2014/04/21

Ein paar Fakten zur Energiewende

Als im März 2011 ein Tsunami Teile der Ostküste Japans verwüstete und mehr als 10000 Menschen in den Tod riss, schwappte - mit entsprechender zeitlicher Verzögerung - ein Medientsunami über Mitteleuropa und hinterließ vor allem in Deutschland Millionen verängstigter Bürger, die lieber heute als morgen alle Atommeiler vom Netz genommen sähen. Die Frucht dieses medialen Angstspektakels, das auf dem Rücken der Opfer jener Monsterwelle ausgetragen wurde (der Atomunfall in Fukushima hat bis heute kein einziges Todesopfer gefordert), war die sogenannte Energiewende. Das bedeutete in letzter Konsequenz den möglichst raschen Ausstieg aus der Atomenergie und deren Ersetzung durch erneuerbare Energien.

Letztere blickten durch das von der Regierung Schröder verabschiedete Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bereits auf ein Jahrzehnt des Booms zurück. Insbesondere Wind- und Sonnenenergie (hier vor allem Photovoltaik) waren die großen Gewinner dieses Gesetzes. Man war also bereits auf gutem Weg, als die Regierung Merkel die Energiewende ausrief. Nun sollte alles nur noch schneller gehen.

Die Medien stürzen sich seither häufig auf das Thema Energiewende, immerhin will Deutschland ja ein Trendsetter sein - weltweit. In kritischen Artikeln wird oft die Explosion der Kosten gerügt, während der allgemeine Tenor überwiegend positiv ist. Die finanzielle Seite ist bestimmt ein gewichtiger Faktor, zumal die privaten Stromkunden längst nicht nur den "Preis für eine Kugel Eis pro Monat" (J. Trittin) berappen müssen. Die technische Seite wird jedoch so gut wie überall ausgeblendet. Wahrscheinlich sind auch die meisten Journalisten damit überfordert, einfache und überall zugängliche Statistiken ein wenig unter die Lupe zu nehmen.

Wie auch immer, an dieser Stelle soll dieser Aspekt etwas mehr Beachtung finden. Ich werde die physikalisch-technischen Begriffe so knapp wie möglich halten, eben soweit sie zum Verständnis meiner Ausführungen unverzichtbar sind.

Und ich beginne bereits mit dem ersten Begriffspaar, das mir am Herzen liegt. Wenn in den Medien von neu installierten Windparks die Rede ist, dann wird nahezu immer die installierte Kapazität (Leistung) in Megawatt (MW) angegeben, zusammen mit erläuternden Statements wie, das sei ausreichend, um 5000 Haushalte mit Strom zu versorgen. Dieser Vergleich ist zwar einleuchtend, aber auch hochgradig irreführend. Denn 500 MW an installierter Windstromleistung sind eben nicht das gleiche wie 500 MW an konventioneller Kraftwerksleistung.

Warum ist das so? Nun, ein Kraftwerk, egal welcher Art, ist idealerweise darauf ausgelegt, permanent Strom zu liefern. Die Wirtschaftlichkeit der Anlage korreliert mit der Anzahl der Betriebsstunden. Das heißt, je länger die Anlage am Netz ist, umso unwirtschaftlicher ist ihr Betrieb. Konventionelle Kraftwerke sollen eben nicht ständig hoch- und runtergefahren werden.

Ein Jahr hat 8760 Stunden, und ein Kraftwerk mit einer Leistung von 1 Gigawatt ( 1 GW = 1000 MW) kann also idealerweise (bei permanentem Betrieb) 8760 GWh (Gigawattstunden) Strom (elektrischer Energie) pro Jahr liefern. Nun ist bekanntlich nichts ideal auf dieser Welt, und auch konventionelle Kraftwerke müssen gelegentlich gewartet werden, sodass im statistischen Mittel die gelieferte Strommenge etwas geringer sein wird als der Idealwert. Um ein Gefühl für diese Werte zu bekommen, sei auf die Statistiken der Internationalen Energieagentur verwiesen, die u.a.hier abrufbar sind. So ergibt sich etwa aus den Zahlen für Nuklearenergie, dass die zehn größten Produzenten durchschnittlich 8000 GWh pro installierter Leistung von 1 GW liefern. Für die 10 größten Produzenten von Wasserkraft liegt der entsprechende Wert bei knapp unter 3400 GWh/GW.

Wie sieht es bei den Erneuerbaren Energien in Deutschland aus?  Informationen hierzu finden sich in den Veröffentlichungen der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien. Aus den dort gegebenen Zeitreihen ergeben sich für die Produktivitäten im Zeitraum 2000 bis 2012 folgende Werte:

Wind (an Land und auf See):  ca. 1500 GWh/GW

Photovoltaik (PV)                   ca. 650 GWh/GW

Die Energieausbeute, insbesondere für PV, ist in Deutschland wesentlich geringer als in südeuropäischen Ländern (z.B. Spanien, wo der entsprechende Wert mehr als doppelt so hoch liegt). Den graphischen Verlauf der deutschen Zeitreihen veranschaulicht Fig. 1:

Fig. 1
Was die Zahl der tatsächlich erzeugten GWh pro Jahr betrifft, so liefert Fig. 2 hierzu Anschauungsmaterial. Die Kurven zeigen einen stark steigenden Trend, was angesichts des kräftigen Ausbaus der Kapazitäten nicht weiter erstaunlich ist. Und, was nach dem oben Gesagten nicht weiter verwunderlich ist, Wind generiert deutlich mehr Strom als Photovoltaik.

Fig. 2
Schließlich wollen wir uns ansehen, was es mit den EEG-Zahlungen an die glücklichen Besitzer von Wind- bzw. PV-Anlagen auf sich hat. Fig. 3 liefert uns hierzu Anschaungsmaterial. Was an dieser Graphik in Auge sticht, ist der Umstand, dass es die Photovoltaik trotz deutlich geringerer Produktionszahlen geschafft hat, die im Vergleich dazu produktivere Windenergie an EEG-Vergütungszahlungen auszustechen (ab 2010).

Fig. 3
Mit anderen Worten: Wer unwirtschaftlicher produziert, bekommt mehr Geld. Die EEG-Vergütungen an PV-Stromerzeuger waren 2013 fast doppelt so hoch wie jene an Windstromproduzenten. Das ist angesichts der Erkenntnisse, die wir in Fig. 1 gewonnen haben, nachgerade atemberaubend.

Eine Frage drängst sich unmittelbar auf: Würde man das gleiche Ergebnis bekommen, wenn man die Energieproduktion aus erneuerbaren Energien den reinen Marktkräften überließe?



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