2015/01/28

Wenn Wissenschaft irrt - Vorhersagen

Diese Woche war es wieder mal so weit: Eine Prognose, basierend auf wissenschaftlichen Modellen, lag meilenweit daneben. Der historische Blizzard Juno, der New York unter sich begraben sollte, ist ausgeblieben. Dabei war der Vorhersagehorizont sehr knapp, wie bei einer Wettervorhersage üblich. Laut SPON wurden bis zu 90 cm Neuschnee erwartet. Tausende Flüge wurden gestrichen, die New Yorker U-Bahn erstmals in ihrer Geschichte wegen Schnees eingestellt.

Doch es gibt keinen Grund zur Häme. Der Schneesturm kam tatsächlich, nur eben nicht ganz so dramatisch wie erwartet. Das liegt nun mal in der Vorhersage komplexer Phänomene. Das Wetter ist ein solches, und jede Prognose, die über fünf Tage hinaus geht, ist so sicher wie das Werfen einer Münze. Daran ändern auch die besten Computermodelle nichts.

Nun ging es in diesem Fall um einen deutlich kürzeren Zeitraum. Und trotzdem stimmte die Sache nicht. Jedenfalls nicht ganz. Dabei sollten wir uns vor Augen halten, dass selbst eine Prognose mit 90% iger Sicherheit immer noch keine 100% ige Gewissheit verheißt. Denn zu 10% trifft die Prognose eben nicht zu. Und über Einzelereignisse macht die Statistik streng genommen keine Aussagen.

Aber was bedeutet es, wenn ein Ereignis (wie etwa ein Schneesturm) mit 90% iger Wahrscheinlichkeit eintritt? Intuitiv würde man meinen, dass dieses Ereignis in 90 von 100 gleichgelagerten Fällen eintreten wird. Doch streng genommen gilt das nicht. Stellen wir uns dazu die Wetterkonstellation von Juno in 100 facher Ausführung vor. Also 100 mal exakt dieselbe Wetterlage wie zur Zeit von Junos Prognose. Dann würde der Normalverbraucher schlussfolgern, dass in 90 der 100 Szenarien alles genauso kommt, wie vorhergesagt.

Was aber, wenn "es" dann doch nur in, sagen wir, 78 Fällen so kommt. Müssen wir dann, sozusagen retrospektiv, die Wahrscheinlichkeit für Juno von 90 auf 78% reduzieren? Nein, müssen wir nicht. Stellen wir uns vor, eine andere Forschergruppe hätte sich ebenfalls dieselben 100 Szenarien vorgenommen und herausgefunden, dass die Vorhersage in 93 Fällen richtig war. Also doch eher 93%?

Streng genommen reicht es nicht aus, nur 100 identische Fälle zu betrachten. Um eine exakte Wahrscheinlichkeit zu erhalten, müssen wir eine Vielzahl dieser 100 identischen Fälle unter die Lupe nehmen. Nehmen wir der Einfachheit halber an, wir hätten in unserem irdischen Labor N Boxen aufgebaut, die jeweils 100 identische Juno-Szenarien enthalten. Die positiven Ergebnisse aus den Boxen sind dann wie folgt:

Box 1                 78
Box 2                 93
Box 3                 84
....
Box N                 91

Wenn wir dann den Mittelwert aus diesen N positiven Resultaten bilden, erhalten wir die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses (z. B. Blizzard mit 90 cm Neuschnee in New York). Und wenn dieser Mittelwert 90 beträgt, dann haben wir es mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% zu tun.

Wenn also ein als fast sicher vorhergesagtes Ereignis ausgeblieben ist, dann bedeutet das nicht notwendigerweise, dass das entsprechende wissenschaftliche Modell Unfug ist. Vielmehr sollten wir unsere Erwartungen an das anpassen, was Wahrscheinlichkeiten leisten können. Und genau das ist wohl der schwierigste Teil im Umgang mit Wahrscheinlichkeiten.





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