2011/06/08

Wetten dass...?

Stellen wir uns mal Folgendes vor: Angenommen, es gäbe einen begründeten Verdacht, dass EHEC (also jene Seuche, die in Deutschland nachweislich mehr Opfer gefordert hat als ein kürzlich erfolgter Reaktorunfall in Japan) durch den Einsatz von Kunstdünger verursacht wäre. Welches Rauschen würde den Blätterwald wohl durchziehen? Schlagzeilen wie: Künstliches Essen bringt uns um! oder Die moderne Agrartechnologie geht über Leichen! wären wohl an der Tagesordnung. Im Stundentakt würde uns vorgerechnet, wie viel Lebenszeit uns der Einsatz der teuflischen Technologie kostet. Man stelle sich vor, entsprechendes wäre mit gentechnisch modifizierten Lebensmitteln passiert....

Doch Pustekuchen. Diesmal steckt der Teufel in einer Ecke, die so gar nicht nach dem Geschmack der moralisierenden Medien ist. Als Verursacher kommt eigentlich nur sogenanntes Biogemüse in Betracht. Also Dinge, die nach herkömmlicher Meinung verdammt gesund sind.

Aber was machen die Medien angesichts dieser unerwarteten Sachlage? Wird jetzt Biogemüse in Bausch und Bogen verdammt? Wird ein Verbot der biologischen Landwirtschaft gefordert? Motto: Wie viele Menschen müssen eigentlich noch sterben? Wir müssen jedes Risiko vermeiden! Alternativlos!

Nichts von alledem. Das Bio-Dogma bleibt unangetastet, so wie das katholische Dogma der Jungfräulichkeit Marias. Trotzdem bleibt die Lage unbefriedigend: 22 Tote und noch kein Verdächtiger. Da gilt es Sündenböcke zu finden. Einer der Vorreiter in dieser Disziplin ist ein alter Bekannter: der Spiegel. Und so nimmt es nicht wunder, wenn SpiegelOnline andere Ziele ins Visier nimmt. Zugegeben: die zuständigen Politiker sind nicht immer jene Wunderheiler, als die sie sich gerne hinstellen. Aber dass die Quelle der Infektion bislang unentdeckt geblieben ist, kann man ihnen schwerlich anlasten.

Ich bin sicher, dass die zuständigen Laboratorien alles in ihrer Macht Stehende tun, um den Ursprung des Desasters festzumachen. Aber Wissenschaft ist manchmal ein langatmiges Geschäft. Da lassen sich stichhaltige Ergebnisse nicht immer so schnell gewinnen, wie man es gerne hätte. Einzige Ausnahme: die Klimaforscher, die bekanntlich jetzt schon wissen, wie das Wetter am 9. Juni 2153 sein wird. Ja, überhaupt: vielleicht sollte man mal die Klimapropheten auf dieses Rätsel ansetzen. Wetten, dass CO2 als Ursache herauskommt?

Doch Spaß beiseite. Es ist in der Tat auffällig, wie die Medien (und die ihnen nachgeordneten Politiker) mit dieser Situation umgehen. Anstatt sofort Ethikkommissionen einzusetzen und eine Reihe Risiko behafteter Biobauernhöfe einem umfassenden Stresstest auszusetzen, werden die immanenten Unzulänglichkeiten der Biolandwirtschaft keiner weiteren Kritik (oder wenigstens Analyse) unterzogen.

Wetten, dass dies ganz anders wäre, stünde die konventionelle Landwirtschaft unter Verdacht?

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