, die aus meiner Sicht schwerer wiegen.

Vom Standpunkt des Juristen aus ist also das Vorgehen der Amerikaner völlig unhaltbar. Gut. Bleibt also die Frage: Was ist die Alternative? Auch wenn es vielleicht unmöglich sein wollte, OBL irgendwelche direkten Vergehen nachzuweisen, so dürfte doch wohl seine Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung Al-Kaida unstrittig sein. Meines Wissens ist bereits das ein ausreichender Straftatbestand. OBL war aber nicht nur ein kleines Rädchen in einem Netzwerk, sondern ein ausgesprochener Inspirator. Man könnte sogar so weit gehen, zu sagen, dass ohne Al-Kaida nicht das wäre, was es heute ist. Seine direkte Verstrickung in diverse Terrorplots scheint unzweifelhaft zu sein. Dass so ein Knabe vor den Kadi gehört, ist - so meine ich - unstrittig. Denn solange er lebt, ist er eine latente Gefahr.

Wie also seiner habhaft werden? Wie ihn der Gerechtigkeit zuführen? Das sind Fragen, die von den o.g. Juristen leider unbeantwortet geblieben sind. Und es ist nicht nur die Frage der Tötung, die aus juristischer Sicht abzulehnen ist. Vielmehr ist bereits der Umstand, dass die USA auf dem Gebiet eines anderen Staates (ohne dessen Einwilligung) operierten, ein klarer Gesetzesbruch. Und solange diese Fragen nicht geklärt sind und man gleichzeitig das Vorgehen der US-Armee ablehnt, bleibt nur eine Alternative: ihn unbehelligt lassen und darauf hoffen, dass er eines Tages seine Meinung ändert und im Büßerhemd vor einem US-Gericht erscheint.

Diese Aussicht ist aber ebenso unwahrscheinlich wie eine Kernschmelze in einem deutschen AKW. Aber immerhin wäre damit der Jurisprudenz Genüge getan.

1 comment:

  1. Sie spitzen hier — polemisch geschickt — das Ganze auf eine schwarz/weiß-Fragestellung zu: entweder wir knallen ihn einfach ab, oder er kommt freiwillig im Büßerhemd. Macht er wohl nicht — also ist abknallen ganz okay ...

    Nun, es hätte jede Menge Möglichkeiten gegeben, die Sache deutlich legaler abzuwickeln. Vielleicht nicht 100% legal, aber eben deutlich legaler. Und das ist im realen Leben auch was wert.

    Man hätte z.B. zeitlich koordiniert die Aktion starten und das Einverständnis Pakistans unter Zugzwang (und einer verhüllten Drohung mit Kriegshandlungen) erwirken können. Und daß eine Verhaftung möglich gewesen wäre, und nur mit unwensentlich größerem Risiko für die SEALs als eine Erschießung, ist auch ziemlich eindeutig.

    Statt dessen tischt man uns ein G'schichterl nach dem anderen auf ...

    Das nährt meinen Verdacht, daß man offensichtlich bin Laden nicht festnehmen wollte. Entweder, weil das alles eh nur eine Inszenierung ist, um eine CIA-Sockenpuppe, die man nicht mehr braucht, endlich spektakulär und umfragewirksam loszuwerden. Diesfalls sitzt »bin Laden« eh schon längst in einem Zeugenschutzprogramm gesichtsverändert irgendwo und lacht sich vermutlich einen Ast über die Leichtgläubigkeit der Menschen.

    Oder man fürchtete, daß der (früher als Gegner-Popanz so nützliche) bin Laden irgendwann auspackt, weil es ihm einfach reicht, und dann viele Dinge offen sagt, die den Amis keine Freude bereiten würden, und hat ihn daher umgebracht, damit eben kein Prozeß die Wahrheit ans Licht bringt.

    Beide Varianten mögen politisch clever sein. Vielleicht funktionieren sie auch (wenigstens eine Zeit lang). Aber sie sind die totale Bankrotterklärung eines Rechtsstaates, der sich damit aufs Niveau eines Mafia-Clans begibt.

    Wer das halt achselzuckend in Kauf nimmt, kann auch mein Achselzucken einkalkulieren, wenn es einmal ihn treffen sollte. Wer Gerichtsurteile durch Kopfschüsse von Spezialeinheiten ersetzt, kann ebenso die Tscheka oder die Gestapo als Organe der Rechtspflege bezeichnen. Oder die Panzer am Platz des Himmlischen Friedens.

    Und man muß kein Jurist sein, der »der Jurisprudenz Genüge tun« will, um sowas eher nicht für das Gelbe vom Ei anzusehen ...

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