2014/11/19

Energie sparen für Dummies (2)

Eigentlich wollte ich aus diesem Thema keine Serie machen. Aber wenn ich bei jeder Gelegenheit eine Steilvorlage bekomme, wer weiß, was noch draus wird....

Diesmal also SPON. Milder Winter: Energieverbrauch in Deutschland deutlich gesunken ist ein Artikel überschrieben, dessen Aussage den Kenner der Materie zwischen Lachen und Weinen schwanken lässt.

Zunächst einmal geht es um eine "Hochrechnung" (klingt irgendwie nach Landtagswahl oder so) für das laufende Jahr 2014. Aufgrund des milden Winters war der Primärenergieverbrauch für ersten 9 Monate geringer als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, und zwar um knapp 7 %. Wer hätte das gedacht! Es ist wärmer, und wir heizen weniger. Unglaublich.

Aber damit nicht genug. Ausgehend von dieser Erfolgsmeldung wird dann kühn auf das ganze Jahr hochgerechnet. Und mit etwas Glück könnte der Primärenergieverbrauch um 5% geringer sein als 2013. Naja, warten wir mal das Jahresende ab.Ich spare mir jeglichen Kommentar zum weiteren Verlauf des Artikels, der eher den Charakter eines Propagandastücks für die Energiewende hat.

Stattdessen möchte ich auf einen Umstand hinweisen, der bei Leuten, die "irgendwas mit Medien" machen, wohl nicht unbedingt zum Grundverständnis gehört. Wer sich Zeitreihen des Energieverbrauchs anschaut, etwa bei der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen, wird rasch festellen, dass der Verbrauch von Jahr zu Jahr teils beträchtlichen Schwankungen unterliegt. Nur schlichte Gemüter meinen, diese Schwankungen hingen davon ab, wie lange das Licht in der Küche brennt.

Die wesentlichen Einflussgrößen für den Energieverbauch sind neben der Bevölkerungszahl die ökonomische Entwicklung (Konjunktur) und das Wetter. Insbesondere letzteres hat einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss.

Es ist deshalb etwas unsinnig, nur auf die Gesamtverbrauchszahlen zu schielen, ohne die Wettereinflüsse zu berücksichtigen. Die AG Energiebilanzen bietet in ihren umfangreichen Tabellenwerken auch Werte für den Energieverbrauch pro Kopf sowie bereinigte Verbrauchswerte, die genau diesen witterungsbedingten Einflüssen Rechnung tragen. Und es ist genau dieser Wert, der witterungsbereinigte Energieverbrauch pro Kopf, auf den es ankommt. Und diese Werte schwanken  im Allgemeinen deutlich weniger als die nichtbereinigten Werte. Ja, es sind sogar gegenläufige Ergebnisse möglich. Dies ist dann der Fall, wenn der nichtbereinigte Verbrauchswert eine Abnahme suggeriert, während der bereinigte Wert tatsächlich einen höheren Pro-Kopf-Verbrauch ausweist.

Deshalb abwarten und Tee trinken. Irgenwann im nächsten Jahr werden wir es genau wissen, wie gut 2014 gelaufen ist. .

2014/11/15

Was wir von Philae lernen können

Nun, es ist zweifellos mehr als respektabel, eine Raumsonde auf einem bislang praktisch unbekannten Gesteinsbrocken in astronomischer Entfernung zu landen. Hier gibt es eben nicht den Luxus, sich einen Landeplatz aussuchen zu können, wie das auf unserem erdnahen Trabanten der Fall ist.

Andererseits sollte ebenso klar sein, dass ein Komet auch sonnenabgewandte Seiten hat. Tja, und wenn Solarzellen im Schatten sind, wird das eben nichts mit der Solarelenergie. Eigentlich nicht das, was man im Volksmund als rocket science bezeichnet. Daran hätte man schon vor Abflug der Sonde denken können. Und dass eine Batterie nicht ewig hält, hat man auch schon das ein oder andere Mal gehört.

Ich frage mich, warum man Philae nicht mit einem kleinen Nuklearreaktor ausgestattet hat, wie das bei anderen Satelliten auch der Fall ist. Dann hätte man in aller Ruhe die nächsten paar Jahre Funkverbindung zur Sonde gehabt. War es die Furcht vor einem Tsunami, die bei dieser Entscheidung Pate stand? Oder gab es handfeste technische Gründe, die gegen einen Reaktor sprachen?

Eins ist jedenfalls sicher: Im Kometenorbit ist die Energiewende gescheitert.


2014/10/25

Solarpanele auf der grünen Wiese

Wahrlich kein schöner Anblick sind reihenweise aufgestellte Solarpanele auf der grünen Wiese. Das wird mittlerweile auch den Briten klar. Die britische Umweltministerin nennt die Dinger schlicht eine Verschandelung der Landschaft. Womit sie zweifellos recht hat. Außerdem werde damit Platz für die landwirtschaftliche Nutzung verschwendet. Auch dem ist zuzustimmen, wenngleich die Produktionsausfälle sich bislang in Grenzen halten dürften.

Dennoch: Wo auch immer Solarpanele auf Wiesen oder Feldern stehen, wächst nichts mehr so wie früher. Insofern ist die Aussage der Solar Trade Association
it was wrong to argue that energy schemes were in conflict with or displacing food production
blanker Unsinn. Oder wo wächst der Weizen unter dem Solarmodul? Aber was wird nicht alles geglaubt, wenn es um die "gute Sache" geht.

Bedenklich wird es, wenn landschaftlich anmutige Gegenden von Solarzellen verunstaltet werden. Zu besichtigen unter anderem im schönen Allgäu. Es würde mich nicht wundern, wenn sich dies negativ auf den Tourismus in der Region auswirkte. Schließlich kommen die Leute ja gerade wegen der saftig-grünen Wiesen, und nicht wegen der grauen und bei entsprechendem Sonneneinfall grell scheinenden Solarmodule.

Zugegeben mit der über Jahrzehnte garantierten EE-Vergütung fährt der Bauer womöglich besser (und bequemer) als mit der arbeitsintensiven Kultivierung seiner Felder. So geht energiepolitische Planwirtschaft im 21. Jahrhundert. Wenn der zu erwartende Gewinn die ebenfalls erwartbaren Verluste nicht überträfe, dann würde sich ja niemand darauf einlassen. Und dass die Zeche von den Verbrauchern mittels Zwangsabgabe finanziert wird, braucht ja den Betreiber nicht zu kümmern.

Interessant wird es erst dann, wenn die Einbußen des Tourismus den Einnahmen aus den Solarparks gegenüber gestellt werden. Wenn dann die Bilanz noch positiv ist, steht einem weiteren Ausbau der Solarmodule nichts mehr im Wege. Und die Touristen können ja auch woanders hinfahren.

2014/10/21

Zensur im ZEIT-Forum

Es geht mir schon längere Zeit gehörig auf die Nerven, dass die ZEIT sich bemüßigt fühlt, Beiträge im Online-Forum zu zensurieren. Hier ist eines der jüngsten Beispiele dafür, die Kommentare zu einem Artikel des verurteilten Steuerhinterziehers Theo Sommer. Da heißt es beispielsweise:

Entfernt. Bitte verzichten Sie darauf, vom Thema abzuschweifen. Danke, die Redaktion/jp

Wie bitte? Wer entscheidet, ob jemand vom Thema abschweift oder nicht? Man kommt sich vor wie in der Schule. Im übrigen gibt es eine ganze Menge redaktioneller Beiträge (auch in anderen, seriösen Medien), die ihr Thema meilenweit verfehlen. Und trotzdem stehen sie im Internet.

Lust auf mehr?

Entfernt. Bitte verzichten Sie auf überzogene Polemik. Danke, die Redaktion/jp
Entfernt. Bitte bleiben Sie beim Thema. Danke, die Redaktion/jp
Entfernt. Bitte verzichten Sie auf Pauschalisierungen dieser Art und kehren Sie zur sachlichen Diskussion des Artikelthemas zurück. Die Redaktion/ums 

Kann ich als Leser nicht selbst entscheiden, ob ein Beitrag überzogen polemisch ist oder nicht?

Es ist ein intellektueller Kindergarten, der hier aufgezogen wird. Politisch korrekte Besserwisserei zum Kotzen. Leute, die in der Lage sind ihr Oberstübchen zu benutzen und ihre Meinung öffentlich kundzutun, werden an die Leine genommen. So wird also die Meinungsvielfalt eingehegt und zum Mainstream zurechtgebogen.

Von einem Intellektuellenblatt hätte ich etwas mehr Souveränität erwartet. Und wenn sich jemand öffentlich zum Affen machen will - so be it! Wo ist die Grenze für diese gutmenschliche Bevormundung? Wer zieht die roten Linie, wenn nicht der Zensor selbst? Mit anderen Worten: Irgendein selbsternannter Watchdog entscheidet darüber, was ich lesen darf und was nicht? Aber der Watchdog handelt ja nicht (nur) in Eigenregie. Die Redaktion steht offenbar hinter diesem Vorgehen. Ein Filter wird aufgezogen, der nichts Unpassendes durchlässt.

Und dann wundern sich manche darüber, dass etliche Menschen die bestehenden Verhältnisse mit einer Diktatur vergleichen. Ja richtig, wir sind (noch) nicht in der DDR 2.0. Aber jeder lange Marsch beginnt mit einem ersten Schritt.






2014/10/20

Ein langer Krieg

Das ist es, worauf sich die USA (und ihre Verbündeten) einstellen müssen. Zumindest schwingt dies unüberhörbar in den Worten des US-Verteidigungsministers Chuck Hagel mit. Wahrscheinlich hat er recht.

Dennoch müssten bei allen Bewohnern der zivilisierten Welt die Alarmglocken schrillen angesichts solcher Worte. Denn die Bilanz sämtlicher Langzeitkonflikte ist für die USA und ihre Verbündeten ziemlich erbärmlich:

Vietnam, Afghanistan, Irak. Nirgendwo wurden die Ziele erreicht.

Eine militärische Auseinandersetzung sollte stets kurz und entscheidend sein mit einem klar definierten Ziel: die vollständige Unterwerfung des Gegners.

Ein Langzeitkonflikt birgt erhebliche Risiken. Eine entscheidende Frage, die man sich stellen muss, lautet: Wie leidensfähig ist die eigene Bevölkerung, der man ein solches long-term engagement zumutet? Und dann: Wie erreicht man die Unterwerfung des Feindes?

Die afghanischen Taliban haben sich bis heute nicht geschlagen gegeben. Im Gegenteil, ihr Einfluss hat in letzter Zeit wieder zugenommen. Von Unterwerfung sind sie weiter entfernt als je zuvor.

Wenn man noch nicht völlig von den medialen Zerrbildern, die uns täglich aus dem Nahen Osten erreichen, verblödet ist, dann muss man sich nüchtern betrachtet folgende Frage stellen:

Wie ist es möglich, dass etwa 30 000 fanatisierte Kämpfer die stärkste Armee der Welt zusammen mit mehr als 20 verbündeten Staaten in Schach halten? Militärisch, ökonomisch, technisch ist diese Koalition dem IS haushoch überlegen. Und dennoch wird ständig von einem langen Krieg schwadroniert. 

Irgendwas stimmt da nicht. Entweder ist der IS so eine große Gefahr für die Welt, dass er (möglichst rasch) eliminiert werden muss. Oder er ist es nicht. Dann braucht es auch kein internationales Bündnis, um dieser Bedrohung Einhalt zu gebieten. Und man täte besser daran, sich vollkommen aus diesem Hexenkessel herauszuhalten. Das gegenwärtige Vorgehen ist allerdings weder Fisch noch Fleisch.

Es besteht allerdings die Gefahr, dass dieses Problem umso größer wird, je länger man es nicht endgültig löst. Es kann also gerade dieses Gerede von einem langjährigen Konflikt sein, das dem Brandherd ständig neue Nahrung zuführt. Denn wenn sich die stärkste Militärmacht der Welt als unfähig erweist, einen Unruheherd mit (zum jetzigen Zeitpunkt) 30 000 Kämpfern aufzuräumen, dann werden etliche Leute in ihrem Glauben von der Unterlegenheit des Westens bestärkt fühlen. DAS könnte somit der entscheidende Faktor in diesem Konflikt werden.











2014/09/15

Energie sparen für Dummies

Energie sparen ist eine feine Sache. Es gibt viele Bereiche, wo sich Einsparungen erzielen lassen. Allerdings, das wird in den einschlägigen und wohmeindenden Medienartikeln gerne übersehen, ist das Sparpotenzial nicht beliebig groß. Im Gegenteil, wenn man sich Energieverbrauchsdaten etwas genauer ansieht, merkt man, dass die Effizienz der Energienutzung stetig zunimmt, allerdings mit sinkender Tendenz. Das heißt nichts anderes, als dass die Einsparung einer Kilowattstunde (kWh) in unseren Tagen sehr viel schwieriger ist, als das in den 1980er Jahren der Fall war.

Und so wird munter darauf losfabuliert, welche enormen Mengen an Energie man noch da und dort einsparen könnte. Gemach, gemach, kann  man dazu nur sagen. Denn nicht alles, was nach Einsparung aussieht, ist auch eine.

Beispiel gefällig? Nun ja, es gibt da ein funkelnagelneues Wohngebäude in Brüssel, das erst vor wenigen Wochen zum Bezug freigegeben wurde. Das Gebäuse hat zwei Aufzüge. Jeder Aufzug hat eine Anzeigetafel, die dem Benutzer signalisieren soll, in welchem Stockwerk sich der Lift gerade befindet. So weit, so gut. Doch leider leuchtet die Anzeigetafel erst dann auf, wenn der Rufknopf gedrückt wird. Erst dann kann der Benutzer sehen, aus welchem Stockwerk der Lift anrauscht.

Es wäre nun sehr praktisch, auch vom Standpunkt des Energiesparens aus gesehen, im Voraus zu wissen, wo jeder Lift sich befindet. In diesem Fall würde der Benutzer sich klarerweise für den nächstgelegenen entscheiden, was sowohl Zeit als auch Energie sparen würde. Nachdem die Anzeige aber auf Energiesparmodus geschaltet ist, tippt der dumme Mensch also blind und ruft mit 50% iger Wahrscheinlichkeit jenen Lift, der gerade weiter entfernt ist. Das kostet mehr Zeit und mehr Energie. Es soll auch Leute geben, die beide Lifte gleichzeitig rufen, um dann einfach denjenigen zu nehmen, der schneller da ist.

Es dürfte auch dem Leser ohne physikalisches Vorwissen intuitiv klar sein, dass die Bewegung eines größeren Gegenstands (der Lift ist in diesem Fall ein solcher) beträchtlich mehr Energie benötigt als die digitale Anzeige.

Wir haben es hier mit einem sehr schönen Beispiel zu tun, wo der Wille zum Energiesparen in sein glattes Gegenteil umschlägt. Da kann man nur noch sagen: Chapeau!




2014/09/03

Anmerkungen zur Wettbewerbsfähigkeit

Alle Jahre wieder sorgt der Global Competitiveness Report (GCR) für Schlagzeilen. Das diesjährige Ranking ist hier im Internet zu finden. Die Ergebnisse des Vorjahres sind hier zusammengestellt.

Nun, Rankings sind populär, und ganz nebenbei auch eine gute Einnahmequelle für manche Thinktanks. Entsprechend groß ist die Aufmerksamkeit, die ihnen entgegen gebracht wird.

Es liegt nunmal in der menschlichen Natur, sich mit anderen zu vergleichen. Im Sport ist die Sache relativ einfach: Man lässt Teams oder Einzelsportler gegeneinander antreten, und am Ende des Wettbewerbs hat man einen klaren Sieger. Sofern alles mit rechten Dingen zugegangen ist. In vielen Sportarten gibt es eine Weltrangliste, die üblicherweise etwas stabiler ist als die Ergebnisse einzelner Wettkämpfe.

Viel schwieriger ist es, relativ abstrakte Kriterien zu messen, wie etwa Lebensqualität, Wettbewerbsfähigkeit und andere Dinge. Gleichwohl ist es wünschenswert und bis zu einem gewissen Grad wohl auch notwendig, solche Dinge zu messen. Denn es versteht sich von selbst, dass bestimmte Länder, etwa Österreich und Venezuela, unterschiedlich wettbewerbsfähig sind. Man hätte aber gerne einen Maßstab für diese Verschiedenheit, und der GCR sorgt mit einem Punktesystem dafür, diese Unterschiedlichkeit deutlich zu machen.

Nun steht es mir nicht an, die Methodik des Welwirtschaftsforums (ich halte mich hier an die internationale Abkürzung WEF) zu kritisieren oder gar abzulehnen. Ein ganzes Paket von Faktoren fließt in die Berechnung der Gesamtpunktezahl ein. Dazu gehören Dinge wie: Infrastruktur, Gesundheitswesen, Bildung, Innovation, Effizienz des Arbeitsmarkts etc.

Bei allem Detailreichtum und der unterstellten Sauberkeit der Methodik, die hier nicht in Zweifel gezogen wird, sind dennoch ein paar Worte der Vorsicht angebracht. Bei jedem komplexen Verfahren gibt es eine Reihe von Faktoren, die zwar entscheidend in das Gesamtergebnis einfließen, aber im Endresultat nicht mehr als solche zu erkennen sind. Es ist wie bei einem Kuchen, wo man aus dem essfertigen Stück keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die Zutaten und deren Menge machen kann. Dass Eier drin sind, ist klar. Aber wie viele waren es denn?

Fest steht jedenfalls, dass man aus denselben Faktoren mit einer anderen Gewichtung ein anderes Resultat und vielleicht auch ein anderes Ranking bekommen hätte. Und wer sagt einem, dass gerade diese Gewichtung die optimale ist? Üblicherweise werden diese Verfahren auf ihre Robustheit getestet, um die Vertrauenswürdigkeit der Ergebnisse einigermaßen sicherzustellen. Es wäre ja auch wirklich erstaunlich, wenn sich Schweden plötzlich hinter Burkina Faso befände.

Es gibt auch noch ein anderes Merkmal, das zur Vorsicht rät. Sowohl sämtliche Parameter als auch das Endergebnis werden auf einer Punkteskala von 1 bis 7 (Bestnote) abgebildet. Das hat zwangsläufig zur Folge, dass bei mehr als 140 miteinander verglichenen Staaten den Nachkommstellen eine entscheidende Rolle zukommt. Klar ist 7 besser als 6  und 6 besser als 5. Aber ist 5,42 wirklich spürbar besser als 5,41? Und es sind gerade solche Unterschiede, die ausschlaggebend sind und das Ranking verändern können.

Sehr wir uns ein paar Beispiele an. Ich liste die 10 wettbewerbsfähigsten und einige ausgewählte Länder des jüngsten GCR auf (in Klammern ist die jeweilige Punktezahl aufgeführt). Hinter dem Ländernamen ist das Ranking und die Punktezahl des Vorjahres angegeben:

1   (5,70)     Schweiz                         1  (5,67)
2   (5,65)     Singapur                        2  (5,61)
3   (5,54)     USA                              5   (5,48) 
4   (5,50)     Finnland                        3  (5,54)
5   (5,49)     Deutschland                  4  (5,51)
6   (5,47)     Japan                             9  (5,40)
7   (5,46)     Hongkong                     7   (5,47)
8   (5,45)     Niederlande                   8  (5,42)
9   (5,41)     Vereinigtes Königreich 10  (5,37)
10  (5,41)    Schweden                      6  (5,48)
21  (5,16)    Österreich                      16  (5,15)
36  (4,54)    Portugal                         51  (4,40)
81  (4,04)    Griechenland                 91  (3,93)

 Es ist wie beim Skilaufen. Ein paar hunderstel Sekunden entscheiden über die Platzierung, aber die Top 10 sind allesamt ausgezeichnete Skifahrer.

Ich denke, wir können uns darauf einigen, dass Veränderungen in der 2. Dezimale, also im Hundertstel-Bereich als nicht signifikant anzusehen sind. Aussagekräftiges wird erst ab Veränderungen in der 1. Dezimale produziert. Dann können wir die Veränderungen im Ranking der Top 10 mit einiger Berechtigung als Kinkerlitzchen bezeichnen.

Österreich ist, absolut gesehen, praktisch unverändert geblieben. Angesichts dieser Faktenlage ist es wohl ein wenig übertrieben, wenn die Presse hinausposaunt, Österreichs Wirtschaft verliere an Wettbewerbsfähigkeit. Das klingt schon fast nach Absturz. Zwischen Schweden auf dem 10. Platz und Österreich auf dem 21. liegen nur 0,25 Punkte. Der absolute Unterschied zwischen den Positionen 1 und 10 beträgt hingegen 0,29 Punkte, also grob gesprochen drei Zehntel. Viel deutlicher ist der Abstand in Punkten zwischen Österreich und Portugal (0,62) bzw. Griechenland (1,37), bestimmt keine Vorbilder für die Alpenrepublik, aber auch auf mittlere Sicht keine unmittelbaren Konkurrenten. Hier bewegen wir uns in einer Gegend, wo die Unterschiede spürbar werden.

Es stimmt schon, Österreich ist im Ranking abgerutscht, aber nicht weil es "schlechter" geworden ist, sondern weil andere aufgeholt haben. Wir aollten also die Kirche im Dorf lassen. Es gibt keinen Grund zur Panik. Das soll nicht heißen, dass wir uns gemütlich zurücklehnen sollen. Es gibt vieles zu verbessern. Und bei näherer Betrachtung ist es geradezu ein Wunder, dass das Land angesichts der seit Jahren andauernden politischen Lähmung immer noch so gut drauf ist.

Rankings sind nützlich und interessant, aber wir sollten ihre Beschränktheiten nicht übersehen.