2012/03/26

Sogenannte Notwehr

Toulouse ist schon ein paar Tage her, da wird es Zeit für den nächsten Aufreger. Irgendwas mit Rassismus passt immer gut. Und was kommt da mehr gelegen, als ein Weißer, der einen schwarzen Jungen erschießt. Einen Jungen, der wie SpiegelOnline detailverliebt berichtet, "mit Eistee und Süßigkeiten" auf dem Weg zur Freundin seines Vaters war. Soviel Detailtreue muss eben sein, auch wenn wir im Gegenzug über die genauen Tatumstände überhaupt nichts erfahren.

Aber eigentlich ist es weniger die bei solchen Fällen reflexartig losgetretene Rassimusdebatte, die mich an diesem Spiegel-Auswuchs interessiert, als vielmehr der subtile Untergriff gegen "sogenannte Notwehrgesetze" und damit natürlich auch gegen die Notwehr an sich.

Nun, der gesunde Menschenverstand bietet üblicherweise einen guten Kompass dafür, wann und in welcher Form es angebracht ist, sich gegen Angriffe zur Wehr zu setzen. Und der Gesetzgeber hat diese Vorstellungen in eine entsprechende Form gegossen, die auch gerichtlich durchsetzbar ist.

Der Spiegel-Schreiber scheint allerdings zu insinuieren, dass Notwehr pauschal etwas Schlechtes sei (wahrscheinlich müsste erst mal die Unschuldsvermutung gegen den Angreifer geprüft werden). Oder meint er vielleicht, dass Notwehr auch unter rassischen Gesichtspunkten zu klären sei? Notwehr ist also nur unter entsprechenden Farbkonstellationen zulässig?

Natürlich ist das pure Spekulation. Denn wir wissen nicht, was genau der Schreiber gemeint hat. Eines ist jedoch sicher: das Wörtchen "sogenannte" hat sich nicht zufällig in den Text eingeschlichen. Es steht dort, um seinen Zweck zu erfüllen, was bei der Masse der Gutmenschen bestimmt der Fall sein wird.

Übrigens: der Literat Kurt Tucholsky hat einmal gesagt: Sprache ist eine Waffe. Haltet sie scharf!
Fragt sich nur, ob man diese Waffe auch in "sogenannter" Notwehr einsetzen darf...

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