2011/06/25

Klimaretter in der Praxis

Wenn es darum geht, das Klima unseres Planeten zu retten (was immer das heißen mag), dann prasseln unendliche Begriffsgewitter auf uns ein: Ökologischer Fußabdruck, CO2-Äquivalent, Emissionsziele, steigende Meeresspiegel, schmelzende Gletscher und natürlich der ewige Eisbär auf seiner Scholle sollen uns einen Eindruck vom Ernst der Lage geben. Nun sind die wenigsten Leute in der Lage, sich darunter etwas Konkretes vorzustellen. Wissen Sie, wie viel CO2 Ihr Auto ausstößt? Na eben. Aber wieviel Benzin oder Diesel es verbraucht, das wissen Sie. Klar doch! Nun, CO2-Ausstoß und Treibstoffverbrauch hängen direkt miteinander zusammen. Und das Maß für den Verbrauch bekommen Sie direkt an der Tankstelle. Warum also von der anschaulichen Tankfüllung auf die unanschauliche CO2-Wolke (und deren Gewicht) umsteigen?

Nach jahrelanger propagandistischer Vorarbeit in den Medien weiß inzwischen jeder, dass es darum geht, den CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Die Vereinten Nationen (UN) haben als Richtwert eine CO2-Emission von einer (!) Tonne pro Person und Jahr festgelegt. Wenn niemand auf der Erde diesen Wert überschreitet, könne die Erwärmung der Atmosphäre aufgehalten und der Planet gerettet werden.

Wie aber soll das Leben aussehen, wenn wir tatsächlich das UN-Ziel von einer Tonne CO2 pro Person und Jahr erreichen wollen? Um die Sache etwas anschaulicher zu machen, hat man in Schweden ein Projekt namens One Tonne Life ins Leben gerufen, das in diesen Tagen zu Ende gegangen ist. Eine vierköpfige Familie verließ zu diesem Zweck ihr vertrautes Domizil und zog in ein extrem energiesparendes Holzhaus. Dazu kamen (natürlich) noch ein Elektroauto, 100% Strom aus erneuerbaren Quellen, die neueste Energietechnologie und Energy coaching (was immer sich dahinter verbergen mag). Doch das allein genügte längst nicht, um den familiären CO2-Durchschnitt von ursprünglich 7,29 Tonnen auch nur in die Nähe der Zielmarke von einer Tonne zu bringen.

Also mussten weitere Opfer gebracht werden. Beim Essen zum Beispiel. In einer letzten Kraftanstrengung lebte Familie Lindell ausschließlich vegetarisch und Milchprodukte wurden durch Soja und andere Alternativprodukte ersetzt. Schließlich reichte auch das nicht, und die Familie musste auf Fernsehen, Einkaufen und auf Cafe- und Restaurantbesuche verzichten, um das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Außerdem wurde einer der Räume des Hauses nicht weiter benutzt. So macht CO2-Sparen Spaß!

Doch der Schweiß war nicht umsonst. Schließlich schaffte es die Familie, auf 1,6 Tonnen pro Nase und Jahr herunter zu kommen. Das ist zwar immer noch ein gutes Stück von der Idealwelt entfernt. Aber mehr war wohl nicht zu machen.

Natürlich ist das nur ein Laborexperiment. Nichtsdestoweniger lässt es erkennen, was auf uns zukommt, wenn wir die Klimaziele ernst nehmen wollen. Das Leben, so wie wir es kennen, wird definitiv anders aussehen. Schlaue Ökonomen wie z. B. Nicholas Stern, haben ausgerechnet, welche enorme Kosten durch den Klimawandel zu erwarten sind. Nun, das One Tonne Life-Experiment lässt jedenfalls den Schluss zu, dass in einer CO2-schlanken Welt die Zahl der Beschäftigen im Gastgewerbe deutlich zurückgehen dürfte. Und wahrscheinlich nicht nur dort, denn TV-Geräte werden dann ebenso wenig gebraucht wie Fleischprodukte und anderes. Ob die entsprechenden Jobverluste bereits in Sterns Modell enthalten sind?

Besonders bemerkenswert ist folgendes Zitat auf der Website des Projekts:

The family’s 80 percent drop shows that the government’s climate target of a 40 percent reduction in Swedish carbon dioxide emissions by 2020 is already within the reach of the average household using the best available know-how and technology.

Wenn man also die familiären Einsparungen von 80 Prozent zugrunde legt, dann sollten die 40 Prozent weniger CO2, die von der schwedischen Regierung anvisiert werden, in der Tat machbar sein. Allerdings zeigt das Experiment eben auch, dass die 80 Prozent weniger überhaupt noch nicht ausreichen, um die internationale Messlatte zu unterschreiten. Ob eine derartige Kasteiung um des Klimas willen mit der gesamten Bevölkerung zu machen ist, bleibt abzuwarten.

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